Beschleunigte Planung
Diese Autobahnen will der Südwesten schneller ausbauen
Ravensburg / Lesedauer: 5 min

Ulrich Mendelin
Der Bundesverkehrsminister drückt beim Autobahnbau aufs Tempo: Bis zum Wochenende will Volker Wissing (FDP) von den Landesregierungen wissen, welche Ausbauvorhaben unter das sogenannte Planungsbeschleunigungsgesetz fallen sollen.
Die Ampel–Koalition in Berlin hatte sich Ende März darauf verständigt, bestimmte Stauschwerpunkte und Engpässe schneller zu beseitigen. Der Bund hatte dazu eine Liste mit 144 Projekten vorgelegt. 12 davon befinden sich in Baden–Württemberg, 23 in Bayern. Nun geht es darum, für welche der gelisteten Projekte die Länder ihr Einverständnis erteilen. Die bayerische Regierung hat sämtliche Projekte angemeldet, das Stuttgarter Verkehrsministerium hingegen gab dazu bis Freitagnachmittag keine Stellungnahme ab. Der Abstimmungsprozess laufe noch, hieß es.
Drei Autobahnen im Südwesten
Die hohe Zahl von bundesweit 144 Ausbauvorhaben erklärt sich dadurch, das oft viele zusammenhängende Teilprojekte einzeln aufgelistet sind. Im Südwesten geht es um die Autobahnen A5, A6 und A8. Die A6 soll zwischen Kreuz Mannheim und Schwetzingen sowie zwischen Kreuz Weinsberg und der Grenze zu Bayern durchgängig dreispurig werden, ebenso wie die A5 zwischen Heidelberg und Walldorf. Eine vierte Fahrspur je Richtung ist für die A8 zwischen Kreuz Stuttgart und Wendlingen vorgesehen.
Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) hatte nach Bekanntwerden der Liste zunächst keine grundsätzlichen Einwände erhoben. „Die Projekte für Baden–Württemberg sind überschaubar und zum großen Teil nötig beziehungsweise sinnvoll“, so Hermann Ende März zur „Schwäbischen Zeitung“.
Zähneknirschen bei den Bundes–Grünen
Im Bund tragen die Grünen die Ausbaupläne allerdings nur zähneknirschend mit. Eigentlich wollte die Partei schnellere Planungsverfahren nur für die Schiene erlauben, konnte sich damit aber nicht durchsetzen. Nach dem entsprechenden Beschluss der Koalition deutete Parteichefin Ricarda Lang an, einzelne Projekte könnten auf Landesebene noch gekippt werden. Die Planung werde „nur dann beschleunigt, wenn die zuständigen Länder sagen: Wir wollen das“, sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Sehr wahrscheinlich werden nicht alle dieser 144 Autobahnprojekte am Ende beschleunigt gebaut.“
Auch Gudula Achterberg, Sprecherin für Straßeninfrastruktur der Grünen–Landtagsfraktion, sagt: „Uns tut jeder Autobahn–Ausbau weh.“ Vorbehalte hat sie vor allem gegen eine vierte Fahrspur für die A8 im Raum Stuttgart. Die Stauprobleme dort könne man auch lösen, indem man in Spitzenverkehrszeiten den Standstreifen freigibt, statt einen vierten Fahrstreifen neu zu bauen. „Zumindest sollte man die Idee prüfen, das wäre auch wesentlich kostengünstiger.“
Lob für die Autobahn GmbH
Anders bewertet Achterberg die Lage an der A5 und A6. Dort sei klar: „Um Unfälle zu vermeiden, sollte ein Ausbau erfolgen.“
Achterberg lobt außerdem die Autobahn GmbH des Bundes, die sich gerade mit Blick auf die A6 bei Weinsberg bemühe, den Eingriff in die Natur möglichst gering zu halten. So würden an den Rastanlagen die Parkplätze nicht erweitert, stattdessen setze man auf intelligente Parksysteme. Das reduziere den Flächenverbrauch.
Bayern meldet alles an
Anders als in Baden–Württemberg musste die Regierung in Bayern nicht lange mit sich ringen. 23 Projekte in Bayern stehen auf Wissings Liste. „Der Freistaat Bayern wird alle diese Projekte für das Planungsbeschleunigungsgesetz anmelden“, teilte ein Sprecher von Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) mit.
Das betrifft unter anderem den Ausbau der chronisch überlasteten A8 München–Salzburg, aber auch die A3 bei Regensburg und einige Autobahnabschnitte rund um München.
Kritik aus der CDU Südwürttemberg
Derweil gibt es aus der CDU in Oberschwaben kritische Stimmen zu Wissings Auswahl, welche Projekte beschleunigt werden könnten. Es profitierten nur die Metropolregionen, kritisiert Christian Natterer, der den Arbeitskreis Verkehr der CDU in Württemberg–Hohenzollern leitet. „Der ländliche Raum hat von der Planungsbeschleunigung nichts, das gilt für Südwürttemberg und genauso für Südbaden.“
Den Grund dafür sieht Natterer darin, dass nur Autobahnen, aber keine Bundesstraßen berücksichtigt werden. Diese würden in der Region aber die Hauptverkehrslast tragen. Die B 31 am Bodensee, die B 30 Friedrichshafen–Ravensburg und bei Bad Waldsee, die B27 auf der Schwäbischen Alb und die B 311 Nordtrasse von Sigmaringen im Zuge der Achse Ulm–Freiburg hätte Wissing in seine Liste aufnehmen sollen, kritisiert Natterer.
Auch bei den Autobahnen wären alle Projekte, von denen Südwürttemberg etwas hätte, unberücksichtigt geblieben; „Das gilt für den Albaufstieg der A8 und auch für den Ausbau der A7 zwischen Memmingen und Hittistetten.“
A7 als wichtige Nord–Süd–Achse
Letzteres ist auch Bayerns Verkehrsminister Bernreiter ein Dorn im Auge. Die A7 sei eine wichtige Nord–Süd–Achse und „chronisch überlastet“ und müsse dringend ausgebaut werden, so Bernreiters Sprecher.
Dass der Süden Baden–Württembergs nicht von der Planungsbeschleunigung profitiere, will der oberschwäbische FDP–Bundestagsabgeordnete Benjamin Strasser indes so nicht stehen lassen. A5, A6 und A8 seien wichtige Achsen, die „selbstverständlich auch den ländlichen Räumen“ dienten. „Da das überragende öffentliche Interesse im Einvernehmen mit den Bundesländern festgestellt werden soll, kann die CDU in Baden–Württemberg zeigen, wie ernst es ihr mit Planungsbeschleunigung zusammen mit ihrem grünen Koalitionspartner im Land ist“, so Strasser. Die FDP setze sich für die Planungsbeschleunigung in allen Bereichen ein — „auch bei den Bundesstraßen“.