StartseiteRegionalBaden-WürttembergKaum Entlastung fürs Grundwasser: Der viele Regen verleitet zum Trugschluss

Verregnetes Frühjahr

Kaum Entlastung fürs Grundwasser: Der viele Regen verleitet zum Trugschluss

Region / Lesedauer: 5 min

Der Winter zu trocken, März und April zu nass. Die Annahme, das wäre gut fürs Grundwasser, ist so einfach nicht haltbar. Antworten vom Experten.
Veröffentlicht:10.05.2023, 14:51

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Der Grundwasserpegel bereitet Experten immer wieder Kopfzerbrechen. Geringe Niederschläge in den vergangenen Jahren, lange trockene Perioden, kaum Schmelzwasser aufgrund ausbleibender Schneefälle im Winter und dazu überdurchschnittlich heiße Sommer haben in den letzten Jahren das Grundwasser in einigen Regionen massiv reduziert und die Pegel an vielen Orten in der Region sinken lassen.

Aktuell werden bei der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg drei Orte in der Region gelistet, an denen die Grundwasservorräte unterdurchschnittlich sind und deren Tendenz weiter rückläufig ist. Das ist an den Messstellen im Tettnanger Wald, am Egelsee in Tannheim (Landkreis Biberach) und im Gewann Hohe Schwärze bei Niederstotztingen der Fall. Kritisch eingestuft, aber stabil, wird die Lage von der Landesanstalt zudem bei Pfullendorf und in Weidenstetten im Alb-Donau-Kreis.

Die Karte auf der Webseite der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg listet alle Grundwassermessstellen im Land auf.
Die Karte auf der Webseite der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg listet alle Grundwassermessstellen im Land auf. (Foto: Schwäbische.de)

Für Ende April kommt die Behörde zu dem Schluss, dass die Grundwasserstände im Südwesten auf unterdurchschnittlichem Niveau sind.

Wahrnehmung versus Wirklichkeit

Die subjektive Wahrnehmung kann aber zu einer gegenteiligen Annahme führen: Die langanhaltenden Niederschläge der letzten Wochen - sowohl der März als auch der April werden von Wetterexperten als überdurchschnittlich nass bezeichnet - lässt schnell ein anderes Bild in den Köpfen entstehen. Man könnte vermuten, dass die Wettersituation auch dem Grundwasserpegel zugutekommt und trockene Böden und Waldbrandgefahr zumindest für dieses Jahr in Vergessenheit geraten lässt.

In Teilen deckt sich das sogar mit der Prognose der Landesanstalt. Im aktuellen Zustandsbericht ist zu lesen: „Großräumige Engpässe in der Wasserversorgung sind aufgrund der aktuellen Beobachtungen in den kommenden Monaten unwahrscheinlich.‟ Jedoch kann von Entspannung keine Rede sein.

Zwar hat sich die Bodenfeuchte seit einigen Monaten stabilisiert und die Voraussetzungen für den Grundwasserneubildungsprozess sind nach wie vor günstig. Doch mit wärmeren Temperaturen und dem dadurch erhöhten Wasserbedarf von Pflanzen und Bäumen, könnte dieser Prozess zu Beginn des hydrologischen Sommerhalbjahres im Mai schnell abklingen. Wenn es also wärmer wird und der Regen ausbleibt, steigen auch die Grundwasserpegel nicht weiter an.

Zumindest mal bis Mitte Mai vergeht kaum ein Tag ohne Regen.

Roland Roth

Ähnlich sieht das Roland Roth von der Wetterwarte Süd in Bad Schussenried im Gespräch mit Schwäbische.de. Von den langanhaltenden Niederschlägen lässt sich seiner Meinung nach kein Rückschluss auf eine Erholung des Grundwasserpegels schließen.

Ungleiche Verteilung: Die Niederschlagsdatenbank der Wetterwarte Süd zeigt große Unterschiede bei den Jahreswerten des Niederschlags im Jahr 2022.
Ungleiche Verteilung: Die Niederschlagsdatenbank der Wetterwarte Süd zeigt große Unterschiede bei den Jahreswerten des Niederschlags im Jahr 2022. (Foto: Schwäbische.de/ Wetterwarte Süd)

Der Meteorologe will hier keine Prognose abgeben und verweist auf die Wasserämter. Roth gibt aber zu Bedenken, dass zwar jeder Liter Regen der Natur zugutekäme, jedoch müsse man sich dabei auch die Verteilung des Niederschlags genau betrachten.

Flächendeckender Regen eher die Ausnahme

Um eine vollständige Erholung des Grundwasserpegels zu erreichen, braucht es langen und gleichmäßigen Regen. Regen gab es in den letzten Wochen zwar hin und wieder, doch häufig fiel er in Form von Schauern oder Gewittern, die den Niederschlag sehr ungleichmäßig übers Land verteilen. Während es an manchen Orten kaum bis gar nicht geregnet hat, kamen anderenorts bis zu 40 Liter Regen auf den Quadratmeter innerhalb kürzester Zeit.

Zudem sorgt der Regen zwar für gut durchfeuchtete Oberböden, doch das bereitet wiederum neue Probleme. Vor allem die Landwirte leiden unter dem anhaltend nassen Wetter. Diese bräuchten aktuell eine längere Trockenphase von drei bis fünf Tagen, um die ersten Schnitte auf den Wiesen für die Einlagerung von Silage-Gras zu machen. Da hat Roth aber wenig Hoffnung: „Zumindest bis Mitte Mai vergeht kaum ein Tag ohne Regen. Eine längere trockene Phase ist für die Region zum jetzigen Zeitpunkt nicht absehbar.‟

Auch in puncto Waldbrandgefahr will sich der Experte nicht aus dem Fenster lehnen. Welche Folgen das feuchte Wetter auf die regionale Waldbrandgefahr im Sommer hat, könne man zum jetzigen Zeitpunkt nicht seriös beantworten, so Roth.

So wird das Wetter rund um die Eisheiligen

Eines aber gilt schon jetzt als gesichert: Rund um die Eisheiligen, vom 11. bis 15. Mai, bleibt das Wetter weiter unbeständig. Die Schneefallgrenze liegt dann um die 2500 Meter, was den höheren Lagen in den Alpen weiteren Schnee bescheren dürfte. Das wiederum hat Auswirkungen auch auf unser Grundwasser.

Schneebedeckte Gipfel in den Alpen kommen einem Reservoir an Wasservorrat gleich. Gut ablesen kann man das am Pegel des Bodensees, so Roth:

Der Bodensee ist derzeit gut gefüllt, sodass es aus heutiger Sicht in diesem Sommer keine Wasserknappheit wie 2022 geben dürfte.

Roland Roth

Betrachtet man die Daten der Landesanstalt für Umwelt und stellt die Niederschlagsmengen der letzten Wochen und Monate gegenüber, lässt das den Schluss zu, dass die Regenmengen zwar nicht nur ein Tropfen auf den berühmten heißen Stein sind. Sie reichen aber auch nicht gänzlich aus, um für landesweite Entspannung zu sorgen, da es regional bei den Regenmengen eben große Unterschiede gibt. Die Lage, so Roth, müsse einfach weiter beobachtet werden.