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In Wangen sollen Mikroappartements bezahlbaren Wohnraum schaffen

Wangen / Lesedauer: 5 min

Die Baugenossenschaft Wangen will ihre alten Wohnhäuser aus den 70ern im Südring sanieren. Dabei entstand eine Idee: Auf die Dächer könnte man „Tiny-Homes“ setzen.
Veröffentlicht:25.09.2023, 19:00

Von:
  • Paulina Stumm
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Auf die Häuser der Baugenossenschaft Wangen am Südring soll ein weiteres Stockwerk aufgesetzt werden. Während landauf, landab Wohnungsbauprojekte auf Eis gelegt werden, will die Baugenossenschaft (BG) mit sogenannten Mikroappartements für 20 neue, kleine Wohnungen sorgen. Ihr Konzept rund um die vorgebauten „Tiny-Homes“ hat die BG bei einem Innovationswettbewerb eingereicht. Das ist geplant.

Energetische Sanierung stand schon länger im Raum

Die an der Argen gelegene Häuserzeile der Baugenossenschaft Wangen in einer Stichstraße des Südrings wurde 1973 gebaut. Die mittlerweile 50 Jahre alten Gebäude sind in die Jahre gekommen. Gespräche über eine anstehende energetische Sanierung führte die Baugenossenschaft schon seit einer Weile. Vor allem die Dächer der fünf Häuser standen dabei im Fokus. Und dann stolperten die Vorstände der Genossenschaft, Christoph Bührer und Julius Frick, über ein Projekt von Wassung-Bader, wie sie berichten.

Die alten Garagen vor ihren Häusern im Südring will die BG Wangen abreißen. Ein Parkdeck mit zwei Ebenen soll sie ersetzen. (Foto: Paulina Stumm)

Gemeinsam mit dem Architekturbüro entwickelten sie die Idee, auf die Gebäude sogenannte Mikroappartements zu setzen: Voll möblierte, in Serie vorgefertigte Module in Holzbauweise mit etwa 30 bis 35 Quadratmeter Wohnfläche.

An diese Zielgruppen denken die BG-Vorstände

„Das löst das Problem, die Dachhaut zu dämmen, passt statisch und schafft Wohnraum“, zählt Bührer auf. Der hohe Vorfertigungsgrad und die Möglichkeit, in Serie zu fertigen, senke den Bauaufwand und die Kosten. Gerade kleine Wohnungen habe die BG, die an neun Standorten 610 Wohnungen betreut, bislang eher wenige im Portfolio. Bei potenziellen Mietern denkt die Genossenschaft beispielsweise an Singles, Alleinerziehende mit kleinem Kind oder ein Rentnerpaar, das zum Beispiel viel auf Reisen unterwegs ist. Aber auch für neue Arbeitskräfte, die ihre Familien später nachholen wollten und noch eine dauerhafte Wohnung oder ein Haus suchten, sei das Konzept geeignet.

Insgesamt 20 Mikroappartements sind geplant

Geplant ist, auf jedes der fünf Häuser vier Module aufzusetzen, insgesamt also 20 Mikroappartements mit gut 30 Quadratmeter Fläche plus Terrasse zu schaffen.

Trotz der begrenzten Fläche sollen die Wohnungen den Komfort von Zwei- bis Dreizimmerwohnungen bieten,

erklärt Vorstand Julius Frick.

„Das klappt nur, wenn die Möbel entsprechend funktional sind“, ergänzt Bührer. Deshalb werden die Appartements auch möbliert angeboten. Denn ihre Innenausstattung müsse den Platz optimal nutzen. Das fängt beispielsweise bei integrierten Schränken an und reicht bis zum Bett, das klappbar zum Sofa wird und den Raum vom Schlafzimmer zum Wohnzimmer werden lässt ‐ zumindest dann, wenn vor die Küchenzeile noch die Leinwand fürs Fernsehen gezogen wird.

