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Reisemobile

Touristiker setzen auf Reisemobile

Kaufbeuren / Lesedauer: 4 min

Immer mehr Kommunen bieten Stellplätze – Übernachtungsgäste sind ein Wirtschaftsfaktor
Veröffentlicht:11.07.2013, 22:40

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Die erste Etappe war, nun ja – überschaubar. Führte sie das Ehepaar Nämack doch gerade einmal von Kempten nach Kaufbeuren . Drei Monate wollen die beiden durch Süddeutschland unterwegs sein mit ihrem Wohnmobil. Bloß keine Hektik also. Oder wie Lothar Nämack sagt: „Ein Wohnmobil-Fahrer hat immer viel Zeit.“ Weswegen die Reisenden bereits nach rund 40 Kilometern den ersten Übernachtungsstopp einlegten. Auf dem Wohnmobil-Stellplatz in Kaufbeuren. Und hier steht der Rentner nun nach einer „angenehmen und ruhigen Nacht“ und sagt: „Der Platz hier ist toll und das Serviceangebot richtig gut.“

Mit der Anzahl der Stellplätze für Reisemobilfahrer geht es in Deutschland stetig bergauf. Das Fachmagazin „Promobil“ verzeichnet allein für die vergangenen beiden Jahre eine Zunahme um 15 Prozent. In der Region gibt es über 40 Städte und Gemeinden mit einem derartigen Übernachtungsangebot. Größe und Serviceeinrichtungen unterscheiden sich oft erheblich: Vom kostenlosen Platz für vier Wohnmobile wie etwa in Marktoberdorf bis hin zum großen gebührenpflichtigen Wohnmobilstellplatz Oberstdorf für 150 Reisemobile, der dafür unter anderem ein modernes Sanitärhaus mit Duschen bietet (zwölf Euro pro Stellplatz plus Kurtaxe). Und das Angebot im Allgäu wird ausgeweitet. So feilen etwa in der Stadt Kempten Touristiker und Baufachleute an einem neuen Konzept und der Aufstockung der derzeit sechs Stellplätze.

„Brauchen solch ein Angebot“

Den Platz in Kaufbeuren gibt es seit vergangenem Mai. „Und er wird gut angenommen“, sagt Carmen Müller vom Tourismus- und Stadtmarketing Kaufbeuren. Der gekieste Platz am Stadtrand verfügt über acht Stellplätze und ist mit Ver- und Entsorgungseinrichtungen für Wasser ausgestattet. Bezahlen müssen die Wohnmobilisten lediglich für den Stromanschluss. Bis zu drei Tage darf ein Reisemobil dort geparkt werden. „Wir in Kaufbeuren sind ein gut frequentiertes Ziel im Städtetourismus und brauchen daher solch ein Angebot“, sagt Müller. Reisemobilfahrer sind bei Touristikern gern gesehene Übernachtungsgäste. Carmen Müller: „Sie bringen Geld nach Kaufbeuren.“ Nach einer Studie des Bundeswirtschaftsministeriums lassen Wohnmobilisten täglich 40 Euro pro Person in der besuchten Stadt. Davon entfallen etwa 16 Euro auf Lebensmittel und andere Einkäufe, etwa 16 Euro auf Ausgaben in der Gastronomie und etwa acht Euro auf die Freizeitgestaltung.

Doch warum fahren die Wohnmobilisten nicht gleich auf einen Campingplatz mit Rundumversorgung, sondern nutzen die teils spartanischen Stellplätze? Das mag zum einen in der Typologie dieser Reisenden liegen, die der Deutsche Tourismusverband wie folgt beschreibt: „Wohnmobilisten sind ausgeprägte Individualisten. Sie suchen Ziele abseits der ausgetretenen Pfade des Massentourismus und sind finanziell weitgehend unabhängig. Sie bevorzugen innerhalb von Deutschland vor allem Kurzreisen.“ Zum anderen sind die Wohnmobile qualitativ so hochwertig ausgestattet, dass etwa Lothar Nämack sagt: „Wir haben alles dabei, was wir brauchen. Und auf eine Sauna, wie sie manche Campingplätze anbieten, kann ich gut verzichten.“ Zudem stören ihn auf den großen Campingplätzen „die hohen Kosten, der Trubel und die Enge“. Was er braucht, bekommt er auf einem normalen Stellplatz: Strom für Kühlschrank und Batterie, eine Entsorgungsstelle für das Abwasser. Das reicht zum Camperglück.

Ansprüche gestiegen

Dennoch sind die Ansprüche der Reisemobiltouristen laut Fachmagazin „Promobil“ in den vergangenen Jahren gestiegen. Private Betreiber wie etwa Brigitte Kirchberger vom Wohnmobilpark Scheidegg tragen dem Rechnung. Der Platz (sechs Euro plus Strom und Kurtaxe) gleich am Kurhaus bietet für 22 Wohnmobile neben sanitären Anlagen auch Internetanschluss. Zudem können die Gäste Zusatzleistungen buchen wie etwa Frühstücksservice oder Halbpensionsverpflegung. Und bei der Anmeldung erhält der Gast Informationen über die Region, die Freizeitangebote sowie eine Wanderkarte. „Wie in einem Tourismusbüro“, sagt Kirchberger. Dadurch gelingt es, so sagt sie, dass manche Gäste länger bleiben als nur einen Tag.

Wohnmobilfahrer Lothar Nämack will mit seiner Frau auf der Rückreise wieder Station machen in Kaufbeuren. Zum einen, weil ihm die Atmosphäre in der Altstadt gefallen hat. Zum anderen liegt es am Service auf dem kostenlosen Platz. „Wir sind oft unterwegs, aber das hier ist besser als vieles, was man in Italien oder Griechenland findet.“