Partnertötung
„Häufig können potenzielle Opfer eine aufziehende Gefahr erkennen“
Baden-Württemberg / Lesedauer: 4 min

Kommt es zu einer Partnertötung, reagiert das Umfeld meist perplex und geschockt. Dabei gibt es immer wieder Anzeichen für eine drohende Tat und Instrumente diese zu verhindern, wie Polizeivizepräsident Uwe Stürmer aus Friedrichshafen im Gespräch mit Dirk Grupe erklärt.
Wenn ein Mann seine Partnerin tötet, wirkt dies zumeist wie im Affekt, wie ein plötzlicher Ausbruch der Gewalt. Kann eine Frau trotzdem im Vorfeld erkennen, dass sie sich möglicherweise in Gefahr befindet?
Menschliches Verhalten lässt sich nicht sicher voraussagen. Aber in manchen Fällen, die später eskalativ verlaufen, gibt es durchaus Warnsignale. So können aus dem früheren Verhalten gewisse Rückschlüsse gezogen werden. Ist jemand zurückliegend bereits massiv gewalttätig geworden, beispielsweise mit einem Stich- oder Schlagwerkzeug, oder hat sein Opfer gewürgt oder ihm häufig aufgelauert, besteht ein erhöhtes Risiko. Oft erfolgen Tötungen im Zusammenhang mit einem konkreten Auslöser, beispielsweise einer Sorgerechtsentscheidung, dem Auszug aus der gemeinsamen Wohnung, dem Bekanntwerden einer anderen Beziehung oder ähnlichem. Auch konkrete Bedrohungen sind darunter zu verstehen. Nicht immer, aber häufig, können potenzielle Opfer – da man sich ja gut kennt – eine aufziehende Gefahr erkennen. Wenn Frauen vor Ihren Männern Angst haben, muss dies ernst genommen werden.
Was sollte die Frau in einer solchen Lage tun, was vermeiden?
Wenn sich abzeichnet, dass der Partner extrem stark auf seine Frau fixiert und keinesfalls bereit ist, die Trennung zu akzeptieren, sollten Frauen oder betroffene Männer sich Hilfe holen. Die Beratungsstellen für von Gewalt betroffenen Frauen leisten hier wichtige Hilfe. Kommt es zur Trennung, sollten vor allem sogenannte „letzte Aussprachen“ in der Wohnung oder an abgelegenen Orten vermieden werden. Wenn eine Frau Angst hat, konkrete Drohungen ausgesprochen wurden oder andere Indizien vorliegen, dass die Trennung nicht hingenommen wird, sollten Frauen sich an die Polizei wenden. Erforderlichenfalls können Frauen bei bestimmten Anlässen begleitet oder kann auf anderem Wege Schutz organisiert werden. Der Gesetzgeber hat in den letzten Jahren viele Instrumente für Betroffene an die Hand gegeben. Beispielsweise das Gewaltschutzgesetz. Sofern kein Vertrauen in staatliche Institutionen besteht, sollten entsprechende Treffen oder Aussprachen in Begleitung der Familie oder Freunde erfolgen.
Wo genau liegt die Aufgabe der Polizei bei einer Bedrohungslage, wie geht sie vor?
Wenn es bereits zu Straftaten gekommen ist, ist es Aufgabe der Polizei, diese zu verfolgen und eine Strafanzeige an die Staatsanwaltschaft vorzulegen. Und Bedrohungen sind strafbar. Aber bereits die Abwehr von Gefahren zählt zu den mit weiteren Institutionen gemeinsamen Aufgaben der Polizei. Wir analysieren die konkrete Gefahrenlage, gehen zeitnah auf potenzielle Täter zu, verschaffen uns einen Eindruck wie diese „drauf“ sind und nehmen eine Gefährderansprache und weitere polizeiliche Maßnahmen vor. Manche lassen sich hiervon durchaus beeindrucken. Im Referat Prävention verfügen wir über einen speziell ausgebildeten Opferschutzkoordinator, der von zentraler Stelle die örtlichen Dienststellen bei entsprechenden Sachverhalten berät und sich turnusmäßig mit den Opferschutzeinrichtungen bespricht.
Können auch Nachbarn, Freunde oder Arbeitskollegen präventiv einschreiten?
Immer wieder stellen wir fest, dass Erkenntnisse über Bedrohungen oder eine drohende Eskalation zwar im Umfeld des späteren Opfers bekannt sind, aber nicht oder nur in Bruchstücken bei der Polizei ankommen. Deshalb gilt es, bei anstehenden Trennungen Hinweise auf mögliche Gewalttaten gemeinsam mit der Betroffenen nicht auf sich beruhen zu lassen, sondern Beratungsstellen und gegebenenfalls auch die Polizei einzuschalten. Wichtig ist auch, dass sich Betroffene frühzeitig ihrem Umfeld anvertrauen. Falsche Scham ist hier sprichwörtlich der falsche Weg!
Neben der Polizei braucht es vermutlich auch flankierende Institutionen, für die Frau, aber auch den Mann…
Richtig! Hier ist auch wichtig, dass Männern, die bereits übergriffig wurden, Hilfe angeboten wird. Sehr hilfreich sind hier Projekte, in denen gewalttätig gewordene Männer sich ihrer Verantwortung stellen und bereit sind, Anti-Aggressionstrainings oder psychologische oder auch therapeutische Hilfe anzunehmen. Gerade in Ravensburg haben wir in den letzten Jahren mit der Männerberatungsstelle, mit der wir als Polizei eng zusammenarbeiten, sehr gute Erfahrungen gemacht. Aber auch Öffentlichkeitsarbeit über die Medien zur Sensibilisierung ist ein wichtiger Baustein zum Schutz Gefährdeter.