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Gedenkstunde zu Pogromen

85 Kerzen erinnern auf dem jüdischen Friedhof in Bad Buchau an NS-Opfer

Bad Buchau / Lesedauer: 3 min

Vor 85 Jahren brannte in Buchau die Synagoge. Juden wurden gedemütigt, verschleppt und später ermordet. Am 9. November wurde den Opfern der NS-Gewaltherrschaft gedacht.
Veröffentlicht:10.11.2023, 10:18

Von:
  • Klaus Weiss
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Der Gedenkstunde auf dem jüdischen Friedhof ist ein ökumenischer Gottesdienst, mit Pfarrer Martin Dörflinger und der Evangelischen Pfarrerin Margit Bleher, in der Stiftskirche vorangegangen. „Was geschah vor 85 Jahren im deutschen Reichsgebiet“ betitelte Charlotte Mayenberger ihre Lesung.

Mehr als 1.000 Synagogen und Betsäle fielen der Pogromnacht zum Opfer, wurden entweiht, verwüstet und auch niedergebrannt, darunter auch die in Buchau. 30.000 Menschen wurden verhaftet und in die KZs verschleppt, darunter auch Buchauer. Über 2.000 kamen zu Tode, darunter auch Buchauer.

Verhaftungen in der Pogromnacht

Nachdenkliche Worte hatte auch Pfarrerin Bleher zum Thema in ihrer Predigt. Sechs Schüler der Federseeschule-Gemeinschaftsschule und des Progymnasiums verlasen zusammen mit Mitgliedern des Arbeitskreises „Juden in Buchau“ die Namen von jüdischen Mitbürgern die vertrieben, entrechtet und ermordet wurden.

Dazwischen kurze Berichte von Männern, die in der Pogromnacht in Buchau verhaftet wurden. Darunter Namen wie Einstein, Erlanger,Kahn oder Moos und Ullmann und Weil.

Schweigemarsch zum jüdischen Friedhof

Der anschließende Schweigemarsch durch die Stadt führte die Teilnehmer zunächst zum Platz der damaligen Synagoge und dann weiter zum jüdischen Friedhof. 85 Kerzen in Form eines Davidsternes, für jedes Jahr eine, flackerten vor der Gedenksteele. Zwei Musiker der Stadtkapelle stimmten mit fremdartig klingender Klarinettenmelodie auf die Gedenkstunde ein.

Nacht der Gewalt und Zerstörung

Vor 85 Jahren, so Landrat Mario Glaser, sei die Reichspogromnacht auch über Buchau hinweggefegt. Die Stadt Buchau, sonst für Gastfreundschaft und Toleranz bekannt wurde in dieser Nacht von Gewalt und Zerstörung überzogen.

Nach dem zweiten Weltkrieg habe sich Deutschland zu einem „Nie wieder“ bekannt. Und dafür gelte es sich gerade heute nach 85 Jahren wieder einzustehen.

Löscharbeiten an Synagoge unterstützt

Nach einem weiteren Musikstück verlas Bürgermeister Peter Diesch einen Brief von Sigge Einstein an Siegbert Einstein vor. Einstein schildert darin seine Eindrücke über die Pogromnacht in Buchau selbst.

Die Buchauer, voran der damalige Bürgermeister Oechsle, hätten die Löscharbeiten an der brennenden Synagoge tatkräftig unterstützt. Und auch die Buchauer „Landjäger“ hätten sich persönlich eingesetzt. Kaddisch, eines der ältesten jüdischen Totengebete, verlieh der Gedenkstunde eine besondere Note.

Verschleppt und nie mehr zurückgekehrt

Zunächst auf Hebräisch von Pfarrer Martin Dörflinger, und auf Deutsch von Pfarrerin Margit Bleher vorgetragen folgte ein weiteres Musikstück. „D Jüdenna vo Bucha“ ein Gedicht von August Mohn, wurde vorgetragen von Charlotte Mayenberger.

Mohn schilderte darin wie er in Riga einen Frauenbautrupp sah, aus dem schwäbische Stimmen zu hören waren. Es waren Buchauer Jüdinnen, von denen keine mehr nach Buchau zurück kehren sollte.

Gedenken nach alter jüdischer Tradition

„Freunde, dass der Mandelzweig wieder blüht und treibt...“ das Lied der Hoffnung von Ben Chorim wurde zum Abschluss, begleitet von den zwei Klarinetten, gemeinsam gesungen, und die Besucher legten danach nach alter jüdischer Tradition einen kleinen Stein des Gedenken auf die Steele beim Mahnmal mit den Namen der Shoa-Opfer nieder. Bürgermeister Diesch bedankte sich zum Schluss bei den Teilnehmern an der Gedenkstunde und der Initiatorin Charlotte Mayenberger.