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Goldrain

In Olgas Laden gibt’s von jedem ein bisschen

Ellwangen / Lesedauer: 5 min

Im Goldrain führt Olga Krause einen internationalen Tante-Emma-Laden
Veröffentlicht:24.03.2017, 12:08

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Es gibt ihn noch, den kleinen Tante-Emma-Laden. Oben im Goldrain. Mit großem Angebot auf kleiner Fläche. Supermärkte würden sich mit 160 Quadratmetern gar nicht erst abgeben, Olga Krause schon. Und sie hat Erfolg.

Das Sortiment macht’s. Das Sortiment in Olgas Laden, so heißt er, ist international mit Schwerpunkt ehemaliger Ostblock. Dosen mit weißen Bohnen oder Würzmischungen für die Rote-Beete-Suppe Borschtsch haben kyrillische Aufschriften. Hinterm Obst und Gemüse lehnen Ikonen an der Wand. In einem Teil ihres Geschäfts verkauft Olga Krause festliche Abendmode, aber auch praktische Kleidung. Weiche Schuhe für die Omis, die keine 50, 60 Euro übrig haben, sagt ihre Tochter Veronika Richard . Hier finden sie ein Paar für 20, 30 Euro.

Auch wenn viele Lebensmittel in kyrillischen Lettern beschriftet sind, produziert wird das Meiste in Deutschland, sagt Veronika Richard. Nur die Süßigkeiten kommen direkt aus Russland. Richard hat einen Mini-Job im Laden ihrer Mutter, ist im Moment aber in Elternzeit. Trotzdem ist sie viel hier. Das Baby mag den Brummton von der Kühltheke.

Freitags kommt der Fischmann

Olgas Laden ist eine Anlaufstelle im Goldrain. Für die Älteren, die nicht mehr so leicht in die Stadt kommen. Auch wenn inzwischen der Stadtbus durch alle Straßen fährt. Für sie gibt es frisches Obst und Gemüse, das Olga Krause einmal in der Woche vom Großmarkt in Stuttgart holt. Sie fährt zum Schlachthof und holt Fleisch. Freitags kommt der Fischmann.

1992 ist Olga Krause nach Deutschland ausgewandert. Damals hieß sie noch Olga Ganser. In Kirgistan war das Leben extrem, es gab keine Lebensmittel mehr, überall war Krieg, erinnert sie sich. Eltern, die Verwandschaft, alle waren schon nach Deutschland ausgewandert. Schließlich hat auch die damals 29-Jährige ihre Koffer gepackt und die Ausreise beantragt. Im Sprachkurs in Unterschneidheim hat sie ihren Mann kennengelernt, deutschstämmig wie sie. Die Tochter wurde schon in Ellwangen geboren.

Olga Krause ist Kauffrau von Beruf. Den Laden im Goldrain zu übernehmen, war immer ihr Traum. Dort hat sie anfangs nur gearbeitet, dann war sie bei der Varta. Jetzt gestaltet sie den Laden um. „Das ist kein Klein-Russland. Wir sind international“, betont sie. Und kundenfreundlich. Sucht einer nach einer bestimmten Wurst, versucht Olga Krause, einen Lieferanten dafür zu finden. Braucht einer einen bestimmten Fisch, versucht sie, auch den zu beschaffen. Bei Olga Krause kaufen Russen, Kroaten, Rumänen, Bulgaren, Türken und Schwarzafrikaner ein. Sie fragen auch gerne mal, was man mit den Lebensmitteln machen kann, die sie nicht kennen, und probieren das aus.

Die Kunden kommen aus dem Viertel, reisen aber auch aus Nördlingen, Crailsheim oder Schwäbisch Gmünd an. Neulich war ein ganzer Bus mit Seniorinnen da, die sich mit Kleidern und Schuhen eingedeckt haben. Im Goldrain fühlen sich Mutter und Tochter wohl. „Es ist ruhig hier“, sagt Veronika Richard. Kindergarten, Schule, Krankenhaus, alles ist in der Nähe.

Dass sich Olgas Laden halten kann, ist eigentlich ein Wunder. Überall sonst haben die Supermärkte mit ihren niedrigen Preisen den Tante-Emma-Läden den Garaus gemacht. Wie sie das schafft? „Wir sind ein bisschen billiger“, sagt Olga Krause. Zwar stehen inzwischen auch in den Supermärkten Regale mit russischen oder türkischen Spezialitäten. Aber während die nur eine Palette gezuckerte Kondensmilch in der Woche abnehmen, setzt Olga Krause eben drei oder vier um und kann mit dem Lieferanten entsprechend verhandeln. Und weil der Laden zu keiner Kette gehört, kann sie ihre Waren von verschiedenen Großhändlern beziehen.

Außerdem dürfte die Vielfalt kaum zu toppen sein. Von allem ein bisschen, ist das Motto. In der Kühltheke steht neben Milch auch Kuchen, Kaviar und Pasteten, Sauerkraut in verschiedenen Variationen von mild bis scharf oder eingelegte Pilze. Im Regal reihen sich Würzmischungen aneinander und Konserven. Und wer’s gerade braucht, kann auch noch eine Wanduhr oder eine Vase mitnehmen.

„Wir haben einen guten Ruf“

Besondere Verkaufsschlager gibt es nicht: „Alles geht.“ Aber es gibt Sachen, die müssen immer da sein. Körniger Frischkäse zum Beispiel oder Teigtaschen und rote Beete. „Wir haben einen guten Ruf“, sagt Olga Krause, die großen Wert auf Sauberkeit legt. Als sie den Laden übernommen hat, war das noch nicht so. Aber das hat die Kauffrau schnell geändert.

Zweimal im Jahr gibt’s ein Kundenfest. An Weihnachten kam der Weihnachtsmann mit seiner Enkelin, dem Schneemädchen. Im Sommer wird draußen gegrillt, damit die Kunden probieren können. Und zum Ellwanger Frühling am 25. und 26. April gibt es einen Lagerverkauf im Zelt vor dem Laden. „Damit wieder Platz für frische Ware ist.“

Ginge es nach Olga Krause, dürfte der Laden gerne etwas größer sein. Eine Renovierung von außen wäre auch nicht schlecht. Damit im internationalen Tante-Emma-Laden ein bisschen mehr Platz ist für das Bisschen von jedem. Eine Erweiterung wäre schwierig, sagt Egon Bertenbreiter, Chef der Ellwanger Baugenossenschaft. Ihr gehört der Laden. Aber wenn die Stellplätze für die Dalkinger Straße 50 und die Goldrainstraße 3 a und b gebaut sind, werden die Fassaden der Häuser Stettiner Straße 4,6 und 8 und dann auch in der Stettiner Straße 1 a,b und c gestrichen. Und bei diesen Maßnahmen ist auch der internationalste Tante-Emma-Laden von Ellwangen dabei.