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Schnelles Internet dauert

Viel Skepsis: Was Wangener vor dem Glasfaseranschluss wissen wollen

Wangen / Lesedauer: 5 min

Ein Anbieter buhlt in der Stadt um Kunden, hat aber kaum Erfolg. Dabei ist das Interesse groß. Liegt es an Bauarbeiten, Preisen oder schlechten Bewertungen?
Veröffentlicht:21.11.2023, 07:00

Von:
  • Jan Peter Steppat
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Großes Interesse ja und viele Fragen auch ‐ aber eine konkrete Unterschrift weiterhin eher nicht: Auf diesen Nenner lässt sich der Stand der laufenden Markterkundung der Deutschen Glasfaser in Wangen bringen. Bei einer Informationsveranstaltung der Stadt zum Thema wurde deutlich, woran das möglicherweise liegt: Der Teufel liegt vielfach im Detail, ehe die Menschen den Schritt zu einem Glasfaseranschluss direkt in die Wohnung wagen. Nachfolgend die Antworten zu den wichtigsten Fragen.

Was tut die Deutsche Glasfaser derzeit in Wangen?

Zu Erinnerung: Sie bietet in weiten Teilen der Kernstadt sowie in Sigmanns, Epplings, Herfatz, Niederwangen inklusive Feld, Hatzenweiler und Primisweiler an, schnelle Internetleitungen nicht nur bis zum nächsten Verteilerkasten zu verlegen, sondern bis ins Haus. Das tut das Unternehmen kostenlos, verbunden allerdings mit der vertraglichen Verpflichtung, sich zwei Jahre lang zu binden.

Auf welche Resonanz stößt das Angebot?

Bislang weiterhin auf ein eher maues. Stand Freitag haben erst elf Prozent der potenziellen Haushalte einen Vorvertrag unterschrieben. Das aber reicht längst nicht, damit die Deutsche Glasfaser wirklich aktiv wird. Dabei drängt inzwischen die Zeit: Die Frist für die seit September laufende Markterkundung endet am 9. Dezember. Machen bis dahin nicht mindestens 33 Prozent der Haushalte mit, begräbt das Unternehmen seine Anschlusspläne in Wangen. Sie wären dann nicht wirtschaftlich.

Was hätte das für Folgen?

Die Stadt hatte es mehrfach erklärt und OB Michael Lang sowie Mobilitätsbeauftragter Frank Anders wiederholten es am Freitagabend im Gemeindezentrum St. Ulrich: Heute reiche gefühlt die Leistungsfähigkeit des Internetanschlusses. Aber tut sie das in einigen Jahren auch noch? Das stellen beide in Frage.

Lang sieht einen Glasfaseranschluss überdies als Investition in den Werterhalt des Hauses oder der Wohnung, wie etwa in moderne Heizungsanlagen, Dämmungen oder Leitungen. Und: Es ist unklar, ob und wann später möglicherweise einmal ein anderer Anbieter auf den Plan tritt.

Ist das Interesse an dem Angebot tatsächlich so gering?

Angesichts der nicht in Sichtweite liegenden 33-Prozent-Quote könnte man das meinen. Marijana Krajinovic, Projektleiterin der Deutschen Glasfaser konstatiert:

In Wangen dauert es länger als sonst.

Marijana Krajinovic

Allerdings: Bei der städtischen Infoveranstaltung war der Gemeindesaal gut gefüllt: Rund 100 Bürger hörten zu und viele stellten Fragen (nachfolgend Auszüge), teils sehr detaillierte. Zumindest eine große Neugier dürfte also vorhanden sein.

Wer kann sich anschließen lassen?

Alle, die in den genannten Gebieten wohnen. Bei Mehrfamilienhäusern spielt es auch keine Rolle, wie viele Haushalte das Angebot annehmen. Es reicht bereits einer, damit der Anschluss ins Haus gelegt wird. Jenen, die knapp außerhalb der Zonen leben, wird geraten, sich mit der Deutschen Glasfaser in Verbindung zu setzen, sie hat derzeit eine Geschäftsstelle in der Bindstraße. In früheren Fällen seien die Gebiete schon mal erweitert worden, so die Projektleiterin.

