Das Innenministerium Baden-Württemberg hat im vergangenen Jahr 68 Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte registriert (2014: 21), darunter acht Brandanschläge. In elf Fällen konnte die Polizei mindestens einen Tatverdächtigen ermitteln.
In den Jahren 2011 und 2012 hatte das Ministerium keine Straftaten im Zusammenhang mit Asylunterkünften erfasst, 2013 lag die Zahl bei vier, im Jahr drauf bei 21 Übergriffen.
Laut Rüdiger Felber, Pressereferent bei der Landesstabsstelle für Flüchtlingsunterbringung, haben die Ermittler im vergangenen Jahr bei 61 Vorfällen eindeutig ein politisches Motiv erkannt. "Die Täter hatten rechtes Gedankengut." Bei den restlichen Übergriffen konnte nicht zweifelsfrei festgestellt werden, ob die Taten politisch motiviert waren.
Was bedeutet "politisch motiviert"?
Grundsätzlich werden Straftaten als politisch motiviert erfasst, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie der Erreichung oder Verhinderung politischer Ziele dienen, gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung oder gegen eine Person wegen ihrer politischen Einstellung, Nationalität, Volkszugehörigkeit, Rasse, Hautfarbe, Religion, Weltanschauung, Herkunft oder aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes, ihrer Behinderung, ihrer sexuellen Orientierung oder ihres gesellschaftlichen Status gerichtet sind. Außerdem muss die Tathandlung damit im Kausalzusammenhang stehen bzw. sich in diesem Zusammenhang gegen eine Institution/Sache oder ein Objekt richten.
Darüber hinaus werden auch Straftaten als politisch motiviert erfasst, wenn Tatbestände der (echten) Staatsschutzdelikte gemäß §§ 80-83, 84-86a, 87-91, 94-100a, 102-104a, 105-108e, 109-109h, 129a, 129b, 234a oder 241a StGB erfüllt sind, selbst wenn im Einzelfall eine politische Motivation nicht festgestellt werden kann.
Der aktuelle Fall in Villingen-Schwenningen
In der Nacht auf Freitag haben Unbekannte einen Anschlag mit einer Handgranate auf eine Flüchtlingsunterkunft in Villingen-Schwenningen verübt.
Nach dpa-Informationen landete eine scharfe Handgranate in der Nacht zum Freitag auf dem Gelände der sogenannten bedarfsorientierten Erstaufnahmestelle im Schwarzwald-Baar-Kreis. Der Sicherheitssplint war gezogen, die Granate explodierte jedoch nicht. Menschen kamen nicht zu Schaden.
Flüchtlinge gerettet
Ein Sicherheitsmann bemerkte die Granate gegen 1.30 Uhr auf dem Boden und alarmierte die Behörden. Die Polizei sperrte das Gelände und angrenzende Straßen weiträumig ab. Die Granate wurde von Entschärfern gesprengt.
Derzeit suchen Ermittler die Umgebung des Tatorts nach Beweisen ab, wie ein Polizeisprecher mitteilte. Einzelheiten wollte die Polizei im Laufe des Vormittages mitteilen.
In der Unterkunft sind rund 170 Flüchtlinge untergebracht. Eine Sonderkommission hat die Ermittlungen übernommen.