AfD-Parteitag
Weidel unterliegt bei Kandidatur als Landeschefin
Sulz am Neckar / Lesedauer: 4 min

Alice Weidel aus Überlingen wird nicht Landeschefin der AfD. Auf dem Parteitag in Sulz am Neckar stimmten die Delegierten für ihren Konkurrenten Ralf Özkara.
Die AfD in Baden-Württemberg hat ihrer Spitzenkandidatin für den Bundestagswahlkampf, Alice Weidel, einen Dämpfer verpasst. Sie unterlag im Duell um einen Posten im Landesvorstand knapp gegen den bisher weitgehend unbekannten Ralf Özkara. Der gab ein ehrgeiziges Ziel für die Bundestagswahlen im Herbst vor: "Wir wollen in Baden-Württemberg wie im Bund 18 Prozent der Stimmen." Neben ihm steht seit Samstag der Karlsruher Professor Marc Jongen an der Spitze der Landespartei. Er setzte sich gegen den Landtagsabgeordneten Bernd Gögel durch.
Der 46-jährige Unternehmer aus Stuttgart gilt als Vertrauter von AfD-Bundeschef Jörg Meuthen, der auch die Fraktion im Stuttgarter Landtag anführt. Özkara betonte nach seiner Wahl, er wolle vor allem den Landesverband einen. Er selbst gehöre weder dem liberaleren AfD-Lager um Weidel noch dem national-Konservativen Lager an. Die gratulierte Özakara und sagte:"Ich bin zuversichtlich, dass der Bundestagswahlkampf in Baden-Württemberg uns mit dem neuen Landesverband zum Erfolg führen wird."
Macht- und Flügelkämpfe
Zuvor war viel von Einigkeit die Rede in der Stadthalle von Sulz. Dennoch war der Parteitag geprägt von Flügel- ebenso wie von persönlichen Machtkämpfen. Das begann schon mit den Grußworten. Die wärmen eine Saal in der Regel unspektakulär, aber wohlig an. Doch sowohl Landesvortsandssprecher Bernd Grimmer als auch Bundeschef Jörg Meuthen nutzen ihre Beiträge anders. Bei Grimmer klang das so: "Wir brauchen jetzt Einigkeit ohne Parteiausschlüsse". Damit war ohne Nennung des Namens Björn Höcke der Streit um dessen Rolle in dre Partei bereits im Saal. Der thüringische AfD-Chef soll aus der Partei ausgeschlossen werden. Er hatte in einer umstrittenen Rede eine neue Erinnerungskultur in Deutschland gefordert. Jörg Meuthen spricht sich gegen diesen Ausschluss aus, weil er es für juristisch aussichtslos hält. In Sulz nannte er weitere Gründe, ohne Höcke namentlich zu erwähnen: "Eine gute Familie wirft auch niemanden hinaus, nur weil er sich mal daneben benimmt." Meuthens Kernanliegen an diesem Morgen war aber ein anderes. Eindringlich appellierte er dafür, keine künftigen Abgeordneten in den Vorstand der Landespartei zu wählen. "Als künftige Bundestagsabgeordnete werden sie keine Zeit haben, das Amt im Landesvorstand professionell auszufüllen", das wisse er aus eigener Erfahrung als Bundeschef, Fraktionsvorsitzender und ehemaliger Landessprecher. Dieses Amt hatte er im Herbst niedergelegt.
Meuthen sprach sich damit auch gegen die Kandidaturen von Alice Weidel und Marc Jongen für den Landesvorstand aus. Beide gehen ins Rennen um Sitze im Bundestag,die Überlingerin auf Platz 1, der Karlsruher auf Platz drei.
Meuthens Attacke auf offener Bühne quittierten Anhänger von Weidel mit empörten Zwischenrufen. "Ein verheerendes Zeichen", "Stillos", "Unglaublich" war auf die Fluren und im Saal zu hören. Weidels Gegner werfen ihr dagegen vor, mit ihrem klaren Kurs gegen Höcke und seine Unterstützer Teile der Partei zu ignorieren. Die national-konservativen Ansichten der Gruppe "Der Flügel" hätten ihren Platz in der Partei und bis zu 40 Prozent Unterstützung durch Mitglieder in Baden-Württemberg.
Bei Weidels Bewerbungsrede gab es Lautstarke Buhs und die Zwischenruf "Heuchlerin". Die Überlingerin schrieb ihrer Partei ins Stammbuch :"Sechs Stunden beschäftigen wir uns jetzt mit Interna und Trallala, statt mit den wahren Problemen der Wähler und Bürger". Als solche nannte sie "Massenimmigration aus muslimischen Staaten, permanente Rechtsbrüche, offene Grenzen, drohendes Bargeldverbot, desolate Verteidungsungs- und Sicheheitspolitik, verheerende, durchgegenderte Bildungspolitik".
"Dann dann kotzt mich das an"
Ihr Gegenkandidat Ralf Özkara machte sich ebenfalls Gedanken um den Zustand der Partei. "Wenn ich mir das heute anschaue und in den vergangenen Wochen, dann kotzt mich das an", sagte der 46-Jährige. Der Landesvorstand brauche Menschen, die sich ehrenamtlich und unentgeltlich mit voller Kraft für die Partei einstehen könnten. Dies sei mit mehreren Mandaten und Ämtern nicht möglich.
Jörg Meuthen begrüßte die Wahl seines ehemaligen Büroleiters. "Er hat die Zeit, die Kraft und die Intelligenz für diese Aufgabe", sagte er. "Es wäre allerdings besser gewesen, Frau Weidel hätte nicht gegen ihn kandidiert." Özkaras Kandidatur war der AfD-Spitze seit Monaten bekannt, Weidel hatte sich erst kurzfristig entschieden, gegen ihn anzutreten.
Bei der Wahl zum zweiten der beiden Landessprecher setzte sich Marc Jongen durch. Er erhielt 241 Stimmen, seien Gegenkandidat Bernd Gögel, Mitglied des "Flügels", 179. Jongen gehört diesem nicht an. Er plädierte am Samstag gegen einen Ausschluss Höckes und attackierte die Bundesregierung als "verkommene Eliten, die Deutschland an die Wand fahren". Und auch bei ihm ging es um Einigkeit: Seine Partei ergehen sich in Querelen, statt sich um das Bestehen Deutschlands zu kümmern.