Die, die immer lacht
Schlagersängerin Kerstin Ott kritisiert Klinikschließungen auf dem Land
Panorama / Lesedauer: 5 min

- Robin Halle
Sie ist nicht nur „Die, die immer lacht“, wie es in ihrem Hit heißt. Sie ist auch eine Frau mit klaren Standpunkten: Sängerin Kerstin Ott (41) äußert sich vor ihrem Konzert am 20. November in der bigBOX Kempten gegenüber der „Schwäbischen Zeitung“ zu gesellschaftspolitischen und privaten Themen.
Frau Ott, bevor wir über Ihre Musik sprechen, wollen wir Sie etwas besser kennenlernen. Womit kann man Sie auf die Palme bringen?
Da gibt’s mehrere Punkte. Wenn ich Hunger habe, reagiere ich schnell gereizt. Ich bin gerne pünktlich und hasse Unpünktlichkeit. In der Stadt nerven mich willkürlich fahrende Fahrradfahrer.
Kerstin OttIch nenne auch ein Thema, über das in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert wird: Die Klimakleber!
Natürlich darf jeder für seine Sache demonstrieren. Aber ich kann es nicht nachvollziehen, wenn einige Klimakleber mit dem Auto zum Demonstrationsort fahren. Da beginnt für mich die Doppelmoral.
Auto ist das Stichwort. Sie haben mit 18 Jahren viel Geld in Spielotheken verloren, Ihre Wohnung wurde gekündigt und Sie mussten sogar im Auto schlafen. Wie denken Sie heute über diese Zeit?
Auch wenn diese Zeit oft schmerzhaft war: Ich habe sehr viel daraus gelernt! Zum Beispiel, wie schnell man in Süchte geraten kann und wie schnell so eine Abwärtsspirale verläuft. Deshalb bin ich heute viel vorsichtiger und nicht mehr so leichtfertig wie damals.
Welche negative Eigenschaft würden Sie gerne ablegen?
Ich bezeichne es als größten Mist in meinem Leben, mit dem Rauchen angefangen zu haben. Der zweitgrößte Mist war, dass ich mit Mitte 20 aufgehört habe, Sport zu treiben. Sport ist wichtig für das allgemeine Wohlbefinden. Etwas weniger Fast Food würde meiner Figur nicht schaden. Ich bin auch keine gute Beifahrerin.
Meine Frau meint, ich würde als Beifahrerin meine Aggressionen abbauen. Aber ich gelobe Besserung! Genauso, was meine Einstellung zur Arbeit angeht. Ich würde mich als Workaholic bezeichnen. Das kann gefährlich sein. Ich muss mich dazu zwingen, Pausen und Freiräume zu schaffen.
Wenn Sie politischen Einfluss hätten: Welche Themen würden Sie angehen?
Ich würde das gesamte Kranken- und Pflegesystem ändern. Ich würde Krankenhäuser verstaatlichen.
Krankenhäuser verstaatlichen: Wie soll das funktionieren?
Natürlich können die Betreiber von privaten Krankenhäusern nicht gezwungen werden, ihre Häuser zu veräußern. Aber der Staat sollte seine Krankenhäuser in kommunaler Trägerschaft belassen. Das kostet Geld, ja. Aber dieses Geld ist nötig, um die medizinische Versorgung der Menschen sicherzustellen. Insbesondere auf dem Land.
Es kann nicht sein, dass die Menschen 30, 40 oder 50 Kilometer fahren müssen, um ein Krankenhaus aufzusuchen. Gesundheit ist das höchste Gut! Deshalb sollten Krankenhäuser in kommunaler Trägerschaft nicht länger verkauft oder geschlossen werden.
Welche gesellschaftspolitischen Themen würden Sie noch angehen?
Ich würde den Mittelstand stärken und Bürokratie schneller abbauen. Ich würde Schulen auf den neuesten technischen Stand bringen und am Schulsystem generell viele Änderungen vornehmen. Da hat sich in den vergangenen 50 Jahren wenig geändert.
Ich würde das Handwerk attraktiv für die Jugend machen. Es ist falsch, immer nur Wert auf Studierende zu legen. Das fällt uns bald auf die Füße. Wir brauchen Menschen, die anpacken.
Für manche Vorschläge ernten Sie nicht nur Zuspruch. Wie reagieren Sie auf Kritik?
Solange es respektvoll ist, habe ich damit kein Problem.
Reden wir über Geld. Sie haben in der TV-Sendung „Riverboat“ gesagt: „Für einen Auftritt von einer halben Stunde am Abend hab‘ ich Kohle bekommen, für die ich als Handwerkerin einen Monat arbeiten gegangen wäre.“ Haben Sie mit 41 Jahren finanziell ausgesorgt?
Ja und nein. Mein Lebensstandard hat sich gegenüber den alten Zeiten verändert. Eigenes Haus, zwei Autos, schöne Urlaube mit der Familie und so weiter.
Es wäre gelogen, wenn ich das nicht verlockend finde. Wenn ich alles so behalten will, muss ich arbeiten. Wobei ich meine Arbeit liebe.
Wie wichtig ist Geld für Sie?
Schon wichtig. Damit kann ich mir Ziele ermöglichen. Aber ich bin ein Sicherheitsmensch. Es würde mir schwerfallen, einen Punkt zu nennen, wo ich sage: Jetzt bin ich finanziell durch.
Sind Sie gläubig?
Ich glaube nicht an die Kirche und an die Organisation, die dahinter steckt.
Reden wir über Musik. Sie haben Ihren Hit „Die, die immer lacht“ im Jahr 2005 in fünf Minuten am Küchentisch geschrieben. Würde so etwas heute noch funktionieren?
Generell schon. Man muss Ideen ausprobieren und merkt schnell, ob man daraus einen guten Song machen kann. Der Alltag spielt dabei eine große Rolle. Dinge, die mich berühren, die mich ärgern, die mich bewegen.
Wie beim „Song für Romy“. Romy hat Trisomie 21. Sie war auf vielen meiner Konzerte und hat mir sehr emotionale Briefe geschrieben. Sie ist inzwischen eine liebe Brieffreundin. Es kommt auch vor, dass meine Plattenfirma Universal Ideen für neue Songs vorträgt. Entscheiden kann ich letztlich selbst. Das war damals eine Vereinbarung.
Sie treten am 20. November in der bigBOX Kempten auf. Was machen Sie in den letzten zwei Stunden vor dem Konzert?
Ich gehe das Programm durch und singe mich ein. Dann mache ich mich fertig und schon geht’s los. Wir freuen uns wahnsinnig auf jede einzelne Stadt, jede Halle und natürlich auf Kempten.
Ich garantiere den Fans: Es wird gefeiert, getanzt, gelacht und geweint. Tolle Geschichten, tolle Songs, viele Emotionen und natürlich die beste Band der Welt. Es wird super in Kempten!