Eine Besonderheit gibt es aber für Mieter: Sie müssen wegen der Anschlussarbeiten ihren Vermieter fragen, können aber die Vorverträge selbst unterschreiben.

Wie kommt Glasfaser ins Haus?

Soweit vorhanden, will der Anbieter vorhandene Leerrohre nutzen. Andernfalls müssten teilweise Straßen aufgerissen werden. Der anschließende Weg der Kabel ins Haus werde mit Eigentümern und Hausverwaltungen abgesprochen. Projektleiterin Marijana Krajinovic verspricht: „Normalerweise bleiben alle Rosenbeete erhalten.“ Dies sei möglich, weil beauftragte Baufirmen die Kabel per so genannter „Erdrakete vom Haus rausgeschossen werden“. Die entsprechende Stelle in der Wand werde anschließend abgedichtet.

Und wie kommen die Kabel in die Wohnung?

Zunächst: Das Unternehmen bietet die ersten 20 Meter Glasfaserkabel vom hausinternen Verteilerkasten zur Wohnung kostenlos an. Das reicht nach Einschätzung der Projektleiterin im Normalfall aus. Dabei werden vorhandene Leitungswege genutzt oder neue „auf Putz“ gelegt. Verzichtet man auf die allerletzten Meter, nimmt man einen Leitungsverlust in Kauf, weil die Verbindung dort dann über die herkömmlichen Kupfer- beziehungsweise Koaxialkabel läuft.

Mobilitätsbeauftragter Frank Anders betont zugleich: Keine der vorhandenen Leitungen werde entfernt. Das heißt in der Konsequenz auch: Nach Ablauf der zweijährigen Vertragslaufzeit sei nicht nur ein Anbieterwechsel möglich, sondern auch die Rückkehr zum bisherigen Internetstandard.

Was passiert, wenn man sich später entscheidet?

Nach Stand der Dinge müssen alle, die sich nach Fristablauf am 9. Dezember für einen Glasfaseranschluss entscheiden, diesen selbst bezahlen. Das gilt auch für Nachzügler in Mehrfamilienhäusern, wenn die Leitung bis zum hausinternen Verteilerkasten bereits liegt. Zahlt man den Ausbau und Anschluss selbst, können leicht Kosten in bis zu vierstelliger Höhe entstehen, hieß es bei der Infoveranstaltung.

Welchen Nutzen hat ein Glasfaseranschluss?

Kurz gesagt: Er macht das Internet weitaus schneller. Vor allem das Hochladen von Daten sei mit anderen Technologien „deutlich schwieriger“, so Frank Anders. Von Vorteil sein könne ein leistungsfähigerer Anschluss etwa bei TV-Streamingdiensten, der Steuerung smarter Heizungsanlagen, im Homeoffice oder bei Sprechstunden im Rahmen der Telemedizin: „Dafür wird die jetzige Technologie nicht mehr ausreichen.“

Was kostet das Angebot der Deutschen Glasfaser?

Den kostenlosen Hausanschluss will das von zwei internationalen Konsortien getragene, in Nordrhein-Westfalen ansässige Unternehmen durch die mindestens zweijährige Vertragslaufzeit erwirtschaften. Dabei gibt es vier Pakete mit verschiedenen Leistungspaketen. Im ersten Jahr werden für sie alle pro Monat rund 25 Euro fällig. Anschließend sind die Preise gestaffelt zwischen 40 und 70 Euro. An Unternehmen richtet sich ein weiteres Angebot für dann 80 Euro.

Wie wird die Deutsche Glasfaser bewertet?

In einschlägigen Internetportalen fällt auf: Vor allem Einträge älteren Datums fallen oft eher schlecht aus. Projektleiterin Marijana Krajinovic gibt zu und relativiert zugleich: „Die Online-Bewertungen sind nicht ganz so super.“ Das sei aber bei allen Telekommunikationsunternehmen der Fall. Die Kunden bemängelten vor allem lange Warteschleifen oder Probleme beim Ausbau. Hierbei verwies sie auf die zuständigen Generalunternehmer.

Apropos Ausbau: Ganz so schnell wie eine Internetverbindung via Glasfaser ist, wird der bei Erreichen der 33-Prozent-Quote nicht vonstatten gehen. Als Zeitpunkt für die möglichen Arbeiten in Wangen peilt das Unternehmen das Jahr 2025 an.