Vermieten will die BG die Mikroappartements zu einem Festbetrag, der etwa die Nettokaltmiete, die Möbelmiete und den Wärmeverbrauch abdeckt. „Wir wollen ein schlüsselfertiges Konzept“, sagt Bührer und spricht von einem All-inclusive-Ansatz. Wie hoch der Festbetrag sein wird, wollen Bührer und Frick derzeit noch nicht benennen. Es wird auch davon abhängen, was das Vorhaben die Baugenossenschaft kosten wird. Aktuell sprechen die Vorstände von geschätzten knapp vier Millionen Euro für die Module sowie ein bis eineinhalb Millionen Euro für die energetische Sanierung der Gebäude.

Für das Gebiet soll ein Mobilitätskonzept her

Dass bei 20 neuen Wohnungen eventuell auch 20 neue Autos mit herziehen, könnte für das Gebiet herausfordernd werden. Die BG will deshalb unter anderem ein neues offenes Parkdeck bauen. Dafür will sie die alten Einzelgaragen abreißen. Mit der neuen Zwei-Ebenen-Parkanlage würden sich die Anzahl der Parkplätze verdoppeln, so Bührer. Grundsätzlich solle für den Gesamtkomplex ein Mobilitätskonzept erarbeitet werden, das beispielsweise auch Car-Sharing und Ladestationen für Elektroautos beinhaltet.

„Die Zeiten sind alles andere als einfach, aber man muss ja etwas entwickeln“, sagt BG-Vorstand Bührer über die hohen Kosten fürs Bauen dieser Tage. Der klassische Neubau sei derzeit „tot“. Was das bedeutet, erlebt auch die BG bei einem Projekt in Kißlegg dieser Tage. Trotz staatlicher Förderung, vorliegender Baugenehmigung und einem quasi von der Gemeinde zur Verfügung gestellten Grundstück kann sie ein dort geplantes Sozialwohnungsbauprojekt aus Kostengründen derzeit nicht umsetzen.

Bewerbung bei Innovationswettbewerb eingereicht

Das innovative Modulkonzept im Südring, so die Hoffnung, lässt sich günstiger umsetzen, was für bezahlbare Mietpreise sorgen soll. Neben Eigenkapital und Bankdarlehen setzt die BG für ihr Projekt auch auf staatliche Förderung. „Die Hürden für Förderungen sind derzeit sehr hoch“, sagt Bührer. Ihre Chancen erhöhen will die BG auch durch die Teilnahme an einem Wettbewerb des Landesbauministeriums. Damit will das Land experimentelle Projekte für bezahlbaren Wohnraum fördern und sichtbar machen.

Das Motto der aktuellen Förderungsrunde lautet: „Potentiale aktivieren: Klimafreundlich Bauen und Sanieren ‐ bezahlbar Wohnen“. Die BG sieht sich gut dort aufgehoben; Beim Aufstocken werde keine neue Fläche verbraucht, das kompakte Format schaffe bezahlbaren Wohnraum. Mit der bereits angeschlossenen Fernwärme sowie der Sanierung, die auf nachwachsende Rohstoffe statt Styropor setze, werde zudem ein sehr hoher energetischer Standard erreicht. Bislang läuft es gut für das BG-Projekt. Mittlerweile steht es mit 15 Weiteren in der zweiten Auswahlrunde. Demnächst werden die Vorstände es in Stuttgart persönlich vorstellen.

Ein Modell-Appartement bei der Gartenschau zeigen

Bei der Stadt sei man mit der Idee offene Türen eingerannt, berichtet Bührer. Bis die neuen Mikroappartements bezugsfertig montiert sind, wird es allerdings noch etwas dauern. Eine Baugenehmigung will die BG erst nach der Landesgartenschau beantragen und mit der Fertigung erst 2025 anfangen. Trotzdem wird man möglicherweise bereits früher ein Mikroappartement besichtigen können. „Unser Ziel ist es, dass wir ein Modul bei der Landesgartenschau präsentieren“, verrät Bührer.