Virus
Staatsanwälte weisen auf Mängel beim EnBW-Deal hin
Baden-Württemberg / Lesedauer: 3 min

Der 11. Juli 2012 ging als besonderer Tag in die Geschichte des Landes Baden-Württemberg ein. Staatsanwälte beschlagnahmten in Pforzheim im Haus des früheren Ministerpräsidenten Stefan Mappus ( CDU ) kistenweise Akten. So scharf war die Justiz noch nie gegen einen früheren Regierungschef vorgegangen. Seit Mittwoch aber muss Mappus nicht mehr fürchten, dass er wegen des Verdachts der Untreue vor Gericht gestellt wird. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart fand keinen Hinweis darauf, dass Mappus und seine Berater vorsätzlich dem Land durch einen eventuell überhöhten Preis beim Rückkauf der EnBW-Aktien vom französischen EdF-Konzern geschadet haben – trotz formaler Verstöße gegen das Haushaltsrecht.
CDU-Spitze hält Distanz
„Mich hat Politik immer fasziniert. Dieser Virus ist noch nicht ganz aus mir draußen“, hat Mappus vor einiger Zeit gesagt. Mit der Einstellung des Verfahrens ist er aber nicht aus dem Schneider. Noch laufen gegen ihn Ermittlungen wegen möglicher Falschaussagen im Untersuchungsausschuss zum harten Polizeieinsatz bei der Räumung des Schlossgartens am 30. September 2010. Außerdem hat sich seine Partei weitgehend von ihm losgesagt. Das zeigten am Mittwoch auch die Kommentare der beiden aktuellen Bewerber um die Spitzenkandidatur der CDU im Landtagswahlkampf 2016. Landeschef Thomas Strobl, unter Mappus Generalsekretär, bleibt dabei, „dass dieses Geschäft mit einem erheblichen staats- und verfassungsrechtlichen Mangel behaftet" sei. Auch Landtagspräsident Guido Wolf wies auf die Mängel bei dem Geschäft am Landtag vorbei hin: „Ich will diesen gemachten Fehler auch als solchen im Raum stehenlassen.“
Mappus hatte im Spätherbst 2010 innerhalb weniger Wochen nur mit einigen wenigen Beratern den Deal ausgehandelt. Angeblich hatte die EdF darauf bestanden, auf keinen Fall das Parlament einzuschalten. Im Oktober 2011 urteilte der Staatsgerichtshof, das sei verfassungswidrig gewesen.
Die grün-rote Landesregierung wiederum beharrt auf ihrem Standpunkt, Mappus habe rund 800 Millionen Euro zu viel bezahlt. Fast diesen Wert ermittelte für die Staatsanwaltschaft auch der Münchner Gutachter Michael Ballwieser. Um dessen Zahlen hatte der EnBW-Untersuchungsausschuss heftig gestritten. Jetzt aber halten die Staatsanwälte fest, Ballwieser habe „methodisch plausibel und nachvollziehbar“ gerechnet. Auch deshalb geht Mappus nicht ohne Tadel aus dem Ermittlungsverfahren heraus.
„Amtspflichten vernachlässigt"
Stefan Mappus teilte zwar über seine Anwälte mit, der REchtsstaat habe einen großen Sieg gefeiert. Grüne und SPD fühlen sich aber durch den Tenor der Einstellungsverfügung in ihrer Kritik bestätigt. Sascha Binder, der SPD-Obmann im abgeschlossenen EnBW-Untersuchungsausschuss, findet darin weitere Belege dafür, Mappus und seine Berater hätten „ihre Amtspflichten vernachlässigt“. Hans-Ulrich Sckerl, der strenge Mappus-Kritiker der Grünen, betonte: „Der EnBW-Deal ist und bleibt ein schlechtes Geschäft für das Land.“ Er ist auch davon überzeugt, dass die Entscheidung der Staatsanwälte keine Bedeutung für das Schiedsverfahren habe.
Der Zeitpunkt der Entscheidung überraschte – genau 24 Stunden nach dem ersten Verhandlungstag über die Zivilklage von Stefan Mappus gegen seine früheren Rechtsberater. Damit will er Schadensersatz erreichen, weil er nicht gründlich vor den Folgen gewarnt worden sei, ohne Parlament das Milliardengeschäft abzuwickeln. Frühestens im Januar 2015 wird aber eine Entscheidung darüber fallen. Der Name Stefan Mappus wird nicht so schnell aus den Schlagzeilen verschwinden.