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Kostenprognose

Darum geht es bei Stuttgart 21

Stuttgart / Lesedauer: 4 min

Heute informiert der Bahnvorstand über neue Kostenprognosen
Veröffentlicht:12.12.2012, 08:40

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Mitte der 90er-Jahre wurde Stuttgart 21 mit Kosten von rund fünf Milliarden Mark geplant. Nun wird das Projekt vermutlich mehr als das Doppelte kosten. Heute will der Bahnvorstand seinen Aufsichtsrat in Berlin über neue Kostenprognosen informieren. Die Schwäbische Zeitung erklärt noch einmal die wichtigsten Punkte zu Stuttgart 21:

Was wird für heute erwartet?

Der Aufsichtsrat tagt ab 10 Uhr im Tower am Potsdamer Platz in Berlin. Dabei soll es auch um Kostensteigerungen bei Stuttgart 21 gehen. Bisher sind die Projektpartner – Bahn, Bund, Land, Stadt und Region – von maximal 4,562 Milliarden Euro ausgegangen. Nun ist die Rede von bis zu zehn Milliarden Euro.

Woher kommen die Kostensteigerungen?

Die Mehrkosten sollen unter anderem durch die Schlichtung entstanden sein, durch Verzögerungen beim Bau aufgrund von Protesten und Fehlern bei der Bahn sowie die geplante Verbesserung am Flughafenbahnhof. Allein die zusätzlichen Kosten beim Flughafen beziffert die Bahn auf 224 Millionen Euro.

Bleibt das Projekt für die Bahn wirtschaftlich?

Bahnchef Rüdiger Grube hatte 2009 erklärt, dass S 21 nur bis zu Kosten in Höhe von 4,77 Milliarden Euro für die Bahn wirtschaftlich ist. Peter Reinhart , Verkehrswissenschaftler von der Technischen Universität Dresden, sagt: „Die Wirtschaftlichkeitsberechnung verschiebt sich in dem Moment, wenn Kosten angefallen sind.“ Die 4,77 Milliarden Euro würden heute nicht mehr als Grenze gelten. Zudem bestünde die Alternative nicht, dass die Bahn „hinwirft und dann keinen Cent mehr ausgibt“. Allein die Planungskosten sollen bei einer halben Milliarde Euro liegen. Vermutlich alles, was bereits entstanden ist, müsste wieder zurückgebaut werden. Claus Schmiedel, SPD-Fraktionsvorsitzender im Landtag und Projektbefürworter, sieht die Ausstiegskosten für S 21 bei rund drei Milliarden Euro. Die Gegner des Projektes sprechen dagegen von Kosten in Höhe von 400 Millionen Euro.

Gibt es Alternativen?

Die Projektgegner verweisen gern auf die Möglichkeit eines Kopfbahnhofes plus. Allerdings gibt es dafür bisher keine umfassenden Pläne. Verkehrsexperte Reinhart geht davon aus, dass nur eine Sanierung des alten Bahnhofes eine günstigere Alternative wäre. Sollten die Projektpartner dagegen weiter an einer Verbesserung des Bahnknotens Stuttgart interessiert sein, unter anderem mit einer Fernverkehrsanbindung des Flughafens, dann lägen die Kosten auch ohne einen Tiefbahnhof ähnlich hoch, glaubt Reinhart.

Würde der Bau der Schnellbahnstrecke Wendlingen-Ulm ohne S 21 noch sinnvoll sein?

Eingeschränkt. Ohne S 21 gäbe es keinen Ausbau der Strecke von Stuttgart bis Wendlingen. Die Züge müssten bis Wendlingen langsamer fahren und könnten dann erst beschleunigen. Insgesamt soll der Ausbau zusätzlich zu S 21 nochmals 2,89 Milliarden Euro kosten. 1,9 Milliarden Euro davon will der Bund übernehmen. Die Bahn rechnet durch S 21 und die Schnellbahnstrecke mit einem Fahrtzeitgewinn zwischen Stuttgart und Ulm von 27 Minuten. Dies wären dann 28 statt 55 Minuten. Ohne S 21 aber mit Schnellbahnstrecke würde Verkehrsexperte Reinhart von 40 bis 45 Minuten Fahrtzeit ausgehen.

Was würde der S-21-Ausstieg für den ländlichen Raum bedeuten?

Die Bahn verspricht einige Vorteile durch S 21: So soll der Regionalverkehr deutlich ausgeweitet werden, weil durch den neuen Bahnhof zu Spitzenzeiten fast eineinhalb mal so viele Züge fahren sollen wie heute. Außerdem könnten die Züge zwischen Ulm und Stuttgart auf insgesamt vier Gleisen verkehren, auf den alten und den neuen. So soll dann ab 2020 beispielsweise der Bahnreisende von Biberach nach Stuttgart auch im Regionalverkehr statt eine Stunde und 36 Minuten im Zwei-Stunden-Takt nur noch eine Stunde und eine Minute brauchen – und stündlich fahren können. Allerdings sind hier schon die Verbesserungen durch die geplante Elektrifizierung der Südbahn eingeplant. Der Bahnreisende, der von Sigmaringen nach Aalen will, soll statt nur alle zwei Stunden jede Stunde fahren können und bei dieser Verbindung neun Minuten einsparen.

Was würde der Ausstieg für die Landeshauptstadt bedeuten?

Neben den erhofften Verbesserungen im Zugverkehr war das entscheidende Argument für die Planung von S 21, dass die Gleisflächen in der Stuttgarter Innenstadt frei werden. Dabei geht es um rund 100 Hektar, einer Fläche, die 150 Fußballfeldern entspricht. In der Landeshauptstadt gibt es einen massiven Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Die Stadt hat die Fläche bereits für 424 Millionen Euro gekauft. Sie möchte 20 Hektar dem bereits bestehenden Rosensteinpark zuschlagen. Auf den restlichen 80 Hektar soll das neue Rosensteinquartier entstehen mit familien- und altersgerechtem Wohnen. Die Bürger sollen bei den Planungen mitwirken.