StartseitePolitikFamilienmitglied von Shani Louk wirft CDU „reine Propaganda“ vor

Von der Hamas ermordete Frau

Familienmitglied von Shani Louk wirft CDU „reine Propaganda“ vor

Ravensburg / Lesedauer: 4 min

Ein Familienmitglied von Shani Louk erhebt schwere Vorwürfe gegen die CDU und Außenministerin Baerbock. Die CDU hätte die Ermordung durch die Hamas für PR-Zwecke missbraucht.
Veröffentlicht:21.11.2023, 17:00

Von:
  • Robin Halle
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Die Ermordung der Ravensburgerin Shani Louk durch die Hamas in Israel hat ein trauriges Nachspiel. Ein Familienangehöriger erhebt schwere Vorwürfe gegen CDU. Außerdem wirft er Bundesaußenministerin Annalena Baerbock falsche Tränen vor.

Der Mann heißt Wilfried Gehr. Er lebt in Sulz am Neckar und ist seit Jahren der Partner von Orly Louk, der Tante von Shani Louk.

Zuerst der Vorgang, den die CDU in Berlin betrifft. Gehr sagt gegenüber der „Schwäbischen Zeitung“: „Die CDU hat auf ihrer Internetseite ein Foto von Shani gezeigt, ohne uns als Familie um Erlaubnis zu fragen. Das Ganze war reine Propaganda. Nach dem Motto: ,Die CDU trauert um Shani.‘ Dreifach groß CDU, nur ein kleiner Text über Shani. Das geht gar nicht! Ich habe den Bundesgeschäftsführer der CDU aufgefordert, die Seite mit dem Bild von Shani im Internet zu löschen.“

Schwere Vorwürfe an CDU

Gehr weiter: „Die Seite wurde inzwischen gelöscht. Aber das Internet vergisst nicht. Die Seite wurde vielfach geteilt und kommentiert. Wir sind im Schriftverkehr mit dem Bundesgeschäftsführer der CDU. Mal sehen, was da noch rauskommt.“

Im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“ bestätigt ein CDU-Sprecher den Vorgang, ohne sich zitieren zu lassen. Allerdings rückt die CDU den Vorgang in einen anderen Kontext.

Das Foto von Shani Louk sei auf einer CDU-Kachel im Internet verbreitet worden, um die ehrliche Trauer der Partei auszudrücken. Nachdem Gehr seinen Unmut über den Vorgang äußerte, sei der Post umgehend aus dem Netz entfernt worden.

Zudem habe Bundesgeschäftsführer Christoph Hoppe einen Brief an Gehr geschrieben und um Entschuldigung gebeten. Aus technischen Gründen sei es nicht möglich, alle geteilten Posts aus dem Netz zu entfernen. Grundsätzlich betone die CDU, dass der Kontakt zur Familie von Shani Louk gut sei ‐ eben bis auf diesen Vorgang.

Ravensburger CDU-Mann Müller hilft Familie

Auch Gehr will nicht komplett mit der CDU brechen. Er erinnert an die ersten Wochen nach dem Massaker auf dem Festivalgelände im Süden Israels, als es noch hieß, Shani Louk sei entführt worden.

„Der einzige, der wirklich geholfen hat, war der Ravensburger CDU-Bundestagsabgeordnete Axel Müller“, so Gehr, „er hat Kontakt zum Bundeskriminalamt aufgenommen. Danach hatten wir etwas Hoffnung.“

Allerdings wurden später Knochenteile von Shani Louk auf dem Festivalgelände gefunden. Die israelische Armee hatte die Tochter der Ravensburgerin Ricarda Louk nach einem DNA-Abgleich für tot erklärt, obwohl bis heute keine Leiche gefunden wurde. Die siebentägige Trauer um Shani Louk in Israel, die vorige Woche endete, fand ohne Beerdigung statt.

Gehr wirft Baerbock eine Show vor

Jetzt zur Thematik um Annalena Baerbock. Gehr wird emotional, wenn er über ein Treffen der Außenministerin am 13. Oktober mit Familienangehörigen der Geiseln in Israel spricht.

Baerbock hatte bei der anschließenden Pressekonferenz mit den Tränen gekämpft, als sie sagte: „Ich appelliere an dieser Stelle nicht nur als deutsche Außenministerin, sondern als Mensch, als Mutter an die Hamas und ihre Verbündeten: Lassen Sie diese unschuldigen Menschen frei.“

In unserer Familie verarbeitet jeder die Vorgänge in dieser schwierigen Zeit anders. Ich empfand das Mitgefühl von Frau Baerbock als durchaus ehrlich.

Ricarda Louk

Gehr sagt dazu: „Der Auftritt von Frau Baerbock war eine reine Showveranstaltung. Sie hat sich nur ablichten lassen und ein paar Tränen runtergedrückt.“ Gehr wirft der Außenministerin vor, dass sich die Bundesregierung und die Deutsche Botschaft viel zu wenig um die Familien der Geiseln gekümmert habe.

Mutter Louk empfindet Baerbocks Mitgefühl als ehrlich

Ricarda Louk, die Mutter der ermordeten Shani Louk, bewertet das Handeln der Regierung nicht ganz so kritisch. Sie sagt gegenüber der „Schwäbischen Zeitung“: „In unserer Familie verarbeitet jeder die Vorgänge in dieser schwierigen Zeit anders. Ich empfand das Mitgefühl von Frau Baerbock als durchaus ehrlich.“

Louk hätte sich allerdings eine besserere Informationspolitik seitens der Regierung gewünscht. Die Familie stand kurz nach dem Verschwinden von Shani Louk mit einer Person vom Bundeskriminalamt in Kontakt, später mit dem Auswärtigem Amt.

Langes Warten auf Antworten

Louk sagt: „Wir hatten sehr viele Fragen, aber es kam nicht viel zurück. Man hat uns nicht über den Stand der Verhandlungen informiert. Das konnte ich einerseits verstehen, weil man die Verhandlungen nicht gefährden wollte. Andererseits war es für uns als Familie eine ganz schwierige Zeit, weil wir auf Antworten gewartet hatten.“

Auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“ antwortet das Auswärtige Amt jetzt: „Außenministerin Baerbock hat unmittelbar nach den Terroranschlägen vom 7. Oktober im Auswärtigen Amt einen Sonderstab für die von der Hamas verschleppten Personen eingerichtet. In diesem Sonderstab werden unter Leitung des Krisenbeauftragten alle relevanten Ressorts und Sicherheitsbehörden eingebunden und die Erkenntnisse der Bundesregierung gebündelt. Der Sonderstab steht in engem Austausch und intensiver Abstimmung mit den israelischen Behörden und anderen Partnern in der Region und darüber hinaus.“

Zu Einzelfällen wie dem der Familie Louk könne sich das Amt aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes der Betroffenen nicht äußern.

Gehr ist unabhängig von diesen Aussagen weiter von der Politik enttäuscht. Er sagt abschließend: „Die Situation ist brutal schwierig. Es gibt noch viele Fragezeichen, was den Tod von Shani angeht.“