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Schlagabtausch über Polizeireform – Gall spricht von „Schauermärchen“

Stuttgart / Lesedauer: 3 min

Schlagabtausch über Polizeireform – Gall spricht von „Schauermärchen“
Veröffentlicht:09.02.2012, 12:05

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  • Schwäbische.de
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Die Opposition im Landtag hält die von Grün-Rot geplante Polizeireform für zu radikal und bürgerfern. Der ländliche Raum sei klarer Verlierer der großangelegten Fusion der Polizeidirektionen, kritisierten CDU und FDP am Donnerstag in Stuttgart. Der CDU-Abgeordnete Thomas Blenke rechnet mit einem Rückzug der Polizei aus der Fläche und appellierte an Innenminister Reinhold Gall (SPD): „Bitte machen Sie unsere Polizei nicht kaputt!“ Gall wies die Kritik mit scharfen Worten zurück: „Hören Sie ganz einfach auf mit den Schauermärchen, die sie da in die Welt setzen.“

Der frühere Justizminister Ulrich Goll sagte für die FDP , mit den zwölf Regionalpräsidien entstünden „Kolosse“, die Personal ansaugen würden, das dann im ländlichen Raum fehle. Der Innenminister verfolge mit der Konzentration der Führung einen „schematischen, gewaltsamen und unrealistischen Ansatz“. Die Menschen auf dem Land bekämen den Eindruck: „Die Polizei verlässt uns.“ Hinzu komme, dass die Kriminalpolizei zusammengezogen werde. Goll empfahl eine weniger radikale Reform mit etwa zwei Drittel der bisherigen Direktionen.

Gall sagte, es sei schlicht falsch, dass die Polizei sich aus der Fläche zurückziehe. Das Gegenteil sei der Fall. Durch die Zusammenlegung der vier Landespolizeidirektionen mit den 37 Polizeipräsidien und -direktionen zu nur noch zwölf regionale Präsidien könnten rund 890 Stellen auf die Reviere und Posten verteilt werden. Die nun geplante Konzentration der Direktionen sei fachlich begründet. „Verbrechen und Verbrechensaufklärung orientieren sich nicht an Verwaltungsgrenzen.“

Blenke hielt dem Innenminister vor, die Polizeiposten würden im Schnitt nur um eine „mickrige“ halbe Stelle verstärkt. „Und dafür schmeißen Sie die ganze Struktur über den Haufen.“ Außerdem verliere die Polizei im ländlichen Raum Kriminal- und Verkehrspolizei. Der CDU-Politiker zog das Fazit: „Zu so einer kompletten Zerschlagung sagen wir Nein.“ Goll setzte einen anderen Akzent: „In dieser Reform liegen auch Chancen.“

Gall sagte, die gesamte Kritik von Union und Liberalen sei „absurd“, da die frühere schwarz-gelbe Regierung vor wenigen Jahren 200 Polizeiposten geschlossen habe. „Die Polizeidichte ist die schlechteste in Deutschland“, stellte der SPD-Politiker fest. Die Polizei sei dramatisch unterfinanziert und unterbesetzt, was eine Folge der Politik von Union und Liberalen sei. Blenke erwiderte, im Zuge dieser Reform sei keine einzige Stelle gestrichen worden.

Gall erklärte, bisher sei die Kripo an nur wenigen Außenstellen präsent. Es sei besser, wenn die Experten zusammengezogen würden. Die Opposition arbeite mit Polemik. „Viele von Ihnen wussten doch bis vor zwei Wochen noch gar nicht, dass es Kriminalaußenstellen gibt.“

Die Grüne Petra Häffner sprang Gall zur Seite. Die Reform habe zwei Prüfsteine: Die Polizei müsse sich vor allem besser auf die Wirtschafts- und Internetkriminalität einstellen und stärker vor Ort präsent sein. Dies sei der Fall. Sie lobte die geplante Einrichtung eines Kriminaldauerdienstes und fragte die Opposition: „Glauben Sie immer noch, dass sich die Täter an die normalen Bürozeiten halten?“