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Großflächiger Kampf gegen Eichenprozessionsspinner nötig

Ellwangen / Lesedauer: 4 min

Der Eichenprozessionsspinner hat die Eichenbestände im Ostalbkreis und im Ries vollständig befallen. Der Kontakt mit den Brennhaaren der Raupe kann schwere gesundheitliche Folgen haben.
Veröffentlicht:13.06.2018, 12:28

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Der Eichenprozessionsspinner verbreitet sich deutschlandweit und wird für viele Gemeinden zur Plage. In diesem Jahr ist laut Experten die Population besonders hoch – auch im Ostalbkreis und im Ries. Die Forst BW Aalen und die Forstbetriebe Wallerstein aus Nördlingen haben deshalb Anfang Mai einen Hubschrauber eingesetzt, der an Waldrändern ein Biozid gegen die Raupen gesprüht hat (wir berichteten). Entwarnung gibt es aber nicht.

Zwar sei der Einsatz des Biozids erfolgreich gewesen. Die unbehandelten Flächen seien aber schlimm. „Zwischen Geislingen und Tannhausen beispielsweise“, sagt Josef Grau , Leiter des Forstbetriebs Wallerstein. Die Eichen sind zum Teil komplett abgefressen. Das Mittel habe zwar gut gewirkt und nur rund 20 Prozent der Tiere hätten überlebt. „Wir haben aber nur dort gesprüht, wo wir die Genehmigung bekommen hatten.“ Das sei an Waldrändern gewesen – überall dort, wo viele Menschen entlang spazieren oder mit dem Fahrrad fahren. Die Schädlinge hätten aber bereits alle Eichen-Gebiete am nördlichen Riesrand und im Ostalbkreis befallen.

„Wir beratschlagen bereits eine Strategie mit dem Landratsamt für das kommende Jahr“, so Grau. Großflächigere Behandlungen wären nötig und seien in Verhandlung. Das sei aber auch immer eine Kostenfrage. Man habe in diesem Jahr die Flächen behandelt, die von den Raupen stark abgefressen wurden, erläutert der Forstbetriebsleiter.

Im Gebiet Westhausen sei der Biozideinsatz nicht erfolgreich gewesen, sagt Wolf Noack von Forst BW Aalen. „Die Raupen sind zu anderen Bäumen gewandert und haben diese befallen.“ Bäume im Bereich des Kindergartens seien daraufhin abgesaugt worden. Nach drei bis vier Tagen ist das Biozid laut Noack außerdem abgebaut. „Dann können die Raupen auch zurück oder die Falter legen ihre Eier auch an behandelte Bäume“, so Noack weiter. Die kurze Wirkzeit des Mittels schütze das Ökosystem. Nur die Raupen des Eichenprozessionsspinners würden daran verenden.

Badesee ist auf unbestimmte Zeit gesperrt

Und da die Brennhaare und das Gespinst der Eichenprozessionsspinner für den Menschen gefährlich werden können, müssen zum Teil auch Gebiete gesperrt werden. „Wir mussten in Grünhof (Donau-Ries-Kreis) einen Badesee sperren“, sagt Grau. Auf unbestimmte Zeit. „Das ist gerade unverantwortlich.“ Das Problem: An Gewässern dürfen die Forstbetriebe kein Biozid spritzen und aufgrund des Geländes lassen sich die Schädlinge auch nicht absaugen.

Wie gefährlich die Brennhaare werden können, erläutert Doktor Peter Fakhoury. Der Oberarzt ist hauptsächlich für die Intensivstation der Sankt Anna Virngrundklinik in Ellwangen zuständig. „Es kommt darauf an, wie tief die unsichtbaren Brennhaare inhaliert werden, wie viel davon und wie stark man darauf reagiert“, erklärt er. Dann könnten bei einer allergischen Reaktion die Atemwege zuschwellen oder einem schwarz vor Augen werden. „Bei einer solchen Reaktion muss sofort ein Notarzt gerufen werden“, sagt der Arzt.

Brennhaare im Auge können Hornhaut beschädigen

Die häufigsten Symptome seien allerdings Rötungen auf der Haut und ein starker Juckreiz. „Der kann wochenlang anhalten.“ Das treffe bei Kontakt jeden – bei den allergischen Reaktionen sei es wie mit einem Wespenstich. Die einen reagieren heftig, andere gar nicht.

Heikel wird es, wenn die Brennhaare im Auge landen. „Das kann schwere Rötungen geben. Auf keinen Fall reiben“, mahnt der Mediziner. Denn: Die Widerhaken können die Hornhaut beschädigen. „Ausspülen ist immer eine Möglichkeit. Am besten aber einen Arzt aufsuchen“, so Fakhoury.

Baumbesitzer müssen Tiere beseitigen

Der Eichenprozessionsspinner hat sich nicht nur in den Wäldern breit gemacht. Die Tiere befallen auch einzelne Bäume – zum Leidwesen für Gartenbesitzer und deren Nachbarn. Sobald von einem solchen Baum Gefahr ausgeht, das heißt, Menschen aus der Umgebung über Atemnot oder über Hautausschläge klagen, muss der Eigentümer handeln.

„Das ist immer eine privatrechtliche Geschichte zwischen dem Eigentümer und dem Geschädigten. Die Behörden begleiten das nicht“, sagt Wolf Noack von Forst BW Aalen. In letzter Zeit würden vermehrt Bürger beim Landratsamt anrufen und sich über Hilfe von Forstbetrieben erkundigen.

Der beste Zeitpunkt ist nach der Verpuppung

„Da müssen Spezialfirmen kommen, um die Tiere zu beseitigen“, so Noack. Biozide würden zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr helfen. „Die Gespinste müssen abgesaugt werden.“ Im Idealfall sollte das dann gemacht werden, wenn sich die Raupen verpuppt haben. Zwar spielen die Witterungsbedingungen eine Rolle, der beste Zeitpunkt ist laut Noack aber Ende Juni oder Anfang Juli. „Dann erwischt man alle auf einmal. Ansonsten sind die Raupen noch mobil“, erklärt er.