StartseiteRegionalRegion OstalbEllwangenDie Erwartungen an Kindergeburtstage haben auch die Mütter

Kindergeburtstag

Die Erwartungen an Kindergeburtstage haben auch die Mütter

Ellwangen / Lesedauer: 4 min

Motto-Partys vereinfachen die Planung, aber verschärfen das Konkurrenzdenken – Eine Runde im Kindergarten Sankt Hariolf findet: Man sollte dem Druck nicht nachgeben
Veröffentlicht:06.11.2015, 18:59

Von:
Artikel teilen:

Den Wettbewerb um den besten Kindergeburtstag kennen schon Mütter von Kindergartenkindern. Wie sie dazu stehen, haben Ingrid Koch, Kathrin Wagner , Beatrice Hofmann, Gabi Haas und Kindergartenleiterin Kerstin Schneider bei einem Gespräch im katholischen Kindergarten Sankt Hariolf ausgelotet.

Ingrid Koch: Ganz klar haben sich Kindergeburtstage verändert. Zu meiner Zeit hat man Freunde eingeladen, es gab Kuchen, Saft und Spiele. Aber wir waren beim Spielen auf uns gestellt und haben gemeinsam überlegt, was wir machen. Heute muss man als Mutter ein Rahmenprogramm liefern. Da heißt es von 15 bis 18 Uhr die Kinder beschäftigen. Die fordern auch ein Programm.

Kathrin Wagner: Die Kinder bis fünf Jahre noch nicht. Die freuen sich einfach über eine Einladung.

Ingrid Koch: So ist es bei meinem Kleinen auch, er ist fünf. Aber mein Großer ist acht, der hat schon Erwartungen.

Beatrice Hofmann: Sobald ein Kind mal auf einem Prinzessinnengeburtstag eingeladen war, wünscht es sich halt so einen Geburtstag auch.

Gabi Haas: Ja, und ich organisiere auch solche Motto-Partys. Ich finde das einfacher. Auf jeden Fall hat man einen roten Faden für die Feier. Mir gefällt das besser.

Kerstin Schneider: Die Fantasiewelt der Kinder ist in diesem Alter sehr ausgeprägt, und mit einer Mottoparty wird sie pädagogisch unterstützt. Vier- oder Fünfjährige sind dann einen Nachmittag lang wirklich Ritter und wirklich Prinzessinnen.

Gabi Haas: Mein Sohn hat bald Geburtstag. Ich habe im Internet geguckt, es gibt alles schon vorgefertigt von der Einladung übers Kuchenrezept bis zum passenden Pappteller.

Ingrid Koch: Das erhöht aber den Druck auf die Eltern. Man muss den Geburtstag der anderen noch toppen, das ist das Schlimme.

Beatrice Hofmann: Ich weigere mich, andere zu toppen. Die Kinder sind auch begeistert, wenn man nicht auf diesen Zug aufspringt. Da denke ich auch an die Abschiedsgeschenke, die es heute gibt. Wir machen das so, wie es zu unserer Familie passt. Wir basteln gerne, also darf jedes Kind etwas basteln. Dann braucht keiner mehr eine Tüte mit Abschiedsgeschenken. Aber der Druck steigt.

Kathrin Wagner: Im Kindergartenalter haben die Kinder immerhin noch nicht mitbekommen, dass ein Geburtstag auch im „Biberbau“ stattfinden kann.

Ingrid Koch: Das fängt dann mit der Schule an. Da geht’s ins Kino, zum Schwimmen, ins Kinderland im Möbelhaus, dann gibt’s noch Popcorn im Schnellrestaurant … Dabei muss man den Kindern nur etwas anderes anbieten. Wir haben im ersten Schuljahr eine Schatzsuche gemacht. Die Kinder waren total begeistert.

Beatrice Hofmann: Wenn man in den „Biberbau“ geht, hat man halt weniger Arbeit. Unsere waren im Kindergartenalter schon dreimal dahin eingeladen. Die Erklärung: Was sollen wir im Winter sonst machen … Zuhause sei es zu anstrengend.

Ingrid Koch: Ja, dann wird zuhause nicht alles auf den Kopf gestellt.

Kerstin Schneider: Wir im Kindergarten feiern die Geburtstage auch, aber hier sind den Kindern die Rituale wichtig, sie genießen die Gemeinschaft und dass alle gratulieren.

Beatrice Hofmann: Unser Sohn ist dieses Jahr in die Schule gekommen. Er forscht sehr gerne. Zu seinem Geburtstag nutzen wir den Experimentierpark von explorhino. Ich finde, wenn es zur Familie passt, kann man so etwas machen. 150 Euro fände ich allerdings viel für einen Geburtstag. Andererseits braucht man für eine Feier zuhause auch Geld. Was man fürs Essen, Trinken und Basteln ausgibt, da kann man schon gucken. Aber nur, weil ein anderes Kind einen bestimmten Geburtstag feiert und mein Sohn das auch will, muss ich das nicht mitmachen. Zum Glück haben wir diesen Konkurrenz-Hype hier im Kindergarten nicht.

Gabi Haas: Man kann auch daheim was Tolles machen. Ein Freund erzählt heute noch davon, was es bei der Feier zum vierten Geburtstag meines Sohnes nach der Schatzsuche für ein Eis gab. Dabei war es nur ein Mini-Eis. Das ist doch das schönste Lob.

Kathrin Wagner: Vielen Kindern gefällt etwas gerade deshalb, weil es ganz normal ist. Die Erwartungshaltung haben doch oft nur die Mütter. Sie denken: „Oh Gott, ich muss das toppen, ich muss besser sein.“ Dabei würde ein einfacherer Geburtstag reichen.

Kerstin Schneider: Wenn die Kinder ihre Kreativität entfalten dürfen, ist das der schönste Geburtstag. Da kann man aus wenig sehr viel machen.

Kathrin Wagner: Man muss eben den Mut haben zu sagen: Nein. Ich will niemanden toppen.