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Behördenforderung

Zu geringer Abstand zur Autobahn könnte Aus für Solarpark bedeuten

Wangen / Lesedauer: 4 min

Sonnenstrom an Autobahnen ist politisch gewollt. Doch ein Bundesamt durchkreuzt jetzt Pläne für PV-Module an der A96. Über Hintergründe und sich widersprechende Gesetze.
Veröffentlicht:27.01.2023, 19:00

Von:
  • Jan Peter Steppat
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Wie geht es weiter mit dem geplanten Solarpark rechts und links der A96 bei Humbrechts und Ettensweiler? Diese Frage stellt sich, weil es seit längerem öffentlich ruhig um das Thema ist. Inzwischen aber vor allem, seit Inhalte einer Stellungnahme der Autobahn GmbH des Bundes bekannt sind.

Danach müssen die Photovoltaik-Module doppelt so weit von der Autobahn entfernt sein, wie ursprünglich vorgesehen. Die für die Stromerzeugung zur Verfügung stehende Fläche würde also deutlich kleiner.

Viele Anwohner sind dagegen

Gut anderthalb Jahre ist es her, dass der Wangener Gemeinderat den offiziellen Startschuss für die Planungen des Solarparks erteilte. Viel weiter ist das Verfahren seither nicht gediehen. Abgesehen davon, dass im Hintergrund die Stellungnahmen von Bürgern und so genannter Träger öffentlicher Belange bearbeitet werden. Insgesamt sind es derer ungewöhnlich viele, wie die zuständige Planerin des möglichen Parkbetreibers, die EnBW Solar GmbH, im Dezember erklärte. Und das hat sicher damit zu tun, dass das Projekt von zahlreichen Anwohnern abgelehnt wird.

Brisantes Schreiben der Autobahn GmbH

Es gibt aber auch ein Schreiben der Autobahn GmbH. Und das hat es in sich. Denn die fordert darin einen Abstand von mindestens 40 Metern zu den Fahrbahnen der A96. Das hatte OB Michael Lang jüngst im Gemeinderat berichtet und das bestätigt jetzt das für den Bund mit der Verwaltung und Instandhaltung der deutschen Autobahnen betraute Unternehmen.

Und es hat mit der Forderung die Beteiligten offensichtlich überrascht. Denn die hatten mit 20 Metern kalkuliert, einem Abstand also, von dem sie ausgegangen war, dass er genüge. Hat er lange Zeit auch. Zwar ist im Bundesfernstraßengesetz seit je her von einem doppelt so großen Streifen die Rede. Allein: Lange Zeit haben regionale Behörden bei der konkreten Entscheidung vor Ort Ausnahmetatbestände für Solarflächen an Autobahnen anerkannt und nicht überall auf den gesetzlich vorgesehenen Mindestabstand gepocht.

Örtliche Gegebenheiten wenig im Blick

Seit 2021 haben sich die Befugnisse aber geändert. Die Verwaltung und Instandhaltung der Autobahnen wurde von einer Länder- zur Bundessache, genauer einer der seinerzeit neuen Autobahn GmbH. Und damit sind offenbar auch die Spielregeln in solchen Fragen andere.

Denn Tobias Ehrmann, Leiter der auch für die A96 zuständigen Außenstelle der Autobahn GmbH, erklärt: Sein Haus müsse in Fällen wie dem Solarpark in Humbrechts stets das Fernstraßenbundesamt in Leipzig um Einschätzung bitten: „Das entscheidet relativ rigide“, ergänzt er. Übersetzt heißt dies: Das Amt hält sich vor allem ans Gesetz, beachtet aber offenbar weniger die örtlichen Gegebenheiten.

Keine Pläne für einen A96-Ausbau

Zu denen könnten geplante Autobahnausbauten gehören. Im Fall der vergleichsweise wenig befahrenen A96 im Württembergischen Allgäu kann davon aber keine Rede sein. Der Außenstellenleiter bestätigt: Es gibt keinerlei Gedanken in diese Richtung und auch der Zustand der Trasse sei gut. Allenfalls werde man den Randstreifen nach und nach erneuern und etwas verbreitern.

Doch was bedeutet die sich an die Einschätzung des Leipziger Bundesamts haltende Stellungnahme der Autobahn GmbH nun für den Solarpark bei Humbrechts? Laut Christoph Müller, kaufmännischer Vorstand der Bürgerenergiegenossenschaft (BEG) Wangen, die als Juniorpartner in das Projekt einsteigen will, verkleinert sich die Fläche für Solaranlagen dadurch um zehn bis 15 Prozent. Es würde also weniger klimaschonender Strom produziert. Zudem sinkt die Rentabilität. Die effiziente Nutzung der Fläche werde also „schwierig“, wie Müller am Donnerstagabend am Rande einer Veranstaltung der Wangener CDU sagte.

Wie sich die Gesetze widersprechen

Ans Aufgeben denkt er aber nicht. In den nächsten drei Monaten werde sich etwas tun, dann könnte der Solarpark wieder Thema in den Gremien werden. Bis dahin gelte es aber, weiterhin die umfänglichen Stellungnahmen abzuarbeiten. Laut Müller lautet dabei das Credo:

Genauigkeit geht vor Schnelligkeit.

Dabei helfen Blicke in die Gesetze sicher weiter – zumal sie sich in wichtigen Teilen widersprechen: Während das Bundesfernstraßengesetz einen Abstand von 40 Metern fordert, besagt das zu Jahresbeginn in Kraft getretene, novellierte Erneuerbare-Energien-Gesetz etwas anderes: Die Randstreifen für Photovoltaikanlagen entlang von Autobahnen und Schienen dürfen jetzt statt 200 gleich 500 Meter breit sein.

Politische Debatte im Gang?

Der dort festgelegte Schutzstreifen betrug bislang lediglich 15 Meter. Jetzt entfällt er sogar komplett. Er war übrigens für wandernde Tiere gedacht, während sich die 40 Meter im Bundesfernstraßengesetz auf das Verbot von Hochbauten beziehen. Stellt sich also die Frage: Was sind Hochbauten? Auch auf Stelzen stehende, schnell auf- und abbaubare Solarmodule? Vielleicht ist sie aber auch obsolet. Denn Autobahn-Außenstellenleiter Tobias Ehrmann weiß um politische Debatten über den Sinn des Mindestabstands: „Da ist etwas im Fluss.“