Parteitag
Nahles schließt personelle Änderungen aus
Berlin / Lesedauer: 3 min

Schwäbische.de
Andrea Nahles gibt nicht auf. Als sie am Montagnachmittag ins Atrium des Willy-Brandt-Hauses kommt, hat die SPD-Chefin sogar ein Lächeln auf den Lippen – und das am Tag nach dem Hessen-Debakel. Was Nahles lächeln lässt, versteckt sie nur notdürftig in ein paar warmen Worten über die scheidende CDU-Vorsitzende: So erinnert die SPD-Chefin daran, dass Angela Merkel „als erste Frau in diese Aufgabe“ gewählt und „damals immer wieder von den Männern – auch in den Medien – belächelt oder für schwach erklärt“ worden sei.
Nahles spricht über Merkel – und meint doch sich selbst. Und in dieser rhetorischen Spiegelung macht sie gleich noch eine deutliche Ansage an alle Genossen, die sie vom Vorsitz verdrängen wollen: „Sie hatte den stärkeren Willen und meistens auch die besseren Nerven als ihre innerparteilichen Kritiker.“
Wechsel an CDU-Spitze begrüßt
Angela Merkel mag sich jetzt, nach 18 Jahren, ihren Widersachern gebeugt haben, Nahles ist trotz aller Probleme in Partei und Regierung nach einem halben Jahr noch nicht dazu bereit. Im Gegenteil: Sie sagt, sie begrüße den bevorstehenden Wechsel an der CDU-Spitze, weil sie hoffe, dass die Konflikte beim Koalitionspartner damit beendet werden können. Ansonsten will sie mit der Personalie aber nichts zu tun haben. „Wir haben eigene Hausaufgaben zu machen“, sagt sie und formuliert etwas ungelenk: „Eine personelle Neuaufstellung ist nicht in Rede in der SPD .“
Stattdessen will sie nach vorn blicken und hat, wie schon am Sonntag angekündigt, einen Fahrplan vorgelegt, der das Handeln von Partei und Regierung für die kommenden zwölf Monate festlegen soll. „Wir erwarten von der Union, dass sie ihre inhaltlichen und personellen Konflikte schnell löst“, heißt es darin unter anderem. Die Genossen geben dem Koalitionspartner Zeit bis Dezember – also bis zum CDU-Parteitag. Zudem gibt es im Nahles-Fahrplan eine Liste von Gesetzen und dazugehörigem Termin. So soll beispielsweise das Gute-Kita-Gesetz noch in diesem Jahr verabschiedet werden. Daran allerdings zweifelte sowieso kaum jemand. Bei einer Vorstandsklausur am 4./5. November soll der Koalitionsfahrplan für eine bessere Arbeitsweise beschlossen werden. Er soll konkrete Zeitpläne enthalten, bis wann welche Projekte beschlossen werden.
Vielen reicht das nicht
Vielen in der Partei reicht das nicht. Sie verlangen etwa, dass Hans-Georg Maaßen endlich die Spitze des Verfassungsschutzes verlässt, und sie wollen auch, dass Innenminister Horst Seehofer (CSU) zurücktritt – beides erwähnt Nahles’ Plan nicht. Zwar ist die Rede davon, dass der Erneuerungsprozess beschleunigt werden soll. Einigen ist aber selbst das zu langsam. Juso-Chef Kevin Kühnert verlangte am Montag, den für Ende 2019 geplanten SPD-Parteitag auf das Frühjahr vorzuziehen. Dort sollen dann auch nicht nur inhaltliche Positionen geklärt werden. Auch die Parteispitze müsse sich zur Wiederwahl stellen, fordert Kühnert. Parteilinke rund um den Bundestagsabgeordneten Marco Bülow und die Flensburger Oberbürgermeisterin Simone Lange verlangten gar den Austritt aus der Koalition und den Rücktritt der gesamten Parteispitze – und zwar sofort. „Wir brauchen einen radikalen Neuanfang“, heißt es in einem Aufruf, den die Gruppe am Montag verschickte. Dass es dazu kommt, ist allerdings unwahrscheinlich. Denn Andrea Nahles hat sich mit ihrem Fahrplan auch Zeit gekauft.
Für Kühnert ist das Urteil klar
Was jedoch passiert, wenn diese Zeit abläuft, da gehen die Meinungen in der SPD sehr weit auseinander. Während für Kühnert feststeht, dass das Urteil über die Große Koalition schon „final gesprochen“ wurde, hofft Nahles noch auf eine Fortsetzung der Regierung. „Entweder findet die Koalition die Kraft, die großen Fragen zu adressieren”, sagt sie und spart das „Oder“ einfach aus. Als dann doch jemand bei Nahles nachhakt, wie diese Alternative zum „Entweder“ denn aussehen könnte, erklärt sie nur knapp: „Mir fehlt die Fantasie, zu glauben, dass wir keine Lösung finden.“