Isnyer Orgelherbst
Schwebend leichter Auftakt in St. Maria
Isny / Lesedauer: 4 min

Babette Caesar
Mit einem wunderbar schwebend leichten Programm hat der Förderverein Kirchenmusik Isny am Sonntag seinen 22. Isnyer Orgelherbst eröffnet. In der sehr gut besuchten Kirche St. Maria erklangen unter anderem mit Georg Friedrich Händels Suite D-Dur und mit einem ein Scherzo von Louis Vierne barocke Klassiker.
Gleichauf mit ihnen standen moderne und zeitgenössische Werke von George Gershwin und Kevin McKee. Den Ton gaben mit Elisabeth Fessler und Rafael Ohmayer an den Trompeten zwei Gastsolisten der Spitzenklasse an. Mit ihnen der Isnyer Kirchenmusiker Christian Schmid an der Orgel.
Es gibt wohl kaum jemanden, der sich von Händels legendärer und überbordender „Wassermusik“ nicht ergriffen fühlt. Nicht weniger als 20 Einzelsätze bilden drei in sich geschlossene Suiten. Der Anlass ihrer Entstehung war eine Bootsfahrt auf der Themse, die König Georg I. am 17. Juli 1717 veranstaltete. Händel sollte während der Fahrt und bei einem anschließenden abendlichen Dinner für eine festliche musikalische Umrahmung sorgen.
Pompös und majestätisch
Die Interpretation der drei Isnyer Solisten der fünfsätzigen D-Dur-Suite gab einen Einblick in die allumfassende Größe dieses Werks, das mal pompös und majestätisch auftritt, mal getragen und gesetzt das Höfische betont. Händels Musik wohnt bei aller damals herrschenden Etikette eine ungebrochene Offenheit und Freiheitsliebe inne, die das Trio zum Ausdruck brachte. Die Stille und das Friedvolle, das Sehnsuchtsgetragene und Versöhnliche charakterisierte den „Marche religieuse“ aus Christoph Willibald Glucks Oper „Alceste“ und das im Kontrast zu George Gershwins „Summertime“ aus „Porgy and Bess“. Auch hier zeigte sich erneut, wie nah sich Barock und Moderne kommen können, ohne dass sie miteinander zu verschmelzen drohen.
Die Gershwin-Interpretation bewies einmal mehr die Meisterschaft dieses Trios. Fessler, die mit den Genres Klassik, Jazz und Popularmusik breit aufgestellt ist, gastiert international und ist auch als Komponistin tätig. Der gebürtige Isnyer Ohmayer ist längst den Jahren der Jugendmusikschule Württembergisches Allgäu und dem Bundeswettbewerb Jugend musiziert entwachsen, hat am Feldkircher Landeskonservatorium studiert und ist zur Zeit Stadtmusikdirektor der Stadt Weingarten. Verführerisch leicht und schwebend füllte Gershwins jazziger Klassiker das Kirchenschiff. Quirlig und verspielt dagegen Viernes Auftakt in seinem Scherzo aus der zweiten Orgel-Symphonie, das sich sogleich in unzählige Pirouetten und kreisende Bewegungen auffächerte und verdichtete zu kapriziösen Tonhöhen. Für das zweisätzige Werk „Under Western Skies“ des 1980 geborenen amerikanischen Komponisten Kevin McKee wechselte das Trio in den Chorraum mit Schmid am Klavier.
Wirklich harscher Kontrast
Vor dem Hintergrund gleichnamiger längst vergangener amerikanischer Film- und Musicalversionen erhoben sich drei instrumentale Stimmen in ungeahnte Sphären ohne je pathetisch zu klingen. Sie demonstrierten einen „Sundown“ und einen „Sunup ‐ High Noon“ von berückender Schönheit. Mitreißend, sinnlich und einem ekstatischen Drive in Richtung Blasorchestrierung und Italo-Western. Händels Part „Die Ankunft der Königin von Saba“ aus dessen Oratorium „Salomon“ nahm dieses verwegene Spiel auf, wonach ein zweites Werk ‐ „Lux und Lapis“ ‐ von McKee dieses Mal mit Orgel von der Empore aus den Raum eroberte und sich derart steigerte, das es einen zu überwältigen schien.
Einen wirklich harschen Kontrast in der Modulation bot das Präludium des Hamburger Barockkomponisten Vincent Lübeck. Stilistisch eng verwandt mit Dieterich Buxtehude ist sein Schaffen streng der Norddeutschen Orgelschule verbunden. Charakteristisch sind die Wechsel zwischen stürmisch auffahrenden und sanft dahin gleitenden Partien, die sich zusehends verdichten und an Tempo gewinnen. Zeitweise verkantet wirken, doch dabei stets unter einem großen und ganzen Übergeordneten stehen.
Das Finale bestritt Antonio Vivaldis Concerto in C. Des Venezianers festlich-rauschender Duktus ebenso wie sein rhythmischer Elan sind unverkennbar. Zu Lebzeiten hat er Concerti für große Kirchenhäuser komponiert und so hätte am Abend die Isnyer Aufführung keinen schöneren Raum finden können.
Das nächste Konzert des Isnyer Orgelherbstes ist am Sonntag, 8. Oktober, um 17 Uhr in der Kirche St. Georg.