StartseiteRegionalRegion AllgäuIsnyGlasbläser, Holzfäller, Bergbauern, Künstler

Isny

Glasbläser, Holzfäller, Bergbauern, Künstler

Isny / Lesedauer: 4 min

Eine Ausstellung übers Kreuzthal ist im Heimatmuseum in Buchenberg zu sehen
Veröffentlicht:22.09.2017, 17:59

Artikel teilen:

Wer sich für die abgelegene, einzigartige, geschichtsträchtige Region des Kreuzthals interessiert, sollte das Heimatmuseum in Buchenberg besuchen, zu finden an der Eschacher Straße gleich nach der Sommerau. Dort läuft noch bis Ende Oktober eine Sonderausstellung über Eisenbach-Kreuzthal, die Ortschaft westlich der Eschach, die dem Rathaus Rohrdorf zugeordnet ist. Die „andere Seite“ ist in Buchenberg eingemeindet – eine Ortschaft, zwei Landkreise, Ravensburg und Oberallgäu, auch zwei Bundesländer, Baden-Württemberg und Bayern.

„Die Württemberger gehen heutzutage im bayrischen Kreuzthal zur Kirche, und ihre Toten finden auch in bayrischer Erde ihre letzte Ruhe“, ist im Museum zu erfahren. Früher sei das anders gewesen, da mussten die Württemberger zur Kirche nach Rohrdorf und auch ihre Toten über den Herrenberg hinübertragen.

Anlass für die Schau ist dem Heimatgeschichtlichen Verein Buchenberg das Jubiläum der „300-jährigen Selbständigkeit der Pfarrei Kreuzthal“ seit dem Jahr 1717. „Im Rahmen der Gebietsreform und weil es die Kreuzthaler so gewünscht haben, wurde die Pfarrgemeinde 1971 der Pfarrgemeinschaft Wiggensbach-Buchenberg-Kreuzthal zugeordnet“, erklärt Georg Singer , der Vorsitzende des Vereins.

Schlitten, Kutschen, Leichenwagen

Im Erdgeschoss des einstigen kleinen Bauernhauses an der Straße von Buchenberg ins Kreuzthal zeigt Alfred Rist den Besuchern Wohnstube, Schlafstube, Küche, Abort und eine Schuhmacherwerkstatt. Alles im Original so erhalten, wie die Menschen in der voralpinen Region der Adelegg durch Generationen hindurch gelebt haben. Im ehemaligen Stall und im Stadel befinden sich Gerätschaften aus Landwirtschaft und Handwerk, zurückreichend bis ins Mittelalter, auch Schlitten, Kutschen und sogar ein Leichenwagen.

Das Obergeschoss birgt die diesjährige Ausstellung über das Kreuzthal mit Eisenbach. Neben der Stiege nach oben steht ein großer Weidenkorb mit Glaswaren, die zwischen 1650 und dem Ende des 19. Jahrhunderts in insgesamt zehn verschiedenen Glashütten in vier Tälern gebrannt wurden: im Ulmertal, Eschachtal, Kreuzbachtal und Kürnachtal; Flaschen, Trinkgläser, Medizingläser, Lampenzylinder, Uhrengläser, Glaskugeln. Sogar die Glasscheiben für den Glaspalast und die Residenz in München stammten aus den Glashütten der Adelegg, ist im Museum erwähnt.

Der Korb steht auf einem Tragegestell, auf dem Händler und Bergbauern die Glaswaren in die Städte trugen und dort verkauften. Mit einem anderen Tragegestell daneben trugen die Hüttenarbeiter und Holzfäller, die nebenher auch noch Kleinbauern waren, Gras und Heu von den Berghängen in die Stadel zu ihrem bescheidenen Viehbestand, zu Kuh und ein paar Ziegen. Ackerbau, Garten, Schwein, Hühner und eigene Milch waren nebenher nötig, um die meist großen Familien irgendwie zu ernähren.

„Käfig“ des eifersüchtigen Försters

„Die Glasproduktion bescherte der Region durch rund 250 Jahre Sicherheit und relativen Wohlstand“, erklärt Singer. Die letzten Glasmanufakturen Schmid und Bartsch in Schmidsfelden und von der Herrschaft Quadt in Eisenbach hätten in den 1890er-Jahren den Betrieb beendet. Aus den Glasarbeitern seien noch ärmere „Vollerwerbsbauern“ geworden. Viele seien weggezogen, um neue Verdienstmöglichkeiten und Überlebenschancen zu suchen. Andere, Einsiedler und Künstler, fanden in den verlassenen, bescheidenen Häusern Zuflucht und Heimat.

Eine Vitrine widmet sich dem Maler Erwin Bowien, der 1944 in sein Tagebuch schrieb: „Das Kreuzthal ist in keiner Karte zu finden. Vom Krieg ist hier nichts zu spüren. Es gibt eine Käserei, ein Sägewerk, Schmied, Tischler, zwei Bäcker und eine Herberge. Drüben im Württembergischen lebt Schwester Clara in einem kleinen Schloss, dem Haus Tanne. Dahinter stehen drei Holzhäuser, alt und schwarz. Im Hintergrund ein Tal, in dem der Förster sein Haus gebaut hat. Ein kleiner ’Käfig’, in dem er seine junge Frau eifersüchtig auf Abstand zum Dorf bewahrt. Durch dieses Eisenbachtal führt uns der Weg nach Isny. Unser Dorf nennt sich Kreuzthal, da sich vier Täler hier treffen. Drei führen in die Berge, nur eins ins Freie. Auf den Höhen dehnen sich Bergweiden aus, es ist wahrlich der absolute Rückzug aufs Land. Kein Zug, kein Kino, nur ein Gendarm, der sich wie alle anderen abends um sechs zum Schlafen legt.“

Protokolle über Moral und Sitte

Auf einem alten Tisch finden sich Protokolle über die „Kirchenzucht“, die über Moral und Sitte vor Ort wachte. Wer sich einen Fehltritt erlaubte, wurde vor den Pfarrausschuss gerufen und bekam züchtigende Auflagen verpasst. In der Ecke stehen zwei Vortragestangen der Vereinigung der Rosenkranzbruderschaft, die bei Festen und Prozessionen mitgeführt wurden. Diese frommen Männer bemühten sich im 18. und 19. Jahrhundert um gute Werke, Buße und Nächstenliebe. Ein Pfarramtsprotokoll von 1827 zeichnet jedoch von dieser Zunft ein realistisches Bild: „Außer dem Einfluss, den die Kommunion und die Beichte auf einen geringen Teil dieser Pfarrkinder hat, ist kein anderer Erfolg sichtbar. Hinsichtlich Besserung und Heiligkeit zeigen sie nur ganz sparsame Früchte.“

Das Heimatmuseum Buchenberg, Eschacher Straße 35 b, ist bis Ende Oktober jeden Sonntag von 14 bis 16 Uhr geöffnet.