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Rechtsstreit

Skifahrerin verklagt Sechsjährige

Bayern / Lesedauer: 3 min

Vorarlbergerin fordert nach Unfall 38000 Euro – Prozesse gegen Kinder in Österreich erlaubt
Veröffentlicht:31.08.2015, 18:05

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Ein kurioser Rechtsstreit in Vorarlberg sorgt über die österreichischen Landesgrenzen hinaus für Aufsehen: So soll das Landesgericht Feldkirch gegen ein sechsjähriges Mädchen verhandeln. Eine Frau hat die Kleine auf 38 000 Euro Schadensersatz verklagt. Hintergrund ist ein Skiunfall am Hochhädrich unweit der Grenze zu Bayern. Die beiden waren auf der Piste kollidiert. Wobei sich die Frau schwer verletzt hat.

In Deutschland wäre die Sachlage einfach. Im Paragraf 828 des Bürgerlichen Gesetzbuches steht folgendes: „Wer nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat, ist für den Schaden, den er einem anderem zufügt, nicht verantwortlich.“ Anders in Österreich . Zwar gilt dort, dass Kinder unter 14 Jahren in Zivilverfahren nicht zur Verantwortung gezogen werden dürfen.

Einsicht in Fehlverhalten fraglich

Es gibt aber eine Ausnahme. Sie wird im Paragraf 1310 des österreichischen Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches beschrieben. Dort heißt es, dass die Angelegenheit anders gewertet werden kann, wenn dem unmündigen Kind Einsicht in ein Fehlverhalten zugemutet werden kann. Zudem muss es eine Versicherung geben, die den Schaden bezahlt.

Klagen gegen Kinder gehören in Österreich durchaus zur juristischen Praxis. Ein Blick in verschiedene Urteile der Vergangenheit bestätigt dies. So bekam ein Bub eine Entschädigung zugesprochen, weil er durch den Prügelwurf seines achtjährigen Spielkameraden verletzt worden war. Ein Neunjähriger wurde schadensersatzpflichtig, als er unaufmerksam mit seinem Rad unterwegs war und in eine Gruppe Kinder fuhr.

Bei einem Schwimmbadunfall verletzte ein 13-Jähriger bei einem Sprung ins Wasser ein anderes Kind schwer. Auch hier musste seine Privathaftpflichtversicherung zahlen, denn der 13-Jährige war gesprungen ohne nach Schwimmern Ausschau zu halten. Einem 13-Jährigen müsse ein solches Fehlverhalten klar sein, urteilten die Richter in diesem Fall.

Im aktuellen Fall ging es um einen Zusammenstoß auf der Skipiste: Die Frau kam in Schussfahrt den Hang herunter. Weiter unten war die Sechsjährige mit einem Skikurs unterwegs. Sie fuhr in einem Bogen in die Piste hinein. Nach den Regeln des Internationalen Skiverbands (FIS) hat das Mädchen der Frau damit die Vorfahrt genommen. So sieht es die Anwältin der Frau. Ihre weitere Argumentation: Weil die Sechsjährige einen Skikurs gemacht habe, seien ihr die FIS-Regeln geläufig gewesen. Sie hätte also wissen müssen, dass man nicht so einfach in eine Piste einschwenken könne.

Weil für die Sechsjährige eine Versicherung besteht, sieht die Anwältin der Frau die Voraussetzung für eine Schadensersatzzahlung gegeben. Des Weiteren soll die Kleine auch für alle künftigen Folgen des Unfalls geradestehen. In diesem Fall besagt das österreichische Recht, als Erwachsener verdiene ein heutiges Kind das entsprechende Geld, um solche Zahlungen leisten zu können.

Wie es auch in Deutschland üblich ist, war zuvor geprüft worden, ob eine Verletzung der Aufsichtspflicht durch Erwachsene vorliegt. Hierzu hat es bereits einen Prozess am Landesgericht Feldkirch gegeben. Die Anwältin der Frau hatte Eltern und Skilehrer verklagt. Die Klage wurde jedoch abgewiesen.

Prozessauftakt verschoben

Der Auftakt des jetzt anstehenden Prozesses wurde von der zuständigen Richterin Nadine Moosbrugger nun erstmal um drei Wochen verschoben. Sie will mehr Zeit für die Beweisaufnahme haben. Laut österreichischen Medien existiert in diesem Zusammenhang bereits ein Gutachten. Demnach waren Frau wie Sechsjährige unaufmerksam unterwegs gewesen. Beide treffe also eine Schuld.

In Vorarlberger Internetforen wird dagegen spekuliert, ob die Frau bei ihrer Schussfahrt womöglich zu schnell gewesen sei, um einem Kind ausweichen zu können.