Dienstausweis
Umstrittene Helfer im Polizeidienst
Baden-Württemberg / Lesedauer: 3 min

Sie tragen Uniformen, Waffen und Dienstausweis wie reguläre Polizisten: Knapp 750 Ehrenamtliche engagieren sich derzeit in Baden-Württemberg im freiwilligen Polizeidienst. Die alte Landesregierung aus Grünen und SPD wollte das Programm auslaufen lassen. Doch unter dem neuen CDU-Innenminister Thomas Strobl soll es weiter Ehrenamtliche bei der Polizei geben. Wann und unter welchen Voraussetzungen wieder Freiwillige eingestellt werden, ist noch offen.
Seit 1963 dürfen Ehrenamtliche die Polizei in Baden-Württemberg unterstützen. Ähnliche Programme gibt es in Bayern, Sachsen und Hessen. Uniform und Ausrüstung sind hierzulande dieselben wie bei regulären Beamten, lediglich die Schulterklappen sind anders. Dort tragen sie blaue Schrägstriche statt Sternen. Für sieben Euro Aufwandsentschädigung pro Stunde sind die Freiwilligen im Einsatz. Im Wesentlichen haben sie dieselben Befugnisse wie reguläre Polizisten.
Zwei Wochen Grundkurs
Zwei Wochen lang dauerte bis 2012 der Grundkurs, der mit einer Prüfung endete. Danach folgte eine praktische Einführung von mindestens 32 Stunden in der Dienststelle. Die Ausbildung an der Waffe war Teil der Schulung und der regelmäßigen Fortbildungen. Außerdem mussten die Bewerber bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Ausgeschlossen war zum Beispiel, wer wegen einer vorsätzlichen Straftat länger als ein Jahr im Gefängnis saß oder Kandidaten, deren Verfassungstreue zweifelhaft war – die also politisch extreme Ansichten vertraten.
Mehr als 1000 solcher Ehrenamtler waren 2011 im Dienst, als Grüne und SPD im Land die Macht übernahmen. Unter dem SPD-Minister Reinhold Gall wurden ab 2012 keine neuen Helfer mehr ausgebildet und eingestellt. Aktuell sind laut Innenministerium und Polizeisprechern für das Polizeipräsidium (PP) Aalen 18 Freiwillige aktiv, für das PP Konstanz 76, für das PP Tuttlingen 59 und für das PP Ulm 54.
Im Jahr 2013 begrenzte Gall die Aufgaben der Helfer: Streifendienst oder der Einsatz in vorhersehbar gefährlichen Situationen sind seither nicht mehr erlaubt. Die Auflösung des Freiwilligendienstes hatten die damaligen Regierungsparteien von Grünen und SPD 2011 in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart. Polizeiarbeit gehöre in die Hände ausgebildeter Profis – auch, um Freiwillige zu schützen, so die gemeinsame Linie.
Entlastung für Hauptamtliche
Die CDU wiederum hatte sich stets für die Ehrenamtlichen eingesetzt. Im Wahlkampf forderten die Christdemokraten, den Freiwilligendienst wiederzubeleben und aufzustocken. Grüne und CDU einigten sich nun darauf, eine neue gesetzliche Grundlage zu schaffen. Details liegen noch nicht vor, etwa zur Frage, ob die Helfer Waffen tragen dürfen. „Das wird eingebettet sein in ein Gesamtkonzept, mit dem wir den öffentlichen Raum noch sicherer machen, und das wir im Innenministerium erarbeiten werden“, erklärt CDU-Innenminister Strobl. Der Freiwilligendienst sorge für mehr Sicherheit und entlaste hauptamtliche Polizisten.
Die Grünen tun sich nach wie vor schwer mit den Freiwilligen, wollen deren Aufgaben strikt begrenzen, vor allem auf die Prävention. „Der Polizeivollzugsdienst gehört in die Hände von Profis“, schreibt ihr Polizeifachmann, der Abgeordnete Uli Sckerl im „Staatsanzeiger“.
Fußstreife in Siedlungen
Thomas Blenke, Innenpolitikexperte der CDU-Landtagsfraktion, sagte der „Schwäbischen Zeitung“, hat dagegen auch andere Vorstellungen für Einsatzmöglichkeiten: „Polizeifreiwillige können beispielsweise auch als Fußstreifen in Wohngebieten eingesetzt werden und so das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung deutlich erhöhen.“
Im Stuttgarter Landtag ist nur die SPD kategorisch gegen Freiwillige. „Polizisten müssen gut vorbereitet sein – egal, auf welche Einsatzlage sie treffen. Das können nur hauptamtliche Kräfte leisten“, so Sascha Binder, Vizechef der SPD-Fraktion. Die Gewalt gegen Polizisten nehme zu, auch das spreche gegen den Einsatz Freiwilliger. „Diese Meinung haben im Übrigen auch die Grünen vertreten, zumindest bis vor wenigen Wochen. Woher nun der grüne Sinneswandel kommt, ist mir ein Rätsel“, so Binder.