Literatursommer 2022 ist heimatnah und weltoffen
Bad Schussenried / Lesedauer: 2 min

Schwäbische.de
Heimatnah und weltoffen: Der Literatursommer 2022 hat am Donnerstagnachmittag den Schriftsteller Arnold Stadler mit der Autorin Hannelore Nussbaum und Reinhold Aßfalg im Garten des Klosters von Bad Schussenried zusammengebracht. „Stadler & friends“ titelt die Lesereihe, in der Stadler an sechs verschiedenen Orten mit Weggefährten im weitesten Sinne Rückschau hält und Einblick gewährt in sein Schreiben und Wirken.
Bei der Station in Bad Schussenried ließ der weit gereiste Träger des Georg-Büchner-Preises aus Rast bei Sauldorf Erinnerungen an die grauen Busse wach werden, die das berüchtigte Grafeneck anfuhren. Rund 50 Gäste waren gekommen, um zu erleben, wie Stadler als ausgezeichneter Phänomenologe im Schatten der Blutbuche und Kastanie Lebens- und Erinnerungslinien zu einem Panorama verknüpft, das sich durch Tiefenschärfe auszeichnet und das Wirken des Malers Jakob Bräckle aus Winterreute besonders würdigte. Als Grundsatz seines Denkens und Betrachtens stellte Stadler heraus: „Provinz gibt es nicht, nur Welt.“
Hannelore Nussbaum, aufgewachsen in Ulm und nach ihrer Ausbildung im Design-Bereich als Ehefrau im Bad Schussenrieder Architekturbüro ihres Mannes tätig, veröffentlichte Lyrik und Prosa, die von Martin Walser viel Zuspruch erhielten. Sie trug eine Reminiszenz an den Grafikdesigner Otl Aicher vor und erzählte im Gespräch mit Stadler von ihren Begegnungen mit der „Dichtere“ Maria Menz. Anschaulich verdeutlichte Hannelore Nussbaum die Bedeutung der 1996 verstorbenen Dichterin in der literarischen Welt wie auch deren Eingebundensein in Oberessendorf, wo sie gemeinsam mit ihren beiden Schwestern gelebt hat.
Mit Reinhold Aßfalg gesellte sich der langjährige Leiter einer Fachklinik für Suchtkranke zu ihnen. Er las aus seinem druckfrischen Buch „Das alte Dorf“ prägnante Erinnerungen an den Schneider und Lehrer aus seiner Kinderzeit in den 1940er- und 1950er-Jahren vor, die er als Gastwirtsohn in Seekirch am Federsee erlebt hat. Moderiert von Oswald Burger, der viele Jahre das Literarische Forum Oberschwaben geleitet hat, ergab dieser Nachmittag Einblicke bis aufs Fundament der Lebenswelt in Oberschwaben.