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Tempolimit

Kretschmann gibt Kampf um Tempolimit auf

Wangen / Lesedauer: 3 min

Ministerpräsident bei Wahlkampftermin in Wangen – Beim Wohnraum soll es eine „Vorratspolitik“ geben
Veröffentlicht:03.09.2017, 16:59

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A 96, Tempolimit und Mobilität. Aber auch Wohnraummangel, Flüchtlinge und eine mögliche Koalitionsaussage: Das waren die Kernthemen der Fragerunde beim Wahlkampftermin der Grünen am Freitagabend im Festsaal der Waldorfschule mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann als Hauptredner. Ein Teil der rund 350 Zuhörer nutzte dazu die Gelegenheit, auf Kärtchen Themen und Fragen einzureichen.

Nicht nur vor dem Saal war der gescheiterte Tempo-120-Modellversuch ein Thema. Dort hatten, wie berichtet, Armin Kohler und Roland Merk ihrem Ärger darüber Luft gemacht. Als die entsprechende Frage dann im zweiten Teil der Veranstaltung kam, antwortete Kretschmann: „Für spezielle Tempolimits sind wir nicht zuständig.“ Dies gelte nur, wenn es sich um Unfallschwerpunkte handelt.

Dann nahm der Ministerpräsident Stellung zu einem allgemeinen Tempolimit auf deutschen Autobahnen: „Wir schrubben seit 35 Jahren daran. Ich glaube nicht, dass das je kommt.“ Es gebe schlicht keinen, der das „mit uns machen will“, ergänzte Kretschmann. Deshalb schlussfolgerte er: „Ich habe es aufgegeben, für das Tempolimit zu kämpfen, bis man in die Kiste springt.“ Dann verwies er auf „junge Abgeordnete“, die eventuell entsprechenden Elan in dieser Sache hätten. Und die Grünen-Bundestagsabgeordnete Agnieszka Brugger erklärte nach der Veranstaltung: „Ich werde weiter dafür kämpfen.“

Winfried Kretschmann hofft indes, dass das Thema sich auf andere Weise erledigen könnte: Durch die digitale Revolution gebe es in der Zukunft vielleicht mal „intelligente Tempovorschriften“. Dann gebe es eventuell auf 95 Prozent aller Autobahnstrecken ohnehin Begrenzungen. Und: „Vielleicht fahren die neuen Autos gar nicht mehr so schnell.“

Überhaupt waren es die aktuelle Vertrauenskrise in die Autoindustrie und neue Formen der Mobilität, die Kretschmann an diesem Abend thematisierte: „Das Auto wird neu erfunden, das Rad auch. Auch das automatische Fahren zieht ein. Die Vernetzung aller Verkehrsmittel wird kommen. Wir gehen davon aus, dass der Fahrradverkehr drastisch in die Höhe schnellen wird“, erklärte er zur Zukunft der Verkehrsmittel.

An die Autoindustrie appellierte er: „Das Mauern muss ein Ende haben.“ Dennoch suche er den „organisierten Dialog“ mit deren Vertretern, wie es bei Kontakten zur Wirtschaft um die richtige Form der Nähe gehe: Man müsse nah dran sei, „um Probleme zu lösen und nicht um deren Einfluss nachzugeben“.

Den Wohnraummangel sieht er als großes soziales Problem

Den Wohnraummangel bezeichnete der Ministerpräsident als eines der „größten sozialen Probleme der Zeit“. Aktuell baue man „dem Problem hinterher“. Neben der Forderung nach mehr Engagement des Bundes appellierte er an die Kommunen, „in schlechten Zeiten“ eine Art Vorratspolitik durch Grundstückskäufe zu betreiben. Entsprechende Vorkaufsrechte hätten sie ja. Stattdessen verkauften vielmehr viele Bürgermeister Bauland, um ihren Haushalt zu finanzieren, erklärte er mit Blick auf seine Herkunftsregion.

Kretschmann sprach sich allerdings gegen die vor einiger Zeit von seinem Parteikollegen, dem Tübinger OB Boris Palmer, ins Gespräch gebrachten „Zwangsvermietungen“ leerstehender Wohnungen aus. Stattdessen müsse man „Gehirnschmalz“ verwenden, um (ältere) Menschen zu motivieren, in kleinere Wohnungen umzuziehen.

In Sachen Flüchtlingspolitik kritisierte der Ministerpräsident die Bundesregierung. Sie habe es bis dato nicht geschaffen, die Anerkennungsverfahren zu beschleunigen. Dass deshalb manch ein Asylbewerber, nach der Flucht, angesichts dessen erneut ein Trauma erleide, dafür habe er Verständnis.

Natürlich durfte die Frage nach einer möglichen Wunschkoalition nach der Bundestagswahl nicht fehlen. Konkret zu „rot-rot-grün“ befragt, sagte Kretschmann knapp: „Diese Aussicht besteht nicht.“ Zwar gebe es bei den Linken „gute Sozialdemokraten“ wie den thüringischen Ministerpräsidenten Bodo Ramelow. Mit Sahra Wagenknecht und „den vielen Putinverstehern“ hält er eine Zusammenarbeit auf Bundesebene aber nicht für möglich.

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