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Reaktionen auf Hetze gegen Christen und Juden

Neu-Ulm / Lesedauer: 4 min

Polizei schaltet sich ein – Vertreter von Koranschulen weisen Vorwürfe zurück
Veröffentlicht:24.03.2015, 16:56

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Der Integrationsbeauftragte der bayerischen Staatsregierung, Martin Neumeyer (CSU), fordert vom Verband Islamischer Kulturzentren (VIKZ) eine „kompromisslose Aufarbeitung“ der Vorfälle an einer Neu-Ulmer Grundschule. Muslimische Grundschüler, die eine VIKZ-Koranschule in Neu-Ulm besuchen, hatten im Januar im Unterricht Parolen gegen Christen und Juden geäußert. VIKZ-Vertreter wiesen die Vorwürfe der Einflussnahme auf die Kinder entschieden zurück.

Beate Altmann , die Schulleiterin an der Grundschule Mitte in Neu-Ulm, will, dass der Schulalltag wieder Einzug hält: „Wir unterrichten ganz normal weiter, besprechen die Vorfälle im Alltagsunterricht, haben dabei offene Ohren“, berichtet sie im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“ und schildert: „Die Kinder sagen aber nichts.“

Altmann hat anstrengende Wochen hinter sich. Nach den Vorfällen im Januar dokumentierten die Lehrer die Parolen. Vor allem bei Kindern, die viel Zeit in bestimmten Moscheen und Gebetsräumen verbringen, beobachteten die Pädagogen die islamistischen Äußerungen. Dann ging Altmann an die Öffentlichkeit.

Gerade in Neu-Ulm , wo man seit Jahren das Image als ehemalige Islamisten-Hochburg ablegen will, war das Erschrecken groß: Galt doch die Grundschule, nahe der Innenstadt gelegen, als Musterbeispiel für Integration. Aus 22 Nationen kommen die 220 Kinder, die hier lernen.

Berichte in Zeitungen, Radio und Fernsehen ermutigten immer mehr Lehrer, beispielsweise von der Klösterle-Schule in Schwäbisch Gmünd, zu ähnlichen Schritten. Die Pädagogen bestätigten: Die Aggressivität habe zugenommen, seitdem der Vormarsch des IS (Islamischer Staat) im Nahen Osten fast täglich in den Medien präsent ist.

In den Tagen nach den ersten Berichten stieg die Anspannung. Blankes Misstrauen schlug Passanten entgegen, die auf dem Weg zur neuen Glacis-Galerie waren, und interessiert den in der Pause spielenden Kindern zuschauten: „Was willst Du?“ Schulleiterin Altmann begründete das so: „Hier waren Anfragen von so vielen Fernsehteams, die wir nicht im Haus haben wollen, dass wir wachsam sein müssen.“

An der Grundschule startete die Aufarbeitung der Vorfälle. Die Lehrer verfassten als Reaktion eine Resolution in fünf Sprachen, die zu Toleranz und Respekt aufruft. Bei einem Elternabend erläuterte ein Polizist, warum in der Sache wegen des Verdachts der Volksverhetzung gegen unbekannt ermittelt wird. Zudem bot die Polizei den Eltern Hilfe an, falls Kinder mit extremistischem Gedankengut in Kontakt kommen. Gegenüber Journalisten mag sich kein Elternvertreter äußern.

Bayerns Integrationsbeauftragter Neumeyer forderte Ermittlungen. Dabei dürften aber weder die Familien noch die Koranschulen und islamischen Gemeinden unter Generalverdacht gestellt werden.

Der VIKZ weist alle Anwürfe zurück. „Verantwortungsvollen Umgang mit Kindern statt Hexenjagd!“, forderte der Verband. „Kinder und ihr angebliches Verhalten öffentlich anzuprangern und mit extremistischen Gruppen in Verbindung zu bringen, halten wir für ein verantwortungsloses Vorgehen“, betonte Kenan Adigüzel, Vereinsvorsitzender der örtlichen VIKZ-Gemeinde. „Wir verstehen nicht, warum die Grundschule sich nicht umgehend an die Eltern, an die örtlichen Moscheegemeinden und an uns gewandt hat.“ Nur zwei der angeblich zehn betroffenen Kinder seien Mitglieder der VIKZ-Gemeinde. Aus Adigüzels Sicht sollten nun die Schulen und die muslimischen Gemeinden unter Führung der Stadtverwaltung einen Runden Tisch ins Leben rufen.

Am Freitag vergangener Woche schließlich traf sich der Integrationsbeauftragte Neumeyer mit VIKZ-Vertretern: „Solche Aussagen sind schockierend, und das ziehen sich Kinder nicht aus den Fingern“, sagte er anschließend. Hüseyin Mestan vom VIKZ Bayern entgegnete, dass die fraglichen Sätze nicht aus einer VIKZ-Moschee stammen könnten: „Wir predigen einen friedlichen Islam und distanzieren uns von jeder Gewalt.“

Für die Neu-Ulmer Bundestagsabgeordnete Ekin Deligöz (Grüne) sind das nur Lippenbekenntnisse. Auch Moschee-Vereine müssten sich an Religionsfreiheit, Menschenwürde, Achtung und Respekt halten, die in der Verfassung verankert sind, sagte sie.

Blanker Hass aus Kindermund

Anfang März hatte die Leiterin der Neu-Ulmer Grundschule Stadtmitte, Beate Altmann, ein Tabu gebrochen. Sie ging mit ihren Problemen an die Öffentlichkeit und berichtete von den Schwierigkeiten, die es an der Schule mit einigen muslimischen Schülern gibt. Nach dem Attentat gegen die Redaktion des französischen Satire-Magazins „Charlie Hebdo“ hatten nach Angaben von Lehrern einige Viertklässler im Ethik-Unterricht unter anderem gesagt: „Christen muss man töten“. Weiter hatten sie behauptet, die Opfer des islamistischen Attentats auf „Charlie Hebdo“ hätten den Tod doch verdient. Außerdem hätten sie christliche Kinder bedroht und „Jude“ als Schimpfwort gesehen. Ein Kind sagte den Lehrern zufolge völlig unbekümmert, dass „Juden auf der Stufe von Schweinen stehen“.