Poker um Aussichtsturm
Lieber Taube statt Spatz: Wurzach will vom Land mehr Geld für Turmbau
Bad Wurzach / Lesedauer: 3 min

Steffen Lang
Bildlich gesprochen lassen die Bad Wurzacher den Spatz in der Hand wieder fliegen und wollen nun die Taube auf dem Dach fangen. Der Gemeinderat hat am Montagabend die Stadt einstimmig ermächtigt, den bewilligten Förderantrag über knapp 900.000 Euro für den Bau eines Aussichtsturms ans Land zurückzugeben. Dafür wird die Stadt einen neuen Förderantrag stellen, von dem sie sich einen höheren Zuschuss des Landes erhofft.
Hintergrund: Als das Land im Juni 2021 den damaligen Förderantrag bewilligte, wurden die Kosten für den Bau des ‐ so der offizielle Name ‐ Naturerlebnis- und Beobachtungsturms und dessen Umfeldgestaltung noch auf etwa 1,8 Millionen Euro geschätzt. Die Förderquote betrug also 50 Prozent.
Aufstocken geht nicht
Weil seitdem das Land zahlreiche zeitraubende Auflagen erlassen hat und die Baukosten allgemein gestiegen sind, werden die Kosten mittlerweile von der Stadt auf 2,7 Millionen Euro geschätzt. Das Land könne aber die zugesagten 900.000 Euro nicht einfach aufstocken, wurde der Stadt vom Regierungspräsidium Tübingen mitgeteilt, so Bürgermeisterin Alexandra Scherer (CDU).
Stattdessen, so der Rat des RP, solle die Stadt ihren bisherigen, bereits genehmigten Antrag zurückziehen und einen neuen auf Basis der aktuellen Zahlen stellen. Im Falle einer erneuten Genehmigung hätte das vor allem den Vorteil, dass die Förderbedingungen inzwischen einen 60-prozentigen Zuschuss ermöglichen. In dem Fall würde die Stadt 1,6 Millionen erhalten und müsste noch 1,1 Millionen Euro selbst finanzieren. Diesen Eigenanteil hat indirekt das Land bereits zum Großteil auch bezahlt, indem es der Stadt Ende 2020 Riedareal im Wert von 816.000 Euro abgekauft hat.
Eine Garantie gibt es nicht
Bekommt man denn auch tatsächlich die Taube, wenn man nun den Spatz fliegen lässt? Wie sicher es denn sei, dass der neue Antrag tatsächlich bewilligt werde, sprach dies Stadtrat Norbert Fesseler (FW) an. Sie würde es nicht vorschlagen, wenn sie kein gutes Gefühl dabei hätte, entgegnete Scherer.
schob Alexandra Scherer hinterher.Garantieren kann ich es nicht.“
Der Antragswechsel ist also eine Gewinnchance mit Restrisiko.
Sie erwarte die Genehmigung freilich vom Land und vom Landtag, der darüber entscheiden muss, betonte Scherer. Immer wieder hätten diese ihr Interesse am Turmbau betont. Das müsse man nun auch „monetär ausdrücken“. Schließlich sei das Land darüber hinaus ja auch für die große Verzögerung verantwortlich. Im März 2021 hatte es noch geheißen, im Frühjahr 2023 solle Einweihung sein. Doch bisher gibt es noch nicht einmal einen Bauantrag. Geschafft wurde bislang nur die Baugrunduntersuchung, und auch die mit einjähriger Verspätung, weil ein Kranichpaar in der Nähe brütete.
Geld ist zweckgebunden
Angesichts immer wieder aufkommender Kritik am Turmbau in der Bevölkerung betonte Scherer in der Montagssitzung nochmals, dass der Landeszuschuss zweckgebunden ist. Und beim Kauferlös fürs Riedareal sieht sich die Bürgermeisterin moralisch in der Pflicht, das Geld auch tatsächlich für den Turm einzusetzen.
Wieviel Geld das Projekt am Ende kosten wird, ist dabei immer noch offen. Die 2,7 Millionen Euro, die derzeit im Gespräch sind, seien weiterhin nur eine Schätzung. Man wisse schlichtweg nicht, wie sich die Preise in der Baubranche entwickeln, bis tatsächlich gebaut werden kann, unterstrich Scherer auf Anfrage von Bernhard Schad (FW).
Der neue Antrag soll in den nächsten Tagen beim Land eingereicht werden. Bis der Landtag darüber entschieden hat, dürfte einige Zeit vergehen. Damit dürfte auch im sich im Oktober öffnenden und im März sich schließenden Baufenster nur wenig auf dem Gelände am Haidgauer Torfwerk tun. Zunächst muss die Stadt eben die Taube fangen.