Diskussionspapier
Euro-Reform in kleinen Schritten
Politik / Lesedauer: 3 min

Schwäbische.de
Innerhalb von acht Jahren will die EU-Kommission die Währungsunion „vollenden“ – so steht es in einem knapp 40-seitigen Diskussionspapier, das am Mittwoch in Brüssel vorgestellt wurde. Die Frage, wie der Euro gleichzeitig den Wohlstand aller steigern, soziale Gerechtigkeit fördern, sowie Wachstum und Preisstabilität sichern soll, ist sowohl zwischen den Mitgliedsstaaten als auch zwischen einzelnen Kommissaren hoch umstritten.
Exemplarisch steht dafür das Paar, das die Ideen am Mittwoch vorstellte. Während der Lette Valdis Dombrovskis eher die deutsche Linie vertritt, also Spardisziplin und Strukturreformen von den Euroländern fordert, sieht der Franzose Pierre Moscovici im Euro hauptsächlich ein Mittel, die Lebensverhältnisse der Europäer anzugleichen. Für wirtschaftsstarke Länder wie Deutschland würde das bedeuten, dass sie von ihrem Wohlstand mehr abgeben sollen, damit es Griechenland, Italien und Frankreich besser geht.
Moscovici ist von den Reformideen des neuen französischen Präsidenten Emmanuel Macron stark beeinflusst. Dieser wünscht sich einen Eurofinanzminister und ein gemeinsames Budget für die Eurozone. Der „Mister Euro“ solle nach einem Vorschlag in Vollzeit gleichzeitig Eurogruppenchef und Währungskommissar sein.
Diese Reformkonzepte vertagte die Kommission jedoch. Dass die Runde der Finanzminister von einem Mitglied der EU-Kommission geführt werden soll, könnte problematisch sein. Schließlich haben beide Gremien klar voneinander abgegrenzte Aufgaben – zum Beispiel bei der Überwachung der Schuldenquote oder der Haushaltsplanung der Euroländer.
Stärkere demokratische Kontrolle
„Mehr Konvergenz“ ist für Pierre Moscovici das Schlüsselwort der Reform. „Europa ist jetzt schon ein Symbol der Einheit und steht für Stabilität. Jetzt brauchen wir ein Instrument, um dem Wohlstand gerecht zu teilen. Nur so können wir den gefährlichen Populismus stoppen“, erklärte er. Für eine bessere Lasten- und Risikoteilung gibt es bereits einige Ideen, wie zum Beispiel eine gemeinsame Einlagensicherung für alle Sparer in der EU , eine europäische Arbeitslosenversicherung oder eine Ausweitung des Europäischen Rettungsfonds.
Die umstrittenen Eurobonds werden zwar ausgeschlossen. Doch wird unter dem Kürzel SBBS (Sovereign bond-backed securities) ein Instrument beschrieben, das eben doch auf eine gemeinsame Haftung für Staatsanleihen hinausläuft.
Die demokratische Kontrolle der Eurozone soll durch engere Einbindung des Europaparlaments und der nationalen Parlamente verbessert werden. Der schon jetzt geübte „regelmäßige Dialog“ soll durch einen Vertrag zwischen EU-Parlament und Kommission zu einer ständigen Einrichtung werden. Mittelfristig soll sich auch die Eurogruppe einer solchen parlamentarischen Rechenschaftspflicht auf europäischer Ebene unterwerfen, ohne die Rückkoppelung an die nationalen Parlamenten aufzugeben. Die EU-Kommission will diese Reformen in einer Phase anstoßen, in der sich nach ihrer Überzeugung die europäische Wirtschaft im Aufschwung befindet und auch die Zustimmungswerte zur EU wieder steigen. „Vor einigen Monaten war Europa noch in der Defensive“, erinnert Moscovici. „Es gab starke antieuropäische Strömungen in Österreich, den Niederlanden und Frankreich . Doch der französisch-deutsche Vorstoß und die italienischen Überlegungen zeigen, dass jetzt der Moment ist, ehrgeiziger für die Reform der Eurozone zu planen“, sagte der Franzose.
Man müsse aus dem Reparatur- und Krisenmodus herauskommen und stattdessen für die anstehenden Herausforderungen planen, ergänzt Valdis Dombrovskis . Schließlich hätten sich alle Mitgliedsstaaten außer Dänemark mit dem Beitritt verpflichtet, mittelfristig den Euro als Währung zu übernehmen.
Umfragen zeigen allerdings, dass die Euphorie keineswegs so groß ist, wie die Kommissare das wahrzunehmen scheinen. In Tschechien wünschen sich derzeit nur 21 Prozent der Befragten einen Beitritt zur Eurozone.