Energiewende
Gabriel muss Länder mit ins Boot holen
Berlin / Lesedauer: 3 min

Schwäbische.de
Energieminister Sigmar Gabriel (SPD) kämpft um die Zustimmung des Bundesrates für seine Ökostrom-Reform, doch aus gleich mehreren Bundesländern – unter anderem Bayern, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein – kommt die Forderung nach Nachbesserungen.
Gabriel sagte bei seiner Regierungserklärung im Bundestag, er werde keine sinkenden Strompreise versprechen: „Aber wir können die Kostendynamik bremsen.“ Laut Eckpunktepapier der Bundesregierung sollen die Kosten der Energiewende „auf einem vertretbaren Niveau“ stabilisiert werden. Es bleibt bei den ehrgeizigen Zielen: Im Jahr 2025 soll der Ökostrom-Anteil am Gesamtverbrauch 45 Prozent erreichen, 2035 bereits bis zu 60 Prozent. 2013 waren es noch 23,4 Prozent.
Die durchschnittliche Förderung je Kilowattstunde Ökostrom soll bis zum Jahr 2015 von durchschnittlich 17 Cent auf zwölf Cent gesenkt werden. Für Bestandsanlagen bleibt es bei den bisherigen, auf 20 Jahre garantierten Fördersätzen. Insbesondere für die Nord-Länder sind Gabriels Pläne für Windenergie ein Aufreger. Er will einen sogenannten atmenden Deckel, wie bei der Fotovoltaik. Das Prinzip: Die Fördersätze werden automatisch gekürzt, sofern in einem Jahr schon Windräder mit einer Kapazität von mehr als 2500 Megawatt neu ans Netz gegangen sind. Gabriel sagte, das liege am oberen Rand dessen, was zuletzt jährlich installiert worden sei. Niemand wolle die Windenergie ausbremsen. Am Donnerstag gab es nach einem Treffen der Länder-Energieminister mit Gabriel Kompromisssignale: Eine faktische Anhebung der Zubau-Obergrenze sei denkbar, so Schleswig-Holsteins Energieminister Robert Habeck (Grüne). Nämlich dann, wenn die Aufrüstung bestehender Anlagen mit stärkeren Turbinen nicht automatisch angerechnet wird.
Die Details der geplanten Kürzungen will Gabriel zunächst hinter verschlossenen Türen mit der EU-Kommission abstimmen. Die Brüsseler Behörde sieht in den Rabatten eine mögliche Wettbewerbsverzerrung und hat ein Verfahren gegen Deutschland eröffnet. Strittig ist, ob und inwieweit die Deutsche Bahn künftig noch von der Ökostrom-Umlage ausgenommen bleibt.
Umlage soll ausgeweitet werden
Die Bundesregierung will künftig auch Betriebe, die ihren Strom selbst produzieren, zur Kasse bitten und von ihnen eine Ökostrom-Umlage verlangen. Das sei, als ob jemand Mehrwertsteuer dafür bezahlen müsse, wenn er die Äpfel seines eigenen Baumes esse, kritisiert Matthias Wissmann, Präsident des Verbandes der Automobilindustrie (VDA). Hintergrund: In der Wirtschaft gibt es einen Trend zur Eigenversorgung aus betriebseigenen Kraftwerken. Und je weniger Unternehmen und Verbraucher die EEG-Umlage zahlen, desto höher die Belastung für die übrigen.
Die Widerstände der Bundesländer sind erheblich. Ohne Zustimmung des Bundesrats geht aber nichts. Die Wunschlisten der Länder sind lang. Die bayerische Wirtschaftsministerin Ilse Aigner fordert, bei der Biomasse die vorhandene Kapazität ohne einen großen Zubau vernünftig zu nutzen. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig stellt sich gegen staatlich festgelegte Ausbau- und Mengenziele für Windenergie an Land: „Das haben wir schon im Sozialismus erlebt, dass so was nicht funktioniert.“