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Schädlingsbekämpfung

Schädlingsbekämpfung aus der Luft

Ellwangen / Lesedauer: 3 min

Attacke: Dröhnend bringt ein Hubschrauber dem Eichenprozessionsspinner mit Sprühnebel das Ende.
Veröffentlicht:11.05.2018, 21:29

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Von weitem ist das Dröhnen des Rotors zu hören, dann taucht er klein am Horizont auf. Der Himmel ist klar, die Sonne scheint: ideale Flugbedingungen für den Hubschrauber. Er rückt dem Eichenprozessionsspinner im Ostalbkreis und dem Ries an diesem Vormittag zu Leibe – mit einem Biozid. Viermal wird er auf der Lichtung, mitten im Wald zwischen Baldern und Kerkingen, landen, um das Gemisch aus Wasser und einem Schädlingspräparat aufzutanken.

Mit wilden Figuren setzt sich der gelb-blaue Hubschrauber eindrucksvoll in Szene, stellt sich senkrecht in die Luft und lässt sich dann wie ein Stein herabfallen. „Da hat der jetzt aber eine Freude“, sagt Josef Grau , Leiter des Forstbetriebs Wallerstein aus Nördlingen. Dann setzt der Pilot seine Maschine langsam und sanft mit den Kufen auf der Wiese auf. Als die Rotorblätter zum Stehen kommen, werden dem Hubschrauber die Sprühdüsen verpasst, die wie Flügel links und rechts angebracht werden.

Rund 2600 Liter versprüht die Maschine im Laufe des Vormittags auf circa 70 Hektar – Waldränder entlang Fahrrad- und Wanderwegen, an Parkplätzen, Waldkindergärten. Überall dort, wo viele Menschen die Natur genießen wollen. „Das macht er dann mit einem ganz feinen Sprühnebel“, erklärt Grau die Flüge. Der Forstbetrieb Wallerstein teilt sich die Schädlingsbekämpfung mit der Forst BW – die Kosten werden für die jeweiligen Gebiete aufgeteilt.

An den Kragen geht es dem Eichenprozessionsspinner: und zwar ausschließlich. „Das Biozid ist nur für diese Tiere schädlich. Alle anderen bleiben verschont“, so Grau.

Giftige Brennhaare können zu Atemstillstand führen

Wichtig sei vor allem, dass die Bienen unbeschadet von der Sprühaktion bleiben. Und da bestehe keine Gefahr. Dass die Raupen dran glauben müssen, ist ihren giftigen Gespinsten geschuldet. Diese bestehen aus den Brennhaaren der Raupen, die über mehrere Jahre ihr Gift aktiv halten können. Grau:

Viele Spaziergänger, die an betroffenen Stellen vorbeikommen, klagen über Atemnot. Das kann bis zum Atemstillstand führen.“

Und aus diesem Grund fliegt der Hubschrauber auch seine Attacken – mit der zweiten Tankfüllung zum Beispiel in der Nähe von Wössingen. Donnernd taucht er über dem Waldrand auf, lässt die Schnauze nach unten sinken und dreht sich um die eigene Achse. Dann fliegt er die Trauf-ränder ab – und sprüht. Das Ende für den Prozessionsspinner nebelt aus den seitlich angebrachten Düsen und legt sich sachte und gleichmäßig in die Baumkronen der Eichen.

Rund 400 Euro pro Hektar lassen sich die Forstbetriebe die Schädlingsbekämpfung kosten. „Mit dem Hubschrauber ist das noch relativ günstig“, sagt Wolf Noack von Forst BW. „Vom Boden aus bei der Fläche wäre das deutlich teurer.“ 2008 habe die Forstverwaltung zuletzt Sprüheinsätze im Ostalbkreis fliegen lassen, so Noack.

Doch einmalig ist die Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners nie. „Die Population baut sich innerhalb der nächsten fünf bis sechs Jahre wieder auf“, sagt Grau. Möglich sei aber auch, dass es schneller gehe. Deshalb überprüfe die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg aus Freiburg (FVA) die Behandlung der Bäume. „Die führen Messungen im Sommer durch. Wenn es zu viele sind, wird entschieden, ob nächstes Jahr nochmal nachbehandelt wird“, so Grau.

Biozid hat keine Wirkung auf Menschen

Das Biozid wirke innerhalb von circa zehn Tagen vollständig. Spaziergänger und Fahrradfahrer müssen sich davon aber nicht abhalten lassen: Eine schädliche Wirkung für den Menschen ist Grau nicht bekannt. Der Beweis schwirrt durch die Luft: Der Hubschrauberpilot und seine gelb-blaue Maschine tanzen am nach wie vor lupenrein blauen Himmel, fliegen Zick-Zack-Kurse über den Baumkronen und lassen über den Eichen den Sprühnebel herabsinken. Damit Mensch und Tier wieder befreit durchatmen können.