Journalistenmord
Der Journalistenmord ist den G20 egal: Mohammed bin Salmans Weste ist weißgewaschen
Politik / Lesedauer: 2 min

Schwäbische.de
Dass es so schnell gehen würde, hatte Mohammed bin Salman wohl nicht gedacht. Am Freitagabend in Osaka posierte er mit den Mächtigen der Welt zum Gruppenfoto. „ MBS “, wie der saudische Kronprinz genannt wird, stand, wie es das Protokoll vorschreibt, als nächster Gastgeber der G20 mittendrin. Seine blütenweiße Dischdascha, das traditionelle Gewand der Araber, sollte Unschuld und Reinheit symbolisieren.
Natürlich hatten Reporter US-Präsident Trump nach der Verwicklung von MBS in den Khashoggi-Mord gefragt. Erst vor einer Woche hatte die UN-Menschenrechtsspezialistin Agnes Callamard in ihrem Untersuchungsbericht zum Ausdruck gebracht, dass die Entsendung des saudischen Mordkommandos nach Istanbul im Oktober letzten Jahres nicht ohne das Wissen des jungen Saudis hätte erfolgt sein können. „Niemand“ habe MBS für den Mord verantwortlich gemacht, bürstete der US-Präsident die Fragesteller ab.
Einen Tag später verglich Trump beim Arbeitsfrühstück in Osaka die „spektakuläre Arbeit“ des Kronprinzen gar mit einer „Revolution“. Damit war klar, dass MBS, dem Amerika laut Trump „Millionen von Arbeitsplätzen“ zu verdanken habe, endgültig von jeglicher Schuld reingewaschen war.
Außer dem türkischen Präsidenten Erdogan hatte es auf dem G20-Treffen in Osaka niemand gewagt, die Ermittlungen im Mordfall Khashoggi als „unzureichend“ zu bezeichnen – oder gar darüber hinausgehende Fragen zu stellen. Man duckte sich hinter Trump, für den MBS ein „großartiger Verbündeter“ ist.
Schon wenige Wochen nach dem Mord an Khashoggi hatten nur 40 von 180 geladenen Gästen aus Wirtschaft und Politik den Mut, eine Investorenkonferenz in Riad zu boykottieren. Einige der Ferngebliebenen entschuldigten sich für ihre Absage. Heute würde vermutlich kein Wirtschaftsboss mehr eine Reise nach Riad stornieren. Ein ermordeter und in Stücke gesägter saudischer Journalist kann ja nicht mal mehr das Treffen der 20 Mächtigsten der Welt stören. Michael Wrase