Fremdsprache
Keine Fremdsprache mehr für Erstklässler in Baden-Württemberg
Ravensburg / Lesedauer: 2 min

Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) verlegt den Einstieg in die erste Fremdsprache zum neuen Schuljahr auf die dritte Klasse. Dafür sollen Stunden für Lesen, Schreiben und Rechnen in den beiden ersten Klassen geschaffen werden. Englisch und auf der Rhein-Schiene Französisch wird erst vom dritten Schuljahr an gelehrt.
Grundschüler sollen jetzt insgesamt vier Stunden mehr Mathe- und Deutschunterricht erhalten als im Schuljahr 2015/16. Hinzu kommen - beginnend mit jeweils zwei Stunden für alle ersten Klassen - insgesamt vier zusätzliche Poolstunden, vor allem für die individuelle Förderung in Deutsch und Mathematik. Die Entscheidung der Kultusministerin sorgt bei Experten für geteilte Meinungen.
Erst die deutsche Sprache beherrschen
„Die gewonnene Zeit ist sehr gut investiert im Bereich der deutschen Sprache“, betont, Henning Lobin , Leiter des Instituts für Deutsche Sprache in Mannheim. Beim frühen schulischen Zweitsprachenerwerb ginge man von der These aus, dass Deutsch schon beherrscht werde. Heute bestehe darüber keine Gewissheit mehr. „Es kann zu Verwirrung führen, wenn Migrantenkinder die deutsche Sprache noch nicht können, aber mit einer weiteren Sprache beginnen sollen.“ Voraussetzung für den Fremdsprachenerwerb sei, die deutsche Sprache möglichst gut zu beherrschen. Ansonsten sollten junge Migranten nicht mit einer neuen Sprache anfangen.
Der Anglist Holger Hopp hingegen hält die Verschiebung nicht für gerechtfertigt. „Man gibt hier vorschnell Potenziale des frühen Fremdsprachenunterrichts auf, um Deputate zu verschieben“, sagt der Professor für Englische Sprachwissenschaft von der Technischen Universität Braunschweig. Ein Deputat entspricht einer Lehrerstelle.
Studien bestätigen gute Ergebnisse für frühes Lernen
Das Ministerium verkenne die Effekte des frühen Fremdsprachenerwerbs, wenn er von qualifizierten Lehrern vermittelt werde. Die Hoffnung, dass der Wegfall des frühen Einstiegs sich langfristig nicht bemerkbar mache, sei zwar bei bislang mäßiger Unterrichtsqualität verständlich. Aber Studien etwa in den Niederlanden und in deutschen bilingualen Grundschulen zeigten, dass früher Fremdsprachenunterricht mit altersgerechten Materialien zu guten Ergebnissen führe.
Mit ihrer Qualitätsoffensive will Kultusministerin Eisenmann die Schüler im Südwesten wieder zu den besten in Deutschland aufschließen lassen. Dazu gehört auch die Verschiebung des Fremdsprachen-Unterrichts von der ersten auf die dritte Klasse. Das spielerische Lernen war für die ehemalige Kultusministerin Annette Schavan ( CDU ) der Grundgedanke bei der Einführung der ersten Fremdsprache ab Klasse 1 im Schuljahr 2003/04 — Französisch an der Rhein-Schiene, Englisch im Rest des Landes.