Ausbreitung der Geflügelpest
Abschuss freigegeben: Jagd auf Füchse steht in der Kritik
Ravensburg / Lesedauer: 5 min

Yannick Rehfuss
Die Geflügelpest breitet sich weiter aus. Nun wurden in Niedersachsen zum ersten Mal auch bei Füchsen das H5N1–Virus nachgewiesen. Zwar scheint nach derzeitigem Kenntnisstand keine Gefahr für den Menschen zu bestehen.
Soll dennoch die Jagd auf den Fuchs forciert werden? Ja, sagt Baden–Württembergs Jagdverband, den sie trage dazu bei, die Ausbreitung von Krankheiten zu verhindern. Die Tierschutzorganisation Peta sieht das gänzlich anders — und fordert die baden–württembergische Landesregierung auf, die Jagd zu beenden.
Relative Mehrheit gegen Fuchsjagd
Lange Zeit befürwortete eine Mehrheit der Bevölkerung die Jagd. Doch das scheint sich zu ändern. Bei einer aktuellen Insa–Umfrage gaben 38 Prozent der 2008 Befragten an, dass sie gegen die Fuchsjagd seien. 32 Prozent waren dafür. Vor vier Jahren hatten in einer Forsa–Umfrage noch 29 Prozent angegeben, gegen die Fuchsjagd zu sein. Beinahe die Hälfte (49 Prozent) hielt damals die Fuchsjagd für sinnvoll. Beide Umfragen wurden von der Peta in Auftrag gegeben.
Diese fordert nun die baden–württembergische Landesregierung auf, Füchse und andere Tiere von der Liste der jagdbaren Tiere zu nehmen. „Es ist längst überfällig, dass sich die wissenschaftlichen Erkenntnisse sowie der ethische Tierschutz im baden–württembergischen Landesjagdgesetz durchsetzen“, fordert der Peta–Referent Peter Höffken.
Landesjagdverband kritisiert Agrarminister Hauk
Doch nicht nur Tierschutzvertreter kritisieren die Jagdpolitik im Südwesten. Auch der baden–württembergische Landesjagdverband kritisiert die „Untätigkeit“ von Agrarminister Peter Hauk (CDU) — jedoch aus anderen Gründen.
Zum 1. Juli 2021 hatte sein Ministerium die Schonzeiten für Füchse um zwei Wochen verlängert. Statt wie zuvor vom 1. März bis zum 30. Juni, beginnt das Jagdverbot seitdem schon am 15. Februar. In Bayern dürfen die Tiere sogar ganzjährig bejagt werden.
Der Südwest–Jagdverband kritisiert die Änderung in Baden–Württemberg. Mit der Vorverlegung habe „das Land den Jägerinnen und Jägern eine der effektivsten Schutzmaßnahmen bedrohter Arten genommen.“
Im Frühjahr seien die Füchse in ihrer Paarungszeit verstärkt auf Beutejagd. Um bedrohte Beutetiere wie Auerhuhn, Rebhuhn, Kiebitz und weitere Bodenbrüter zu schützen, fordert der Verband von Hauk, die Schonzeit wieder zu verkürzen.
Nabu lehnt uneingeschränkte Jagd auf den Fuchs ab
Der Naturschutzbund (Nabu) hingegen hält die aktuellen Schonzeiten für sinnvoll. Die winterliche Jagdruhe sei wichtig, „damit auch alle anderen Wildtiere in dieser Zeit der winterlichen Stoffwechselruhe nicht zusätzlich gestresst werden“, sagt der Nabu–Jagdexperte, Rolf Müller.
Die Jagd selbst sei aus Gründen des Artenschutzes im Einzelfall sinnvoll, um bedrohte und streng geschützte Tierarten zu schützen. Diese bedrohten Tiere würden aber ohnehin vor allem durch Pestizide und das Vordringen des Menschen in ihren Lebensraum bedroht. Die uneingeschränkte Jagd auf den Fuchs lehnt der Nabu daher ab.
Peta: Jagd ist "völlig absurd und kontraproduktiv"
Während der Nabu die Jagd nicht grundsätzlich ausschließt, sieht die Tierschutzorganisation Peta überhaupt keine Grundlage dafür. So sei etwa die Gefahr einer Krankheitsübertragung durch die Tiere nahezu auszuschließen. Auch angesichts des aktuellen Falls sei die Jagd „völlig absurd und kontraproduktiv“. Höffken verweist hierbei auf eine französische Studie, die zum Ergebnis kommt, dass unbejagte Fuchspopulationen weniger von Seuchen betroffen sind als Populationen mit hohem Jagddruck.
Darüber hinaus habe die Jagd keinerlei regulierende oder reduzierende Auswirkungen auf die Population. Im Gegenteil: Durch die Tötung einzelner Tiere würden Familienverbände zerrissen. Die Füchse würden daraufhin umherwandern und sich unkontrolliert fortpflanzen. Die Folge wären also mehr statt weniger Füchse.
Jagdverband: Mensch muss bedrohte Arten schützen
Die Jagdverbände sehen das naturgemäß anders. Zwar gilt Deutschland laut dem Robert–Koch–Institut seit 2008 als tollwutfrei. Diese konnte allerdings nur durch Impfungen ausgemerzt werden, betont der Deutsche Jagdverband.
Die Natur reguliere sich in der modernen Kulturlandschaft nicht mehr selbst. Angesichts der Ausbreitung der Geflügelpest hält der Landesjagdverband an der Jagd fest. Diese reduziere die Zahl der Tiere und somit das Risiko der Ausbreitung von Krankheiten.
Der Eingriff des Menschen sei auch notwendig, um bedrohte Arten zu schützen. Zwar würden die Geburtenzahlen der Füchse tatsächlich sinken, wenn es in einem gewissen Gebiet zu viele Füchse gebe. „Bedrohte Arten wären jedoch bis zum Eintreten eines solchen Szenarios längst ausgestorben“, warnt auch der Sprecher des Landesjagdverbands, Tobias Rommel. Die Jagd auf die Beutegreifer sei daher „essenziell“.
Landesregierung hält an Jagd fest
Die grün–schwarze Landesregierung in Baden–Württemberg will indes weiter an der Fuchsjagd festhalten. Sebastian Schreiber, Sprecher des Agrarministeriums, teilt mit, die Jagdzeiten in Baden–Württemberg würden „auf aktuellen wildbiologischen Erkenntnissen, die laufend wissenschaftlich hinterfragt werden“, beruhen.
Die Wildtierberichte aus den Jahren 2018 und 2021 hätten keine Verkürzung der Jagdzeiten nahegelegt. Es gebe also keine Absicht, die Fuchsjagd zu beenden.
Zahl der getöteten Füchse nimmt zu
Der Fuchs ist nach Reh und Wildschwein das meist erlegte Jagdtier Deutschlands. Für das Jagdjahr 2021/2022 erfasste der Jagdverband 50.707 tote Füchse in Baden-Württemberg. Ein nicht bezifferter Anteil davon entfällt allerdings auf sogenanntes Fallwild. Diese Tiere wurden nicht von Jägern erlegt, sondern starben beispielsweise infolge von Verkehrsunfällen.
Im Vergleich zum Vorjahr nahm die Zahl der getöteten Tiere leicht um zwei Prozent zu. Das Bundesland mit den meisten erlegten Füchsen ist Bayern: Dort wurden 98.540 Tiere und damit etwa ein Viertel aller bundesweit getöteten Tiere erlegt. Hinzu kommt eine Fallwildzahl von 9017 Tieren. Bundesweit waren es 412.381 getötete Tiere.