Gasalarm
Gasaustritt in Wangen: Weshalb der Großeinsatz so schwierig war
Wangen / Lesedauer: 4 min

Jan Peter Steppat
Eine mit Schwefeldioxid gefüllte Gasflasche hat am Montag zu einem Großeinsatz von Feuerwehr, Rettungskräften und Polizei in der Wangener Kernstadt geführt. Gegen 10 Uhr waren sie informiert worden, weil der Stoff auf dem Gelände der Entsorgungsfirma Föll ausgetreten war. Fünf Menschen wurden leicht verletzt, in der unmittelbaren Umgebung wurden drei Flüchtlingswohnheime evakuiert. Wie es zu dem Unfall kam und warum er eine besondere Herausforderung darstellte.
Beißender Geruch liegt in der Luft
Gegen Mittag liegt immer noch ein beißender Geruch in der Luft über und neben dem Gelände des Föll-Schrottplatzes. Die Zeppelinstraße ist weiträumig abgesperrt, die in der Nachbarschaft lebenden Geflüchteten sind deshalb evakuiert worden.
Auf dem Schrottplatz selbst war bei Arbeiten am Vormittag eine Flasche so stark beschädigt worden, dass Gas austrat. Wie die Feuerwehr kurz nach ihrem Eintreffen feststellte, handelte es sich dabei um Schwefeldioxid. Deshalb wurden zunächst das Gelände des Entsorgers selbst und die Zufahrt zum Wangener Bahnhof dicht gemacht, außerdem mussten etwa 25 zu diesem Zeitpunkt anwesende Geflüchtete die drei benachbarften Wohncontainer verlassen.

Türen müssen geschlossen bleiben
Etwas später zogen die Einsatzkräfte den Kreis größer, sperrten Teile der Zeppelinstraße ab und baten Anlieger und Beschäftigte dort liegender Geschäfte, die Türen zu schließen. Am Nachmittag sprach die Polizei von einem Radius von 70 Metern, der vorsorglich öffentlich nicht mehr zugänglich war.
Nicht ohne Grund: Denn Schwefeldioxid ist giftig und es war unklar wie viel Gas aus der beschädigten Flasche ausgetreten war. Die Polizei erklärte zur Ursache des Unfalls am Nachmittag: „Ersten Erkenntnissen der Ermittler zufolge sollte ein Mitarbeiter des Betriebs gegen 10 Uhr eine Gasflasche mit einem Gabelstapler aufladen. Dabei fiel die Flasche zu Boden, wodurch diese beschädigt wurde und Schwefeldioxid austrat.

Die Bahnlinie und auch die Geschäfte an der Zeppelinstraße mussten indes nicht gesperrt werden. Auch der Bahnhof blieb offen.
Insgesamt wurden auf dem Föll-Gelände fünf Menschen mit Atemwegsreizungen leicht verletzt, so das Deutsche Rote Kreuz. Ihre ärztliche Untersuchung wurde angeordnet, eine stationäre Einlieferung ins Krankenhaus war aber nicht nötig.
Zeppelinstraße ist weiter gesperrt
Die Feuerwehr verhinderte eine weitere Ausbreitung des Gases mit Wasser. Das allerdings führte zum nächsten Problem, wie es Kreisbrandmeister Oliver Surbeck ausdrückte. Aus Schwefeldioxid und Wasser bildet sich in hoher Konzentration ebenfalls giftige Schwefelsäure. Gelangt sie in die Kanalisation, könnte auch dies zu Gesundheitsschäden führen. Sehr gelegen kam der Feuerwehr deshalb, dass sich in unmittelbarer Nähe zur beschädigten Gasflasche ein Ölabscheider befindet, der auch gegen die Säure funktioniere, so Surbeck.
Die Dekontaminierungsarbeiten, Messungen und Untersuchungen – auch durch hinzugezogene Feuerwehrfachleute – dauerten bis zum Nachmittag an. Die Zeppelinstraße wurde gegen 13.30 Uhr für den Verkehr wieder freigegeben, als fest stand, dass die Schadstoffbelastung der Luft als „unbedenklich“ eingestuft werden konnte, so eine Polizeisprecherin. Auch die Geflüchteten konnten zu diesem Zeitpunkt in ihre Heime zurückkehren.

Auf Einsatz der Warn-App „Nina“ verzichtet
Für die Wangener Feuerwehr war der Einsatz alles andere als alltäglich – normalerweise hat sie es naturgemäß mit Bränden, aber auch mit Hilfestellungen bei Unfällen zu tun. Während dabei die Lage schnell klar und ersichtlich ist, stellte sie der Gaseinsatz am Montag vor besondere Herausforderungen, da zunächst nicht bekannt war, mit wie viel Schwefeldioxid die Flasche gefüllt und wie viel davon ausgetreten war. Dementsprechend unklar war anfangs noch die Gefahrenlage für die Bevölkerung.
Laut Kreisbrandmeister Oliver Surbeck war sogar kurz überlegt worden, die Menschen mit der Warn-App „Nina“ auf den Gasaustritt aufmerksam zu machen. Darauf verzichtete man dann aber, da diese Nutzer im gesamten Landkreis Ravensburg alarmiert hätte – also auch weit weg von Wangen.