Lebenstraum Bauernhof
So sollen junge Landwirte dem Traum vom eigenen Hof ein Stück näher kommen
Freiburg / Lesedauer: 5 min

Christoph Knauthe
Junge Landwirte ohne Betrieb auf der einen Seite, betagte Hofbesitzer ohne Nachfolger auf der anderen. Wie finden diese Gruppen zueinander? Mit dieser Frage hat sich der Badische Landwirtschaftliche Hauptverband (BLHV) beschäftigt und eine Antwort entwickelt: eine Vertrauensstelle, an die sich beide Seiten wenden können.
Sie soll passende Kontakte vermitteln. Bereits kurz nach dem Start im November gingen laut BLHV Dutzende Anfragen von Hofbesitzern und potenziellen Nachfolgern ein.
Timo Manger brachte die Idee für die Vertrauensstelle ins Rollen. Aktuell ist der 28-Jährige auf einem Milchviehbetrieb in Eichstätten am Kaiserstuhl angestellt. Schon seit rund acht Jahren ist er auf der Suche nach einem eigenen Hof.
Ein Lebenstraum
Manger hat keine familiären Wurzeln in der Landwirtschaft. Dennoch habe ihm die Arbeit im Einklang mit der Natur und der Umgang mit den Tieren schon immer gefallen. „Ich konnte mir noch nie etwas anderes vorstellen“, sagt der junge Landwirt über seine Berufswahl.
Irgendwann einen eigenen Hof zu besitzen, sei seit jeher sein Lebenstraum. Viel habe er im Internet gesucht – bislang jedoch ohne Erfolg. Ältere Landwirte hätten häufig keinen Zugang zum Internet. Zudem sei die Hemmschwelle hoch, so viele Informationen öffentlich preiszugeben. Die meisten Landwirte wollten vermeiden, dass es sich unter ihren Nachbarn herumspricht, wenn sie in den Ruhestand gehen wollen und keine geklärte Hofnachfolge haben. Andererseits gebe es viele junge Landwirte, die den Traum eines eigenen Hofs teilen.
Zusammen mit der Landjugend arbeitete Manger deshalb einen Plan aus, um Hofbesitzer und mögliche Nachfolger besser miteinander in Kontakt zu bringen. Mangers Vorschlag war eine anonyme Vertrauensstelle. Der BLHV erklärte sich bereit, eine telefonische Anlaufstelle einzurichten.
Vertrauliche Kartei
Das Prinzip dabei: Auf der Grundlage eines Gesprächs sowie eines Fragebogens legt das Bildungshaus Sankt Ulrich in Bollschweil im Schwarzwald für jeden Bewerber ein Profil an. Für 50 Euro bleibt das Profil dann zwei Jahre in der Kartei des BLHV gespeichert.
Meldet sich ein Hofbesitzer bei der Vertrauensstelle, erstellen Sachverständige bei einem persönlichen Besuch ein Hofprofil. Das landet ebenfalls in der Kartei. Die Profile sind nicht öffentlich einsehbar. Stattdessen prüft der BLHV regelmäßig intern, welche Kandidaten zusammenpassen.
Zehnseitiger Fragebogen
„Erstmal kann jeder mitmachen. Da gibt es keine Voraussetzungen“, erklärt Jennifer Shuler vom BLHV. Eine landwirtschaftliche Ausbildung sei für die Bewerber von Vorteil – aber kein Muss. Mit ihrer Bewerbung gehen Interessierte zunächst keine Verpflichtungen ein. Viel mehr sei die erste Kontaktaufnahme der Beginn eines langwierigen Prozesses.
Ausgesprochenes Ziel der Vertrauensstelle sei eine dauerhafte Übernahme. Im Idealfall kommt ein Verkauf zustande. Verpachtungen sollten für wenigstens 20 bis 30 Jahre garantiert sein, „damit sich die Leute dort selbst etwas aufbauen können“, sagt Shuler.
Timo Manger hat sich umgehend selbst in die Kartei der Interessierten aufnehmen lassen. Zehn Seiten sei der Fragebogen lang gewesen. Manger wünscht sich einen Milchviehbetrieb mit viel Grünland und gerne auch Wald.
Fortführung des Lebenswerks
Solche Höfe würden heute schnell im Millionenbereich gehandelt – für den jungen Landwirt eine immense Summe. Doch Manger ist überzeugt: Ein Bauer, dem es wichtig ist, dass sein Lebenswerk fortgeführt wird, stelle Geld nicht über alles.

Über das Modell der sogenannten Leibrente etwa könne auch ein Landwirt einen Hof kaufen, der den Preis nicht auf Anhieb zahlen kann, erklärt BLHV-Justiziar Michael Nödl. Dabei zahlt der Käufer den Wert des Hofs in Raten ab, die sich an der statistischen Lebenserwartung des Besitzers orientieren. Sind alle Raten getilgt oder verstirbt der Hofbesitzer vorzeitig, ist der Kauf abgeschlossen.
Können sich beide Seiten eine Übernahme vorstellen, könnten Hofbesitzer ihre Nachfolger noch eine Weile bei der Arbeit begleiten, um ihnen den Einstieg zu erleichtern. Möglich sei ebenfalls, dass angehende Landwirte während einer Art Probezeit zunächst erst in ein Anstellungsverhältnis mit dem Hofbesitzer eintreten.
Bessere Chancen für künftige Generationen
Den Hof nach Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten in Familienbesitz in fremde Hände zu geben, sei für viele ein großer Schritt, weiß Shuler. Doch über die Vertrauensstelle des BLHV haben Bauern die volle Entscheidungsfreiheit, wer ihr Nachfolger werden soll, betont sie. Nicht zuletzt bedeute ein eigener Hof eine große Verpflichtung.
Timo Manger ist sich sicher, dass er seine Berufung gefunden hat – und hofft nun auf die Vertrauensstelle, auch wenn er wisse, dass es eine Weile dauere, bis sich diese etabliert habe. Dann biete sie aber bessere Chancen für künftige Generationen junger Landwirte, zeigt er sich überzeugt.
Die Vertrauensstelle des BLHV nimmt im Übrigen ausschließlich Landwirtschaftsbetriebe in Baden in ihre Kartei auf. Woher die potenziellen Nachfolger kommen, die einen badischen Hof übernehmen wollen, ist derweil egal.
Der Landesbauernverband, der für Württemberg zuständig ist, plane aktuell keine solche Vertrauensstelle, erklärt eine Sprecherin auf Anfrage. Für die Vermittlung von Hofnachfolgen seien die einzelnen LBV-Kreisverbände zuständig.