Fluglärm
Fluglärm und Steuerabkommen: Kretschmann auf heikler Mission in der Schweiz
Stuttgart / Lesedauer: 3 min

Schwäbische.de
Der erbitterte Streit über Fluglärm und das Steuerabkommen belasten die Schweiz-Reise von Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) an diesem Montag. Die Opposition und der Steuerzahlerbund forderten Kretschmann auf, dem Abkommen mit den Eidgenossen im Bundesrat zuzustimmen. Der Grüne bemängelt, deutsche Steuerbetrüger kämen mit dem Abkommen zu billig davon. Kretschmann will bei den politischen Gesprächen mit der Schweizer Regierung in Bern auf Nachbesserungen dringen. Neben des Konflikts über den Fluglärm könnte die neu entfachte Diskussion über deutsche Arbeitskräfte in der Schweiz Thema des Besuchs sein.
Die Opposition setzte den Regierungschef beim Steuerabkommen unter Druck. „Mit jedem weiteren Tag schreiten die Verjährungen voran und Baden-Württemberg verliert Geld“, sagte CDU-Fraktionschef Peter Hauk am Sonntag der Nachrichtenagentur dpa in Stuttgart. Man könne die Amnestie für Steuerbetrüger beklagen, doch insgesamt sei das von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble ( CDU ) ausgehandelte Abkommen fair. Der FDP-Fraktionsvorsitzende Hans-Ulrich Rülke sagte, die Alternative sei, „dass man gar nichts kriegt“. Der Steuerzahlerbund empfahl den von SPD und Grünen regierten Ländern, dem Abkommen „zähneknirschend“ zuzustimmen.
Nach dem Abkommen soll auf illegal in die Schweiz geschafftes Altvermögen einmalig eine Pauschalsteuer zwischen 21 und 41 Prozent anonym an den deutschen Fiskus überwiesen werden. Nach Berechnungen der Bundesregierung kann Baden-Württemberg mit einem Ertrag von bis zu 1,3 Milliarden Euro rechnen. Das Stuttgarter Finanzministerium hält diese Zahl jedoch für spekulativ, weil niemand genau wissen könne, wie viel deutsche Gelder tatsächlich in der Schweiz liegen. Sicher wäre nur die Garantiezahlung der Schweizer Banken in Höhe von rund 1,6 Milliarden Euro. Davon würde der Südwesten ungefähr 260 Millionen Euro bekommen.
Hauk erwartet, dass mehr Anleger wegen der Anpassung der Abgeltungssteuer in der Schweiz ihr Kapital in Deutschland anlegen. Für Baden-Württemberg könne das ein jährliches Steuerplus von bis zu 100 Millionen Euro bedeuten. Der CDU-Fraktionschef forderte Kretschmann auf, sich seinen Kurs nicht vom Koalitionspartner SPD diktieren zu lassen.
Es sei offensichtlich, dass SPD-Finanzminister Nils Schmid von der Opposition im Bund gesteuert werde. „Wer sich an die Leine von Berlin legt, handelt nicht im Sinne des Landes“, kritisierte der CDU-Politiker. Es sei positiv, dass die Grünen bereits gewisse „Lockerungsübungen“ machten. In der Tat hatte Kretschmann vor kurzem erklärt, Baden-Württemberg habe sich noch nicht auf ein Nein im Bundesrat festgelegt.
Finanzminister Schmid hatte am Freitag erklärt, das Abkommen sei nicht zustimmungsfähig. Das werde auch bis zur NRW-Wahl so bleiben. Baden-Württemberg sei aber offen für weitere Gespräche. Rülke sagte: „Ich bin sicher, dass die Landesregierung nach der NRW-Wahl zulangt - zu verlockend sind 1,3 Milliarden bis 1,5 Milliarden Euro.“ Auch der Bund der Steuerzahler rechnet damit, dass die Front der Kritiker nach den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen bröckelt. „Das ist reine Wahlkampftaktik.“ SPD und Grüne würden „am Ende doch mitmachen“, meinte der Verbandsvize Zenon Bilaniuk.
Neben dem Steuerabkommen will Kretschmann in Bern die Reduzierung der Schweizer Flüge über Süddeutschland besprechen. Auf dem Weg zum Flughafen Zürich fliegen die meisten Maschinen über den Schwarzwald und die Region am Bodensee. Deutschland und die Schweiz wollten bis zum Sommer einen Fluglärm-Staatsvertrag aushandeln, doch schon in der zweiten Verhandlungsrunde wurden die Gespräche abgebrochen.