Politik
Was die Ampel gegen die Krise am Bau unternehmen will
Berlin / Lesedauer: 4 min

Claudia Kling
Der Druck auf die Ampel-Koalition hat in den vergangenen Wochen enorm zugenommen: Stornierungen von Bauprojekten, Klagen von Immobilienunternehmen über Zinsen und Kosten, Firmenpleiten. Von dem Ziel, 400.000 neue Wohnungen pro Jahr zu bauen, ist die Bundesregierung weit entfernt. Jetzt versucht sie, das Ruder herumzureißen ‐ mit einem 14-Punkte-Plan, der Bauen einfacher, günstiger und somit attraktiver machen soll. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten zu den Vorhaben der Regierung, die zum Wohnbaugipfel in Berlin bekannt wurden.
Warum bricht der Wohnungsbau ein?
Die Gründe liegen seit Monaten auf dem Tisch: Infolge des Ukraine-Krieges sind die Kosten für Baumaterialien gestiegen, zudem zogen in kurzer Zeit die Zinsen an, um der hohen Inflation entgegenzuwirken. Als Folge dieser Rahmenbedingungen haben selbst große Immobilienunternehmen Projekte auf Eis gelegt, bei Privatleuten, die gut kalkulieren müssen, gehen die bisherigen Finanzierungskonzepte nicht mehr auf. Der Eigentümerverband Haus und Grund wirft der Bundesregierung zudem vor, privaten Immobilieneigentümern „mehr und mehr in den Weg“ zu legen ‐ unter anderem durch das Heizungsgesetz und durch von der EU geplante „Zwangssanierungen“. Sowohl der Verband Haus und Grund als auch der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen GdW blieb dem Bündnis-Treffen im Kanzleramt deshalb fern.
Was haben diese beiden Verbände verpasst?
Mit Blick auf den eigentlichen Termin: nicht viel. Denn die wichtigsten Beschlüsse waren schon vorher geeint. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kündigte zum Auftakt an, insbesondere das serielle Bauen vorantreiben zu wollen, indem die Genehmigungspraxis vereinfacht werden soll. Wenn die Grundstruktur eines Hauses einmal genehmigt sei, soll diese Genehmigung auch in anderen Landkreisen gelten. Dafür müssten der Bund und die Länder jetzt die Voraussetzungen schaffen. Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) sagte, die Bundesregierung verfolge mit dem 14-Punkte-Plan drei Ziele: den Markt zu stabilisieren, ihn zu beleben und etwas Neues, Experimentelles zu wagen.
Welche Vorhaben stechen heraus beim 14-Punkte-Plan?
Dass die Bundesregierung den Energiestandard bei Neubauten nicht weiter verschärft. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) begründete die Entscheidung mit dem Gebäudeenergiegesetz, das sicherstelle, dass in Neubauten von 2024 an klimafreundlich geheizt werde. Deshalb halte er es nicht mehr für nötig, „jetzt auf die Schnelle“ den Standard EH 40 einzuführen. Nach Berechnungen von Experten hätte dies das Bauen um weitere zehn Prozent verteuert. Die Unionsfraktion fordert in einem Antrag, den Bau von Häusern mit Energieeffizienzstandard EH 55 wieder zu fördern. „Dieser spart bereits viel CO2 ein, und Kosten und Nutzen stehen in einem angemessenen Verhältnis“, teilte Jan-Marco Luczak (CDU), baupolitischer Sprecher der Unionsfraktion mit.
Wie sollen Privatleute zum Bauen und zu Investitionen motiviert werden?
Indem die Ampel-Koalition das bislang kaum nachgefragte Programm „Wohneigentum für Familien“ reformiert: Bislang galt für zinsvergünstigte Darlehen eine Einkommensgrenze von 60.000 Euro für eine Familie mit einem Kind. Diese Grenze wird jetzt auf 90.000 Euro angehoben, bei jedem weiteren Kind kommen 10.000 Euro dazu. Auch die Kreditsumme wird um 30.000 Euro nach oben gesetzt. Zudem plant die Bundesregierung das Programm „Jung kauft Alt“, um Privatleute zum Kauf sanierungsbedürftiger Bestandsgebäude zu motivieren. Die genauen Förderbedingungen sind allerdings noch offen. Den Ländern soll eine flexiblere Gestaltung der Grunderwerbsteuer ermöglicht werden.
Was ist für Unternehmen geplant?
Bereits bei der Kabinettsklausur in Meseberg hatte sich die Ampel darauf verständigt, die steuerlichen Rahmenbedingungen für Firmen und Investoren zu verbessern. Durch eine degressive Abschreibung in Höhe von jährlich sechs Prozent sollen Unternehmen Investitionen in den Wohnungsbau schneller refinanzieren können. Künftig sollen auch Wohnungsunternehmen und Vermieter vom sogenannten Klima-Bonus profitieren, der beim Austausch besonders alter Heizungen beantragt werden kann. Die Zuschüsse und steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten bei energieeffizienten Sanierungen werden erhöht.
Welche Reaktionen gab es auf den 14-Punkte-Plan?
Die Opposition wünscht sich mehr Tempo von der Ampel-Koalition. Viele Punkte seien „noch sehr vage und unbestimmt oder müssten erst erarbeitet werden“, kritisierte Luczak. Auch die baden-württembergische Bauministerin Nicole Razavi (CDU) zeigte sich skeptisch, dass die Beschlüsse ausreichen. „Wir haben mit dem Wohnungsbau einen schwer kranken Patienten vor uns“, sagte sie. Therapien mit mittelfristiger Ausrichtung seien in etwa so, als würde man eine Lungenentzündung mit Globuli behandeln. Enttäuscht zeigten sich laut Deutscher Presse-Agentur vor allem Umweltverbände: „Das Maßnahmenpaket der Ampel zum Bauen und Wohnen ist keine Weichenstellung in eine sozial gerechtere und ökologischere Zukunft, sondern ein Fiasko“, kritisierte die Geschäftsführerin beim Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), Antje von Broock.