StartseitePolitikBritanniens Regierung sagt Nein zum Sparkurs

Verkehrsinfrastruktur

Britanniens Regierung sagt Nein zum Sparkurs

Politik / Lesedauer: 2 min

Mit dem strengen Sparkurs soll es in Großbritannien vorbei sein. Das hatte Premierministerin Theresa May angekündigt, Finanzminister Philip Hammond erläuterte die Details.
Veröffentlicht:29.10.2018, 21:33

Von:
  • Schwäbische.de
Artikel teilen:

Zusätzliche Milliarden für das staatliche Gesundheitssystem und wichtige Verkehrsinfrastruktur, mehr Geld für schnelleres Internet, höhere Sozialausgaben – mit der strengen Sparpolitik in Großbritannien soll es vorbei sein. Das hatte Premierministerin Theresa May bereits angekündigt, nun lieferte Finanzminister Philip Hammond die Details. „Austerität geht zu Ende, die Ausgabendisziplin bleibt“ sagte Hammond am Montag im Unterhaus.

Allerdings stehe sein Haushalt unter dem Vorbehalt einer gütlichen Brexit-Einigung, warnte der staatliche Finanzverwalter. Notfalls werde er nach dem EU-Austritt im Frühjahr ein neues Budget vorlegen. Bereits übers Wochenende hatte sich der als fiskalischer Falke geltende Hammond, 62, ausdrücklich gegen den Chaos-Brexit ohne Austrittsvereinbarung gewandt, den die EU-Feinde seiner konservativen Fraktion propagieren. Hingegen betonte ein Sprecher der Downing Street, die jetzt verkündeten Ausgabe-Versprechen würden in jedem Fall eingehalten.

Furcht vor dem „Brexit-Orkan“

Hammonds Skepsis über die Bestandsgarantie für die Haushaltsplanung wird von vielen Beobachtern geteilt. Der Haushalt vom Montag könne leicht „dem Brexit-Orkan“ zum Opfer fallen, befürchtet beispielsweise der konservative Kolumnist Matthew d’Ancona. Zudem ist keineswegs gesichert, ob das Unterhaus dem Zahlenpaket zustimmen wird. Die Labour-Opposition will größeres Entgegenkommen für sozial Schwache erzwingen; auch die Unterstützung der erzkonservativen nordirischen Unionisten ist unsicher – auf sie ist Mays konservative Minderheitsregierung aber angewiesen.

Ohnehin beziehen sich viele der von Hammond angekündigten Wohltaten auf Ziele im kommenden Jahrzehnt. So sollen die zusätzlichen Beträge dem Gesundheitssystem NHS vom kommenden Steuerjahr an zur Verfügung stehen, das im April 2019 beginnt. Erst 2024 wäre die verkündete Summe von zusätzlich 20 Milliarden Pfund erreicht. Unmittelbar wirksam werden soll eine Steuererleichterung für Einzelhändler. In den vergangenen Wochen hatten immer wieder etablierte Ketten wie Debenhams mit Hiobsbotschaften über die Schließung hunderter Filialen auf sich aufmerksam gemacht.

Mit seiner Skepsis gegenüber den behaupteten Brexit-Zusatzeinnahmen hat sich Hammond bei Kabinettskollegen wie dem Außenhandelsminister Liam Fox unbeliebt gemacht. Allerdings gibt es seriöse Berechnungen, etwa vom Thinktank CER, dass die britische Wirtschaft seit der Austrittsentscheidung vom Juni 2016 um 2,5 Prozent weniger stark gewachsen ist als vorherige Projektionen erwarten ließen. In diesem Jahr dürfte das Wachstum 1,3 Prozent erreichen, die Inflation liegt mit 2,4 Prozent über dem offiziellen Ziel der Bank of England, das Defizit ging zuletzt auf 1,7 Prozent des Nationaleinkommens zurück.

Seit 2010 fiel die Staatsquote in Großbritannien von 47,6 auf zuletzt 41,1 Prozent. Das macht sich an vielerlei Stellen bemerkbar. So hat die stark geschrumpfte Polizei mit einer Welle von Raubüberfällen zu kämpfen; viele Kommunalregierungen, die für die Pflege von immer mehr alten Menschen zuständig sind, stehen vor dem Bankrott.