Sojakuchen

Viel Platz und Sojakuchen für die Ferkel

Altheim, bei Riedlingen / Lesedauer: 3 min

Europa-Abgeordnete besichtigt artgerechte Schweinezucht in Altheim
Veröffentlicht:27.10.2020, 05:00
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Das Konzept einer artgerechten Fleischerzeugung vermittelte eine Tour der Europa-Abgeordneten Anna Deparnay-Grunenberg (Die Grünen/EFA), die am vergangenen Freitag auf Einladung der Überlinger Fairfleisch GmbH mehrere landwirtschaftliche Zuchtbetriebe und den Überlinger Schlachthof besichtigte. Auch der Riedlinger Nabu-Vorsitzende Dr. Joachim Kieferle nahm bei der Begehung teil und ließ sich das Konzept einer artgerechten Schweinezucht erläutern.

Landwirt Rainer Buck aus Altheim züchtet seine Schweine unter den Bedingungen artgerechter Haltung. Die Ferkelaufzucht überlässt er dabei seinem Kollegen Karl Österle aus Obermarchtal. Bereits hier beginnen die Maßnahmen artgerechter Haltung. Entscheidend bei der Ferkelaufzucht ist der Verzicht auf das Kupieren der Schwänze. Dies wird in der Massentierhaltung durchgeführt, um Bissverletzungen zu vermeiden. Um Ursache und Wirkung nicht mehr zu verkehren, erhalten bereits die Muttersauen und Ferkel genügend Platz zum Aufwachsen. So soll kannibalisches Verhalten der Schweine untereinander auf naturnahe Weise verhindert werden.

Bauer bringt Tiere selbst zum Schlachten

Bereits bei den Ferkeln beginnt die artgerechte Ernährung, die im landwirtschaftlichen Betrieb von Rainer Buck eine entscheidende Rolle spielt. Der Züchter aus Riedlingen-Altheim zählt hier zu den Pionieren, die im Zuge ihrer Vielfruchtfolge auch Soja selbst anbauen. Soja hat herausragende Eigenschaften bei der Ernährung von Schweinen und produziert den für Ackerland so wichtigen Stickstoff auf natürliche Weise. Der geerntete Soja wird teilweise durch Pressen und somit durch Fettentzug als Kuchen aufbereitet. Für die Schweine ideal ist dann die Fütterung mit beiden Varianten, wobei der Kuchen auch in der Ferkelaufzucht verwendet wird. Rainer Buck fährt nach der Aufzucht seine Ferkel selbst zum Schlachten. Bei Fairfleisch im Schlachthof Überlingen kommen die Tiere nach der Fahrt nochmals auf die Weide, ehe sie mit individuellen Stromstößen betäubt und anschließend ausgeblutet werden.

Umstrittene Qualitäts- und Bio-Siegel

Unter Landwirten und Schlachtern umstritten sind die verschiedenen Qualitäts- und Bio-Siegel, die vergeben werden. „Sie sind in der Regel unvollständig, zu teuer oder zu aufwendig“, erläutert der stellvertretende Fairfleisch-Geschäftsführer Mathias Schultz. Die meisten Zulieferer-Betriebe verzichten ebenfalls auf Zertifizierungen. Neben den genannten Gründen möchten sie sich gewisse Freiheiten bewahren und ihre Betriebe auch möglichst eigenverantwortlich, also ohne EU-Gelder, betreiben. „Wir setzen auf Sachkenntnis und Freiwilligkeit in der Fleischerzeugung – und auf das Konsumbewusstsein bei den Verbrauchern“, sagt Matthias Minister zur Strategie.

Am Abend stellte sich die Stuttgarter Europapolitikerin Anna Deparnay-Grunenberg (Die Grünen/EFA) gemeinsam mit dem Landtagsabgeordneten Martin Hahn (Bündnis 90/Die Grünen) der Diskussion mit der Bürgerschaft. Sie bedankten sich für die Einblicke in den landwirtschaftlichen Alltag einer artgerechten und naturnahen Landwirtschaft und machten aktuelle politische Abläufe transparent. Diese stellen sich im Sinne einer Umsetzung der Agrarwende als langwieriger Prozess dar. Anna Deparnay-Grunenberg informierte die Anwesenden darüber, dass aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im Europaparlament und der Mitte Oktober anstehenden Entscheidung über die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der europäischen Länder trotz des Green Deals der EU-Kommission kein grundsätzlicher Politikwechsel in Richtung Agrarwende zu erwarten sei. Dennoch äußerten die auf dem Podium vertretenen Politiker die Hoffnung, dass sich die regionale und ökologische Fleischerzeugung weiter verbreitet.