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Blähparlament

Die nächste Regierung muss dem Blähparlament ein Ende machen

Ravensburg / Lesedauer: 2 min

Jahrelang wurde eine wirkliche Wahlrechtsreform verschleppt – mit dem Ergebnis, dass der Bundestag weiter gewachsen ist. Das könnte der Union nun auf die Füße fallen, kommentiert Claudia Kling.
Veröffentlicht:25.10.2021, 20:47

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Niemand sägt gerne an dem Ast, auf dem er sitzt. Deshalb ist es durchaus verständlich, dass sich die Union in den vergangenen Jahren gegen eine wirkliche Reform des Wahlrechts gesperrt hat. CDU und CSU waren es gewohnt, in weiten Teilen des Landes die Direktmandate in den Wahlkreisen zu holen.

Es hätten bis zu 900 Abgeordnete werden können

Wäre die Zahl der Wahlkreise in Deutschland reduziert worden, hätte es vor allem sie getroffen. Doch nun ist es ja anders gekommen – die Wahl ist für die Union verloren, der Gang in die Opposition wohl unvermeidlich, und aus schwarzen Sitzen im Bundestag werden rote.

Dass der Bundestag nur moderat um 26 Sitze zugenommen hat, ist nicht das Ergebnis kluger Politik, sondern schlicht Glück. Hätten etwa noch mehr Wähler ihre Erst- und Zweitstimme auf unterschiedliche Parteien verteilt, säßen vielleicht an die 900 Abgeordnete im Parlament.

Doch selbst die 736 Sitze, die jetzt festgeschraubt wurden, sind 137 mehr als vorgesehen. Im Sinne der Bürger ist ein solches Riesenparlament nicht. Denn selbst wer großzügig über die Kosten von mehr als einer Milliarde Euro pro Jahr hinwegsieht, kann keinen Vorteil für die Parlamentsarbeit in überfüllten Gebäuden und allzu großen Ausschüssen sehen.

Der Bundestag platzt aus allen Nähten. Die Großkoalitionäre sind daran gescheitert, das zu verhindern.

Für die Union in der Opposition könnte es bitter werden, wenn nun Grüne und FDP als Teil der angestrebten Ampel-Koalition das nachholen, was viel zu lang verschleppt wurde, und zum großen Wurf bei der Wahlrechtsreform ansetzen.

Machtverhältnisse können sich wieder ändern.

Erwartbar ist, dass sie die Zahl der Wahlkreise noch mehr als bislang geplant reduzieren. Denn für Grüne und Liberale ist damit keine Machtfrage verbunden, da sie nur wenige oder keine Direktmandate holen. Doch wenn die künftigen Regierungspartner klug agieren, werden sie auch die anderen Parteien im Bundestag in den Reformprozess einbeziehen.

Federn lassen müssen alle, um der Reformunfähigkeit in eigener Sache – und damit dem Blähparlament – ein Ende zu machen. Und Machtverhältnisse können sich wieder ändern.