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Zentrum für Kunst und Medien

Kunst aus Bakterien und ChatGPT in Karlsruhe

Karlsruhe / Lesedauer: 3 min

Tritt die Kunst mit der Digitalisierung in eine neue Phase? Das Karlsruher Medienkunstzentrum ZKM ist davon überzeugt. Die neue Schau ist zugleich das Vermächtnis des gestorbenen Leiters Peter Weibel.
Veröffentlicht:24.03.2023, 13:28

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Die Skulptur als Bioreaktor, die Ästhetik des Gehirns und Bakterien, die Kunst schaffen — Kunst und Wissenschaft gehören an sich schon seit der Renaissance zusammen. In der Medienkunst ist diese Einheit nun wieder da, wie eine neue Ausstellung im Zentrum für Kunst und Medien (ZKM) Karlsruhe zeigen will. „Renaissance 3.0.“ ist der Titel der Schau, mit der sich der langjährige ZKM–Chef Peter Weibel von der Institution verabschieden wollte. Die letzte von ihm konzipierte Schau ist zu seinem Vermächtnis geworden: Weibel starb am 1. März, kurz vor seinem 79. Geburtstag.

Die Ausstellung, die von diesem Samstag an bis zum 7. Januar 2024 zu sehen sein wird, schlägt einen Bogen von der arabischen und italienischen Renaissance bis zur Medienkunst des 21. Jahrhunderts. Schließlich war die Verwissenschaftlichung von Kunst bereits der Anspruch der Renaissance, der sich über die Jahrhunderte wieder verloren habe, so die These Weibels. Im digitalen 21. Jahrhundert sei jedoch die Wende da: „Künstler und Wissenschaftler arbeiten zunehmend mit denselben Werkzeugen, Methoden und Programmen.“ Dieser gemeinsame „Pool of Tool“ weise auf den Beginn einer dritten Renaissance hin.

In der Schau geben 35 Positionen der internationalen Medienkunst Einblick in künstlerische Labore und künstlerisch–wissenschaftliche Koproduktionen. Zentrales Element der Ausstellung ist ein interaktives Wissensfeld, das Weibel mit dem ZKM–Team neu geschaffen hat, eine experimentelle Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine. Bei dem begehbaren Buch tritt der Besucher auf Begriffe im Raum, die ihm an der Wand vom Text–Roboter ChatGPT erklärt werden.

In der Installation „Metabolica Camp“ von Thomas Feuerstein etwa stellen Bakterien das Material bereit, aus dem Skulpturen entstehen. In „Algo–r(h)i(y)thms“ von Tomas Saraceno kann man sich im riesigen Netz einer Spinne verfangen und sich durch das Berühren verschiedener Fäden mit anderen zu einer Jam–Session vernetzen.

Vom Computer über den Röntgenapparat bis hin zum Kolben mit gentechnisch modifizierter Hefe — was im 21. Jahrhundert Pinsel und Staffelei ersetzen kann, ist im Bereich „Pool Tools“ zu sehen. Ein Zeitstrahl verfolgt die verschiedenen Stadien von der Renaissance in Kunst und Wissenschaft — von persischen Mathematikern über Leonardo da Vinci und den ersten Computerpionieren bis ins Heute.

Künstler im 21. Jahrhundert kommen aus ihrer „Blase“ heraus und erobern den digitalen Raum, sagte Anett Holzheid am Freitag bei der Vorstellung. Sie hat mit Weibel die Ausstellung konzipiert. Die Verwissenschaftlichung der Kunst zeigen — das war Weibels Kernansatz. „Wir haben seine Gedanken umgesetzt“, sagte ZKM–Geschäftsführerin Helga Huskamp. Das sei emotional nicht einfach gewesen nach dem plötzlichen Tod des langjährigen ZKM–Chefs. Aber wichtig für das ZKM.

Begleitend zur Ausstellung findet an diesem Wochenende das Symposium „Renaissance 3.0“ statt, das noch von Weibel initiiert wurde. Dabei sind unter anderem Quantenphysiker und Biochemiker zu Gast sowie drei Nobelpreisträger, darunter die Biochemikerin Christiane Nüsslein–Volhard.