Ruhestand
Biberacher Arzt hilft Unfallopfern in Tansania
Biberach / Lesedauer: 3 min

Schwäbische.de
Die Zeit im Ruhestand nutzen, um in Tansania Unfallopfern zu helfen – das ist das Anliegen von Dr. Thomas Kühn, dem Mitbegründer der Biberacher Nova Clinic. Vor mehr als 30 Jahren arbeitete er schon einmal in dem ostafrikanischen Land. Seitdem hat ihn das Schicksal der Menschen dort nicht mehr losgelassen. Jetzt hat er eine Stiftung gegründet, um Verletzten eine Perspektive zu geben.
Noch bevor Kühn als Unfallchirurg und Orthopäde in Biberach tätig wurde, arbeitete er Anfang der 1980er-Jahre als Entwicklungshelfer in Tansania. Bei seiner Tätigkeit für den Deutschen Entwicklungsdienst sammelte er viele Erfahrungen mit der Arbeit in diesem Land und knüpfte einige Kontakte. Diese Verbindungen sind bis heute nicht abgerissen. Daher entschloss sich der 67-Jährige, seinen Ruhestand für die Entwicklungshilfe in dem ostafrikanischen Land zu nutzen.
Nach einem Besuch im Jahr 2017 folgte dann im vergangenen Jahr die Gründung der „Kühn Foundation“, einer gemeinnützigen Stiftung, deren Eigenkapital Kühn zunächst selbst stellte. Ziel der Stiftung ist es, die medizinische Versorgung von Unfallopfern in mehreren afrikanischen Ländern zu verbessern. Seine Hilfe soll sich damit nicht nur auf Tansania beschränken.
Mädchen von Elefant angegriffen
Im Herbst des vergangenen Jahres reiste Kühn für sechs Wochen in den Norden Tansanias. Das Dorf Wasso liegt in einer ländlichen Gegend mit schwacher Infrastruktur. Im dortigen Missionskrankenhaus behandelte er Patienten mit Unfallverletzungen und orthopädischen Beschwerden. Rund um das Dorf gibt es in einem Umkreis von 200 Kilometern keine festen Straßen, was häufig zu Verkehrsunfällen führt. Neben den schlecht ausgebauten Straßen stellen auch Wildtiere eine Gefahr für die Bewohner der Region dar. „Ich habe bereits ein Mädchen, das von einem Elefanten angegriffen wurde und auch einen Patienten, den ein Löwe angefallen hat, behandelt“, erzählt der Unfallchirurg.
Aufgrund der schwach ausgebauten medizinischen Versorgung und der geringeren Siedlungsdichte sei es zudem schwer für Patienten, zur Klinik zu gelangen. Die Stiftung unterstützt den Neuaufbau der St.-Clare-Klinik in Mwanza am Viktoriasee. Hierfür werden neben finanziellen Mitteln vor allem Sachspenden benötigt. „Wir haben bereits ein gebrauchtes Röntgengerät und einige ausgemusterte Instrumente aus den Beständen der Nova-Clinic erhalten, brauchen jedoch weitere Hilfsmittel wie OP-Tische und Implantate“, sagt der 67-Jährige. Hierzu habe man einen Container zur Verfügung gestellt, der im Frühjahr nach Mwanza transportiert werden solle. Des Weiteren bildet Kühn vor Ort auch tansanische Ärzte und OP-Pfleger aus und finanziert teilweise deren ansonsten sehr geringe Gehälter. Zudem ermögliche die Stiftung einem OP-Pfleger, nach Biberach zu kommen und seine Ausbildung in der Nova-Clinic und der Uni-Klinik Ulm zu ergänzen. Ziel ist es, dass die tansanischen Ärzte und Pfleger langfristig in der Lage sind, das Projekt selbstständig fortzuführen.
„Die Kollegen in Tansania sind sehr froh über unsere Unterstützung und auch von den Patienten erhalten wir sehr gute Rückmeldungen“, sagt der Biberacher Orthopäde. Neben den dankbaren und freundlichen Menschen, sei auch die landschaftliche Schönheit des Nordens beeindruckend. Wasso liegt zwischen zwei beliebten Reisezielen, dem Serengeti-Nationalpark und dem Kilimandscharo.
„Ich werde zwei bis drei Mal pro Jahr nach Tansania reisen“, sagt Kühn. Daneben sei geplant, weitere Standorte in anderen afrikanischen Ländern aufzubauen. „Die Kühn Foundation ist als Familienstiftung auf etwa 50 Jahre angelegt und soll von meiner Tochter, meinem Sohn und meiner Schwiegertochter weitergeführt werden“, erklärt Kühn. „Um das Projekt voranzubringen und den Menschen zu helfen, brauchen wir engagierte Kollegen, eine große Zahl an Sachspenden und auch finanzielle Unterstützung“, sagt der Biberacher Chirurg. Denn ohne Hilfe seien die Projekte nicht machbar.