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Friedensflagge

Flüchtlinge demonstrieren friedlich - aber Vorwürfe gegen Polizei und Medien

Ellwangen / Lesedauer: 3 min

Die Bewohner der LEA sind in Ellwangen auf die Straße gegangen. Die Flüchtlinge riefen "Wir sind da, wir werden bleiben" - und erhoben Vorwürfe gegen Polizei und Presse.
Veröffentlicht:09.05.2018, 20:38

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Regenbogenbunte Friedensflaggen, Transparente, rote Fahnen, Trommeln und reichlich Solidaritätsadressen: ein Ritual bei Demos. Auch bei der Demonstration der LEA-Bewohner am Mittwochabend. Friedlich war sie und ist sie geblieben.

Auftakt vor der LEA. Die ersten Bewohner sind da, Medienvertreter checken Internetverbindungen, damit es gleich mit der Übertragung klappt. Ellwangen ist berühmt in diesen Tagen. Ein Tisch wird aufgebaut, Stühle herbeigetragen. LEA-Bewohner nehmen Platz, sechs Männer, zwei Frauen, ein Kleinkind. Sie wollen schildern, wie sie die Nacht der missglückten Abschiebeaktion erlebt haben und die darauffolgende Polizei-Razzia. Dass beide Ereignisse zusammenhängen, sehen sie nicht so.

Sie seien nicht gewalttätig, betonen sie immer wieder. „Wir sind keine Kriminellen. Wir sind ein Teil der Gesellschaft.“ Sie hätten den Polizisten, die gekommen waren, um einen jungen Togolesen abzuschieben, nichts getan. Aber die Polizei hat ihnen etwas getan, als sie drei Tage später, am Donnerstag vergangene Woche, morgens um 5 Uhr bei einem Großeinsatz die LEA stürmte. Von Lärm ist die Rede, von schreienden Polizisten, von aufgebrochenen Türen. Davon, dass man sie gefesselt und verletzt habe. Dass sie sich gefürchtet haben. Dass sie behandelt werden wollen wie Menschen. Immer wieder geht es um Duldung und das Dublin-Abkommen. Und um die Angst vor der Abschiebung: „Wir haben keinen Ort, wo wir hingehen können.“

200 Menschen sind inzwischen vor der LEA, Bewohner, Unterstützer aus Ellwangen und den Nachbarstädten, die letzten Versprengten der MLPD, der marxistisch-leninistischen Partei Deutschlands, von der man eigentlich dachte, sie sei längst ausgestorben. Medienvertreter, Polizisten. Gerhard Schneider von der Mahnwache findet es gut, dass die Bewohner die Chance nutzen, Bilder zurechtzurücken und ihre Sicht mitzuteilen.

„We are here, we will stay“

Die Wahrheit hat verschiedene Gesichter. Sie sieht, zumindest bei den Menschen am Tisch, so aus: Sie selbst haben keine Polizisten bedroht, bedrohlich war nur die Razzia. Dass das eine mit dem anderen zusammenhängt, können auch die drei LEA-Bewohner, die am Rand stehen, nicht nachvollziehen. Falsch verhalten hat sich nur die Polizei.

Nachmittags im Rathaus war das gegenseitige Verständnis größer. Polizisten, Vertreter der Stadt und Flüchtlinge haben sich an einen Tisch gesetzt und miteinander geredet. Die Polizisten haben erklärt, dass Abschiebungen zu ihren Aufgaben gehört, die Flüchtlinge haben geschildert, wie sie die Angst davor ständig begleitet. Das war wichtig, um die Situation zu befrieden, sind sich Polizei-Einsatzleiter Peter Hönle und Bürgermeister Volker Grab einig. Vielleicht wird das Gespräch ja wiederholt.

Nach einer Stunde setzt sich der Zug in Bewegung. Polizisten sperren die B 290. Wie viele im Einsatz sind? Im niedrigen, dreistelligen Bereich, sagt Hönle. Sie bekommen nichts zu tun. Der Zug marschiert friedlich Richtung Rathaus, skandiert „Stop Deportation“, „We are here, we will stay“ (Wir sind da, wir werden bleiben) und „Hoch die internationale Solidarität“. Mal ein anderes Bild für die Menschen in der Fußgängerzone und den Cafés. Die Stimmung ist entspannt.

In der Spitalstraße haben die Flüchtlinge eine Botschaft für das Rathaus: „Wir leiden im Camp, wir sind Menschen wie ihr“, auf dem Marktplatz gibt’s die üblichen Solidaritätsadressen. Vor dem Bahnhof ist die Demonstration zu Ende. Alles ist gesagt. Fast alles, denn die Organisatoren bedanken sich noch bei der Stadt und der Polizei. Dann gehen alle friedlich nach Hause.