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Bärenplatz

Aufgegabelt: Die schwäbischen Traditionalisten vom Bärenplatz

Tettnang / Lesedauer: 2 min

Aufgegabelt: Die schwäbischen Traditionalisten vom Bärenplatz
Veröffentlicht:30.03.2015, 14:01

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Wenn Tettnang nicht schon so viele Wahrzeichen hätte, dann würden die altehrwürdigen Torstuben gewiss dazu gehören: Äußerlich der Prototyp einer schwäbischen Wirtschaft, und drinnen so gemütlich, dass man die Schuhe abstreifen und die strumpfsockigen Füße auf der Ofenbank ausstrecken möchte. Die Geschichte des Hauses reicht bis ins Jahr 1700 zurück. 1974 ging es in die Hände der Familie Schühle über, wo es bis zum heutigen Tag bestens aufgehoben ist.

Wer so lange so tief gastronomisch verwurzelt ist, der muss eine ganze Menge richtig gemacht haben. Fangen wir mal bei der Atmosphäre an: Die vordere Gaststube ist noch traditionell in hellem Holz gehalten, das Mobiliar ächzt ein bisschen unter den Jahren. Nur ultramoderne Lampen über den Tischen, die ein wenig an fliegende Untertassen erinnern, verheißen einen Sinn für Gegenwart. Die hintere Gaststube ist vor kurzer Zeit erst komplett modernisiert worden: Grobes Holz am Boden und an den Wänden, erdige Rottöne, historische Fotos von Tettnang – hier verbreiten die Torstuben geschmackvollen Hüttenzauber.

Aber der Mensch lebt nicht vom Gucken allein, darum her mit der Speisekarte: Da schwäbelt es unüberhörbar, spätestens bei den hausgemachten Maultaschen. Zwiebelrostbratenseligkeit, Schnitzelvariationen, wilde Begegnungen mit Reh und Hirsch aus der Gegend. Schon beim sämigen Pfifferling-rahmsüppchen erkennt der löffelschwingende Genießer, dass der Begriff „gutbürgerlich“ durchaus ein Ehrentitel sein kann. Die Waldpilzessenz mit den Wildhasenravioli belegt mit Aromen aus dem Forst, dass sich die Küche auch auf saisonale Raffinessen versteht. Verwirrend dabei ist nur, dass die Suppe in einem neutralen ästhetischen Teller gereicht wird, die Essenz aber in einer Terrine mit dem Dekor der 80er Jahre.

Wirklich eindrucksvoll gelungen sind die Maultaschen, die knusprig gebraten mit saftiger Fülle an den Tisch kommen und selbigen tief in fleischiges Aroma tauchen. Auch der Kartoffelsalat macht der Küche Ehre, indem er fröhlich vor sich hinschlotzt. Röstzwiebeln und Bratensößle dazu – fertig ist das essbare Heimatgefühl. Der Hirschbraten in Wachholder steht dem nicht nach – wie Rübensirup zieht sich die Sauce über den Teller und bereitet Rahmwirsing und Schupfnudeln eine aromatische Unterlage. Wermutstropfen auf den Tellern: Welke Petersilie, die man in den 70er-Jahren schön fand. Den winterlichen Abschluss des Menüs läutet das Eis vom Bratapfel ein. Saftig, likörschwanger und mit Wucht schlägt es ein im Geschmackszentrum. Wenn die Torstuben auch nicht zu den offiziellen Wahrzeichen Tettnangs zählen – zu den kulinarischen gehören sie auf jeden Fall.

Torstuben Tettnang

Bärenplatz 8

D-88069 Tettnang

Telefon 07542-93860