StartseitePolitikDen Berufsschulen droht ein großer Lehrermangel

Berufsschule

Den Berufsschulen droht ein großer Lehrermangel

Berlin / Lesedauer: 3 min

Bis 2030 geht fast die Hälfte in Pension – Bertelsmann Stiftung fordert, Zahl der Studienplätze deutlich zu erhöhen
Veröffentlicht:29.10.2018, 20:43

Artikel teilen:

Bis zum Jahr 2030 werden an den Berufsschulen bundesweit etwa 60 000 neue Lehrkräfte gebraucht. Denn fast die Hälfte der rund 125 000 Berufsschullehrer geht bis dahin in Pension. Es werden aber viel zu wenige ausgebildet: jährlich derzeit nur etwa 2000. Benötigt werden aber doppelt so viele, schlägt die Bertelsmann Stiftung Alarm.

Die Zahlen hat der Bildungsforscher Klaus Klemm für die Stiftung ausgerechnet. „Ein Mangel an Berufsschullehrern schwächt unser Ausbildungssystem“, warnte Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung. „Das nimmt Jugendlichen wichtige Bildungschancen und schadet der Wirtschaft.“

Die Kultusminister unterschätzen nach Ansicht von Klemm den Bedarf. Denn sie berücksichtigen nicht, dass die Geburtenrate seit 2015 steigt und es daher mehr Schüler gibt. Nach seinen Berechnungen ist nur von 2021 bis 2025 eine gewisse Entspannung zu erwarten. Dann müssen bundesweit 3300 neue Berufsschullehrer pro Jahr eingestellt werden. Danach steigt allerdings der Bedarf bis 2030 auf 4800 und bis 2035 sogar auf 6000.

Bundesweit gab es im Schuljahr 2016/17 über 2,5 Millionen Berufsschüler. Davon besuchten 960 000 Vollzeitunterricht, etwa in Berufsfachschulen oder in Fachgymnasien. Die übrigen wurden in Teilzeit ausgebildet, sie gingen also neben der Lehre im Betrieb für den schulischen Teil in die Berufsschule.

Im Westen Entspannung bis 2025

Die größten Probleme drohen in den ostdeutschen Flächenländern. Denn hier steigt die Zahl der Schüler kontinuierlich an von aktuell 276 000 auf 303 000 im Jahr 2035. Auch in den Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg gibt es eine Zunahme. Dagegen rechnet Klemm in den westdeutschen Flächenländern mit einer zeitweiligen Entspannung, weil die Schülerzahlen bis etwa 2025 um zehn Prozent zurückgehen und erst danach wieder zunehmen dürfte. Bundesweit sind 48 Prozent der Lehrkräfte über 50 Jahre alt.

Nötig sei, mehr Berufsschullehrer auszubilden. Allerdings seien die Ausbildungskapazitäten für Berufsschullehrer an vielen Unis zurückgefahren worden. Dabei dauert die Ausbildung einschließlich Referendariat in der Regel mehr als sieben Jahre. Vor allem bei gewerblich-technischen Fächern drohen große Nachwuchsprobleme. Hinzu kommen 1000 Absolventen pro Jahr, die auf Lehramt an Gymnasien studiert haben und in allgemeinen Fächern eingesetzt werden. Schon bis 2020 können nur drei von vier Stellen mit ausgebildeten Lehrkräften besetzt werden. Quer- und Seiteneinsteiger seien daher weiter wichtig. Derzeit ist jeder Dritte kein ausgebildeter Berufsschullehrer. Kurzfristig können sich die Länder bemühen, Teilzeitkräfte zu mehr Stunden zu motivieren. 30 Prozent arbeiten nicht voll.

Wenn mehr Berufsschullehrer ausgebildet werden, erfordert das auch mehr Geld. Bis 2025 muss die öffentliche Hand mindestens 1,6 Milliarden Euro mehr ausgeben, hat die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) ausgerechnet. Davon entfallen 1,3 Milliarden Euro auf die Bundesländer, der Rest auf Landkreise und kreisfreie Städte.