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Katar als Vermittler: Feuerpause in Gaza rückt näher

Istanbul / Lesedauer: 3 min

Das kleine Emirat nimmt bei Verhandlungen im Nahen Osten eine entscheidende Rolle ein. Und kündigt eine baldige Feuerpause und einen Gefangenenaustausch an.
Veröffentlicht:21.11.2023, 15:24

Von:
  • Schwäbische.de
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Die Hoffnungen auf eine Feuerpause nach mehr als sechs Wochen Krieg und fast 15.000 Toten im Gaza-Streifen ruhen auf einem winzigen Land am Persischen Golf: Das Emirat Katar stand am Dienstag nach mehrwöchigen Verhandlungen kurz vor der Verkündung einer Feuerpause und einem Gefangenenaustausch zwischen der Hamas und Israel.

Die Gespräche seien „in der Endphase“, erklärte die Regierung in Doha. So weit wie Katar ist noch kein Vermittler im Gaza-Krieg gekommen. Die Verhandlungen des Emirats zeigen, welche Akteure im Nahen Osten erfolgreich Einfluss nehmen können ‐ und welche nicht. Sprecher der Hamas sowie Medien in Katar und Israel bestätigten am Dienstag, dass eine Einigung bevorstehe.

Einigung ganz nah

Hamas-Chef Ismail Haniyeh sagte der Nachrichtenagentur Reuters, seine Palästinensergruppe habe ihre Antwort auf Vorschläge Katars an die Regierung in Doha geschickt. Eine Einigung sei nah. Fast wortgleich äußerten sich israelische Regierungsvertreter nach einem Bericht des israelischen Fernsehsenders Channel 12. Der katarische Nachrichtensender Al-Dschasira meldete, die katarische Regierung werde die Vereinbarung verkünden. Wann das geschehen sollte, war noch offen.

Die Umrisse einer Einigung waren bereits erkennbar. Die Hamas soll 50 Geiseln freilassen, während Israel laut der US-Nachrichtenseite Axios 150 palästinensische Häftlinge aus den Gefängnissen entlassen soll. Für den Austausch soll eine drei- bis viertägige Feuerpause organisiert werden, die auch der Lieferung von Hilfsgütern in den kriegszerstörten Gaza-Streifen dienen würde.

Neue Kämpfe nach Feuerpause?

Eine zeitlich begrenzte Feuerpause und die Freilassung einiger Gefangener würden den Gaza-Krieg nicht beenden: Hamas-Kämpfer haben seit ihrem Angriff auf Israel am 7. Oktober mehr als 200 Geiseln in ihrer Gewalt; in israelischen Gefängnissen sitzen tausende palästinensische Häftlinge.

Beide Seiten könnten eine Feuerpause nutzen, um ihre Truppen für neue Kämpfe zu rüsten. Doch eine Kampfpause würde die Kriegsparteien unter großen internationalen Druck setzen, die Waffenruhe zu verlängern, um das Leid der Zivilbevölkerung zu lindern und diplomatischen Bemühungen für eine Konfliktlösung eine Chance zu geben.

Die wichtige Rolle von Katar

Katar würde mit einer erfolgreichen Vermittlungsmission zwischen der Hamas und Israel einen diplomatischen Triumph feiern. Das Emirat hat direkte Kontakte zur Hamas-Führung, deren Mitglieder in Doha wohnen, und pflegt enge Beziehungen zum Iran, dem wichtigsten militärischen Unterstützer der Hamas.

Katar finanzierte in den vergangenen Jahren mit Zustimmung Israels zudem die Hamas-Verwaltung in Gaza, was den Einfluss des Emirats auf die Palästinensergruppe noch steigert. Gleichzeitig hat Katar seit Jahren gute Verbindungen zu Israel und ist ein wichtiger Partner der USA am Golf.

Frühere Gefangenenaustausche

Andere Nahost-Staaten wie Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) können weniger ausrichten, weil sie die Hamas wegen ihrer Zugehörigkeit zur islamistischen Bewegung der Muslim-Bruderschaft auf Distanz halten. Auch die Türkei spielte ‐ anders als von Präsident Recep Tayyip Erdogan dargestellt ‐ in den bisherigen Verhandlungen über eine Feuerpause nur eine Nebenrolle.

Vor dem Gaza-Krieg gab es in der Region viel Kritik an der Zusammenarbeit Katars mit dem Iran und der Hamas. Doch sollte nun eine stabile Feuerpause vereinbart werden, dürfte sich die Regierung in Doha in ihrem Kurs bestätigt sehen. Im September hatte Katar bereits einen Gefangenenaustausch zwischen Teheran und den USA vermittelt. Mit einem Deal für Gaza würde das politische Gewicht des Emirats im Nahen Osten weiter steigen.