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Windpark im Altdorfer Wald

FDP wirft Grünen wegen „Unfähigkeit“ in Energiepolitik vor

Baden-Württemberg / Lesedauer: 4 min

„Kommunikationschaos und Kooperationsboykott kommen vom Kretschmann–Kabinett“ — mit scharfen Worten kritisiert die FDP die Vorgänge um den Windpark im Altdorfer Wald.
Veröffentlicht:18.03.2023, 08:00

Von:
  • Katja Korf
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Einer der größten geplanten Windparks in Baden–Württemberg wäre fast gescheitert, weil Bundeswehr–Hubschrauber über dem Areal im Altdorfer Wald üben sollten. Die FDP wirft der Landesregierung schwere Versäumnisse in der Sache vor.

„Der Fall ‚Altdorfer Wald‘ steht stellvertretend für die von Unwissenheit und Unfähigkeit getriebene Energiepolitik der grün–schwarzen Landesregierung“, sagte Frank Bonath, energiepolitischer Sprecher der Landtags–FDP der „Schwäbischen Zeitung“.

Kommunikationschaos und Kooperationsboykott kommen vom Kretschmann–Kabinett.

Hans Dieter Scheerer

Sein Fraktionskollege Hans Dieter Scheerer urteilt: „Kommunikationschaos und Kooperationsboykott kommen vom Kretschmann–Kabinett — genauer: vom grün–geführten Umweltministerium.“

Wie ist die Ausgangslage?

Um den Windkraft–Ausbau in Baden–Württemberg voranzutreiben, haben Grüne und CDU große Flächen in den landeseigenen Wäldern für den Bau von Windrädern vorgesehen. Darunter ist ein großes Areal im Altdorfer Wald (Kreis Ravensburg). Zusammen mit einer Fläche des fürstlichen Hauses Waldburg–Wolfegg–Waldsee stehen rund 2000 Hektar zur Verfügung.

Den Zuschlag für Bau und Betrieb haben die Stadtwerke Ulm/Neu–Ulm (SWU) bekommen. Dort sollen sich bis zu 40 Räder drehen, voraussichtlich mit Gesamthöhen von rund 285 Metern. Wird alles abgesegnet, sollen sich 2029 sollen sich die ersten Rotoren drehen.

Welche Konflikte gab es zwischen Windrad–Planung und Bundeswehr–Flügen?

Die Bundeswehr muss naturgemäß für Einsätze üben. Wo genau die jeweiligen Flugrouten verlaufen, unterliegt aus Sicherheitsgründen der Geheimhaltung. Klar ist aber: In einem drei Kilometer brieten Korridor dürfen sich keine Windräder drehen, diese würden eine zu große Gefahr für Maschinen und Besatzungen bedeuten. Das betrifft unter anderem Teile Oberschwabens. Grund ist das in Laupheim stationierte Hubschrauber–Geschwader. Eine der Übungsrouten verläuft über den Altdorfer Wald.

Laut Bundeswehr war das schon lange so, die Routen wurden aber eine zeitlang nicht genutzt. Sie seien dann wieder reaktiviert und die entsprechenden Karten aktualisiert worden. Erst im Januar gab die Bundeswehr grünes Licht — die geplanten Windanlagen gefährden zumindest die Windrad–Planungen der SWU nicht. Das Land dagegen warf der Bundeswehr vor, nicht ausreichend über ihre Pläne informiert zu haben.

Wer erfuhr von wem über diese Probleme — und wann?

Das war lange unklar. Aufgrund der Berichterstattung der „Schwäbischen Zeitung“ fragte die FDP beim Umweltministerium offiziell nach den genauen Abläufen. Nun liegen die Antworten vor. Als die Landestochter ForstBW die Flächen im Wald ausschrieb, so heißt es in dem Dokument, „bestand keine Kenntnis über die Betroffenheit durch die Hubschraubertiefflugstrecken. Eine direkte Kontaktaufnahme mit dem Bundeswehrstandort Laupheim bzw. mit der Pressestelle der Bundeswehr seitens ForstBW im August 2021 blieb unbeantwortet“.

Im April ging demnach ein Schreiben der Bundeswehr im Umweltministerium in Stuttgart ein. Allerdings mit dem Hinweis, die Daten dürften noch nicht weitergegeben werden. Im September 2022 habe die Bundeswehr dann der Weitergabe der Daten zugestimmt, die Landesanstalt für Umwelt arbeitete die Informationen in Windkraft–Planungskarten ein. Im Oktober wurden die Probleme öffentlich.

Damals schrieb Baden–Württembergs Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) Briefe an die Bundesressortchefs für Wirtschaft, Robert Habeck (Grüne) und Verteidigung, damals noch Christine Lambrecht (SPD). Sie beklagte, dass nicht nur der Altdorfer Wald, sondern insgesamt elf Prozent der Landesfläche durch die Übungsrouten für Windrädern gesperrt seien und bat um Unterstützung. Danach begann dann ein Austausch verschiedener Stellen. Bis die Bundeswehr Anfang des Jahres ihr „Ok“ zum Altdorfer Wald gab. Die Bundeswehr hatte auf Nachfrage betont, die Flugrouten seine zwar im Detail geheim.

Allerdings gebe es die Möglichkeit zu informellen Voranfragen, es stehe sogar ein Formular dazu im Internet bereit. Dazu heißt es aus dem Ministerium: „ForstBW war das Formular bisher nicht bekannt.“ Mittlerweile habe man es geprüft und halte es ohnehin nicht für sinnvoll nutzbar für konkrete Anfragen. ForstBW gehört zum Zuständigkeitsbereich von Agrarminister Peter Hauk (CDU).

Zu welchen Schlüssen kommt die FDP?

„Seit Frühjahr 2022 sind relevante Informationen zu den Flugrouten der Bundeswehr und damit eindeutige Hinweise auf potenzielle Planungsprobleme bei dem im Altdorfer Wald geplanten Windpark–Projekt unbeachtet geblieben“, moniert Energiepolitiker Bonath. Erst ein halbes Jahr später habe das Umweltministerium „in hektischem Aktionismus“ Briefe verschickt. „Statt sich öffentlichkeitswirksam über altbekannte Informationen zu empören“, hätte man frühzeitig die bestehenden Kommunikationskanäle nutzen müssen.

Mit ihrem unprofessionellen Verhalten schadet Grün–Schwarz der Energiewende und riskiert die im windschwachen Baden–Württemberg ohnehin dürftige Bürgerakzeptanz für Windkraft–Projekte.

Frank Bonath

Der bundeswehrpolitische Sprecher der Liberalen Hans Dieter Scheerer wirft der Landesregierung vor, die Streitkräfte zum Sündenbock gemacht zu haben: „Wohl um über die eigene Unfähigkeit hinwegzutäuschen, hat die Landesregierung seither wiederholt die Arbeitsfähigkeit und -willigkeit der Bundeswehr infrage gestellt und damit wertvolles Vertrauen in der Truppe verspielt. Dass aber die bereits bestehenden Kommunikationskanäle mit der Bundeswehr ungenutzt blieben, Bundeswehr–Formulare der Landesregierung nicht bekannt waren und öffentliche Briefe offenbar nur der eigenen Profilierung dienten, wurde dabei gezielt außen vor gelassen.“