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Lange Tradition

Amtzeller Veteranenverein gedenkt und mahnt seit 150 Jahren

Amtzell / Lesedauer: 5 min

Am 19. November feiert die Krieger- und Soldatenkameradschaft Amtzell ausgiebig ihr Jubiläum. Und kann dabei auf eine bewegte Geschichte zurückblicken.
Veröffentlicht:15.11.2023, 05:00

Von:
  • Vera Stiller
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Der Volkstrauertag, an dem der Opfer von Krieg und Gewalt gedacht und zu Versöhnung, Verständigung und Frieden in der Welt gemahnt wird, ist für die Krieger- und Soldatenkameradschaft Amtzell genau der richtige Tag, um an jene Zeit zu erinnern, in der der Veteranenverein 1873 einen „ewigen Jahrtag“ für die im Krieg 1870/71 gefallenen Soldaten stiftete. Vorstand war damals Anselm Staudacher, Josef Ortlieb der Kassier und Gebhard Lanz der Kontrolleur. 150 Jahre ist das nun schon her und damit Grund genug, das Jubiläum heuer am 19. November ausgiebig zu feiern.

Ein Stiftungsantrag als Geburtsstunde

Obwohl der damalige Verein sicherlich unmittelbar nach diesem Deutsch-Französischen Krieg gegründet wurde, zählt die Beantragung der Stiftung als eigentliche Geburtsstunde des Vereins. In deren Folge entwickelte sich ein reges Vereinsleben. Wobei das Abhalten des „ewigen Jahrtags“ in der Pfarrkirche St. Johannes und St. Mauritius im Monat November das wichtigste Ereignis war.

Laut Stiftungsurkunde, die seit 2005 im Archiv der Gemeinde aufbewahrt wird, musste während des Gottesdienstes eine Tumba (eine Art Grabmal) aufgestellt und darauf ein Helm und ein Degen gelegt werden. Heute kommt man zwar ohne diese Attribute aus, das Vermächtnis ist aber immer wieder dasselbe, wie Vorsitzender Hans Ortlieb bekundet: „Wir sind es unseren verstorbenen Vorfahren schuldig, dass wir ihr Andenken bewahren.“

Bis 1918 fast keine Aufzeichnungen

In 150 Jahren Vereinsgeschichte ist viel geschehen, worüber es zu berichten gilt. Da aber bis 1918 so gut wie keine Aufzeichnungen mehr vorhanden sind, kann die Zeit bis dahin nur aus den Geschichtsbüchern nachvollzogen werden. So wissen wir, dass mit dem Ersten Weltkrieg ein Jahrhundert von Krieg, Gewalt und Vertreibungen eingeläutet wurde. Etwa 17 Millionen Soldaten und Zivilisten kostete er das Leben, zerstörte große Teile Europas und hinterließ ungelöste Probleme, die weitere gewaltsame Konflikte nach sich zogen. Darunter nicht zuletzt den Zweiten Weltkrieg mit seinen ungeheuerlichen Gewalttaten.

In der seit 1902 geführten Stammrolle war im Jahr 1925 ein Mitgliederstand von 191 ehemaligen Soldaten verzeichnet. „Eine erstaunlich hohe Zahl im Verhältnis zur Einwohnerzahl der Gemeinde Amtzell“, schreibt Eugen Wucherer in seiner Chronik. Aus ihr erfährt man auch, dass der Verein unter Vorstand Metzler besonders aktiv war. Und dass die politische Entwicklung nach 1933 für den Verein den Namen „Reichskriegerbund-Kameradschaft“ brachte.

Wiedergründung nach dem Zweiten Weltkrieg

Der Zweite Weltkrieg forderte unter den aus Amtzell eingezogenen Soldaten viele Opfer: 107 fielen, 53 wurden vermisst. Die französische Besatzungsmacht löste den Verein 1945 auf und beschlagnahmte die Vereinskasse. Vermutlich gingen dabei auch die Unterlagen über diesen Zeitraum verloren.

Es waren der damalige Ortspfarrer Alfons Stübe und sein Amtsbruder Geistlicher Rat Prax, die die Wiedergründung des Vereins förderten und unter den ersten Mitgliedern waren. Julius Schattmaier und Gebhard Zimmermann organisierten 1949 die Abhaltung des sogenannten Kriegerjahrtags. 1952 wurde Zimmermann zum Vorstand gewählt, während Schattmaier sich seither Ehrenvorstand nennen durfte.

Vereinsfahne überlebt Kriegswirren auf „wundersame Weise“

Die ganze Gemeinde war eingebunden, als sich in der Folge ein reges Vereinsleben entwickelte. Und die Vereinsfahne? Sie, die auf „wundersame Weise“ die Nachkriegswirrungen überlebt hatte, wurde renoviert und in einem feierlichen Akt am 23. März 1957 durch Pfarrer Hanser neu geweiht. Und sie begleitet nun schon viele Jahre die verstorbenen Kameraden auf ihrem letzten Weg.

1973 übernahm Konrad Striedacher mit 166 Mitgliedern den Vorsitz. Doch das blieb nicht so. Der Tod riss in den folgenden Jahren große Lücken in die Reihen der Kameradschaft, die durch den Beitritt der Bundeswehr-Reservisten teilweise ausgeglichen werden konnten. 1987 wurde die Wahl eines neuen Vorstands notwendig: Augustin Mayer wurde Vorsitzender, Eugen Wucherer sein Stellvertreter.

Mitgliederzahl sinkt in letzten 25 Jahren von 102 auf 33

Ein besonderes Ereignis im Kalender des Vereins war im Oktober 1993 eine Fahrt ins Elsaß zum Soldatenfriedhof Bergheim, wo auch der Amtzeller Kamerad Walter Bentele seine Ruhestätte fand. Der damalige Bürgermeister Paul Locherer legte einen Kranz nieder und versinnbildlichte damit einmal „die Hinwendung des Vereins zu seinen Wurzeln“, zum anderen die „grenzenlose Pflege der Freundschaft, insbesondere mit den Nachbarn in Frankreich“.

Lag die Mitgliederzahl 1998 bei 102, so ist sie bis heute auf 33 Personen gesunken. Georg Vogler ist mit seinen 102 Jahren fraglos das älteste aktive Mitglied. Diese geringe Zahl tut der Freude über das Jubiläum jedoch keinen Abbruch. Am Sonntag, 19. November, wird gefeiert. Und die Verantwortlichen des Vereins haben große Anstrengungen unternommen, um dem Tag, der aus Totengedenken, Gottesdienst und Festakt besteht, einen würdigen Rahmen zu geben.

So wird das Jubiläum gefeiert

Los geht es mit den Feierlichkeiten zum 150-jährigen Bestehen der Krieger- und Soldatenkameradschaft Amtzell am Sonntag, 19. November, um 9.25 Uhr mit dem Antreten der Vereine am Haus der Gemeinde. Zusammen mit der Musikkapelle und den Fahnenabordnungen geht es dann über die Waldburger Straße zum Ehrenmal auf dem Friedhof, wo um 9.45 Uhr die Gedenkfeier beginnt.

Nach dem Einmarsch in die Kirche geht um 10.30 Uhr der Gottesdienst los, den der Männerchor Amtzell mitgestaltet. Nächster Programmpunkt ist ab 11.30 Uhr der Festakt im Reichlin-Meldegg-Saal des Alten Schlosses, mit musikalischer Umrahmung durch die Bläsergruppe der Musikkapelle und den Männerchor.