Bildungsdebatte
Auch in Isny werden Unterschriften fürs G9 gesammelt
Isny / Lesedauer: 3 min

Michael Panzram
Die Diskussion über eine mögliche Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium (G9) in ganz Baden-Württemberg hat in den vergangenen Wochen richtig Fahrt aufgenommen. Verantwortlich dafür ist eine Initiative, die unter anderem von der Amtzellerin Corinna Fellner ausgeht, mit der Unterschriften für einen Volksantrag gesammelt werden. Unterstützung erhält Fellner auch in Isny – nicht zuletzt von Hartwig Kienast, der früher am dortigen Gymnasium unterrichtet hat.
sagte Kienast vor wenigen Wochen, als Fellner ihre Initiative in der SZ erklärte.Es gab nie pädagogische Gründe für das G8, es ging der Landesregierung immer nur darum, Geld für Lehrer zu sparen,
125 Unterschriften hatte Kienast damals bereits in Isny, der Stadt, in der er lebt, gesammelt. Mittlerweile dürften es zwischen 160 und 170 sein, glaubt der pensionierte Lehrer.
Eine gerechtere Schulzeit
Bis 2008 hat er am Gymnasium in Isny unterrichtet, danach bis zur Pensionierung am Rupert-Neß-Gymnasium in Wangen. Er kennt G9, er kennt G8 – und hat eine klare Meinung: „Der Zeitplan beim G8 ist zu eng, G9 ist einfach kindgerechter.“ Mit der Rückkehr zum G9 solle den Schülern „eine bessere und gerechtere Schulzeit“ verschafft werden, sagt Kienast. Wie Fellner hat er den Eindruck, dass der weit größte Teil der Eltern hinter der Initiative steht.
Regelmäßig geht Kienast ins Bürgerbüro in Isny, um die dort abgegebenen Unterschriften von Eltern abzuholen. Die Elternbeiratsvorsitzenden Florian Heutmann und Katrin Heinz haben die Zettel in den vergangenen Wochen in allen Klassen der Grundschule verteilt. „Das Interesse ist recht groß“, ist Heutmanns Eindruck. Er gehe davon aus, dass es noch in Richtung 200 Unterschriften gehen werde, sagt Kienast.
Nervöse Politik
Je mehr Unterschriften gesammelt werden, desto größer werde der Druck auf die Landespolitik in Stuttgart. Bei insgesamt 39.000 Unterschriften (0,5 Prozent der wahlberechtigten Bevölkerung) müssten sich die Politiker offiziell mit dem Thema beschäftigen. Schon jetzt sieht Hartwig Kienast den einen oder anderen Ansatz für eine politische Unterstützung – vor allem in der Opposition bei SPD und FDP. „Die Politik wird nervös“, sagt er.
Keinen politischen Ansatz erkennt derweil Jochen Müller, der Schulleiter am Isnyer Gymnasium. Ihm ist die Unterschriftenaktion bekannt, an Bewegung in Stuttgart glaubt er angesichts des in Stuttgart geschlossenen Koalitionsvertrags aber noch nicht. Zumindest nicht unter der aktuellen, bis 2026 gewählten Landesregierung aus Grünen und CDU. „Es müsste ein politischer Wille da sein, um eine Diskussion zu führen. Das sehe ich momentan aber nicht“, sagt Müller.
Ergebnisse völlig in Ordnung
Über die Frage nach einer politischen Debatte hinaus, sieht der Schulleiter auch keine richtige Notwendigkeit, zurück zum G9 zu gehen. Denn sein Eindruck nach fast zwei Jahrzehnten G8 am Gymnasium in Isny lautet: „Es ist nicht alles schlecht an G8.“ Natürlich gebe es Anforderungen, es brauche „Kraft und Kopf“, um die vorgegebenen Ziele zu erreichen – aber das sei vor der Umstellung auch schon so gewesen. „Die Ergebnisse, die bei uns im G8 erreicht werden, sind völlig in Ordnung“, sagt Müller. Er habe keinen Anlass zur Sorge.
Einer Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium will er sich deshalb aber nicht kategorisch verschließen. Doch davor, einfach nur die alten Verhältnisse wiederherzustellen, warnt er. „Wir brauchen andere Antworten“, sagt Müller. Vor allem müsse eine Antwort auf die aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen gegeben werden, dazu brauche es ein gutes pädagogische Konzept, eine gute Begleitung, ein qualifiziertes Angebot. „Gegen ein gut konzipiertes G9 hätte ich nichts“, verdeutlicht der Schulleiter.