Impfausweis
Razzia gegen Impfbetrüger: Polizei stellt 80 Impfausweise und 70 Mobiltelefone sicher
Bopfingen / Lesedauer: 4 min
Am Donnerstagmorgen haben Wohnungsdurchsuchungen bei mutmaßlichen Impfbetrügern stattgefunden. Diese sollen sich gefälschte Impfnachweise beim Wemdinger Hausarzt Dr. Gerhard Holst besorgt haben, der in den Fokus der Polizei gerückt war, nachdem Unregelmäßigkeiten bei Covid-Impfungen aufgetreten waren. Bei den Durchsuchungen wurden laut Polizei 70 Mobiltelefone sowie etwa 80 Impfausweise sichergestellt.
Die groß angelegte Durchsuchungsaktion in Nordschwaben, Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Nordrhein-Westfalen fand unter Leitung der Kripo Dillingen statt. Daran beteiligt waren zahlreiche Einsatzkräfte, unter anderem der Bereitschaftspolizei und Kräfte anderer Bundesländer. Auch ein Objekt in Aalen soll überprüft worden sein. Die Staatsanwaltschaft Augsburg hatte im Vorfeld beim Amtsgericht Augsburg entsprechende Beschlüsse zur Wohnungsdurchsuchung und Blutentnahme bei insgesamt etwa 100 Personen erwirkt.
Den Beschuldigten wird vorgeworfen, den bis Herbst 2021 in Wemding praktizierenden Arzt Gerhard Holst aufgesucht zu haben, um einen Impfnachweis zu erhalten. In beiderseitigem Einvernehmen soll es jedoch zu keiner Covid-Impfung gekommen sein.
Bei den Durchsuchungen wurden nach Polizeiangaben rund 70 Mobiltelefone sichergestellt. Diese werden nun nach tatrelevanten Inhalten ausgewertet. Außerdem geht man davon aus, dass sich auf mehreren Mobiltelefonen widerrechtlich erlangte digitale Impfzertifikate befinden. In diesem Zusammenhang wurden auch Dokumente sichergestellt, die den Anschein einer vorhandenen Covid-Impfung erwecken, hauptsächlich entsprechende Impfausweise.
Es wurden laut Polizei etwa 80 Impfausweise sichergestellt. Neben dem strafrechtlichen Aspekt sei durch die Sicherstellungen auch dem Infektionsschutz Rechnung getragen worden, heißt es in einer Mitteilung des Polizeipräsidiums Schwaben Nord.
Bei knapp 50 Beschuldigten sei zudem eine Blutentnahme zur Feststellung des Titer-Werts durchgeführt worden. Im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit hätten die Beamten vor Ort bei jedem Beschuldigten im Einzelfall geprüft, ob eine Sicherstellung des Mobiltelefons und eine Blutentnahme für die Ermittlungen erforderlich seien.
Nahezu alle Personen hätten sich durchweg kooperativ verhalten, heißt es in dem Bericht weiter. Die Polizei habe zudem einen Schwerpunkt darauf gesetzt, den Beschuldigten die Maßnahmen und Hintergründe zu erläutern. Dazu seien Kommunikationsbeamte im Einsatz gewesen. Darüber hinaus sei es zu keinen nennenswerten Fällen gekommen, bei denen die Beschuldigten gegen die Maßnahmen der Beamten agiert hätten.
Im Zuge der Durchsuchungen sei es auch zu sogenannten „Zufallsfunden“ gekommen. Dabei seien beispielsweise 600 Gramm Marihuana sowie geringe Mengen an Amphetamin und Kokain aufgefunden worden. Außerdem hätten die Beamten eine Schreckschusspistole und ein Springmesser sichergestellt und fünf Stempel von Arztpraxen und Impfzentren, mehrere Blanko-Impfausweise und Blanko-Genesenen-Zertifikate entdeckt.
Gegen die Beschuldigten wird wegen Beihilfe beziehungsweise Anstiftung zum Ausstellen unrichtiger Gesundheitszeugnisse und deren Verwendung ermittelt. Außerdem stehen Verstöße gegen das Infektionsschutzgesetz im Raum. Auch wegen der in Frage kommenden Delikte hinsichtlich der Zufallsfunde wird nun ermittelt.
Wie die Polizei weiter mitteilt, soll es zudem eine dreistellige Anzahl von Patienten gegeben haben, die den Arzt tatsächlich in der Absicht aufgesucht hätten, um geimpft zu werden. Diesen soll aber – ohne deren Wissen – kein Impfstoff verabreicht und eine Impfung nur vorgetäuscht worden sein. In diesen Fällen wird gegen den betreffenden Arzt unter anderem wegen des Verdachts der Körperverletzung, Betrugs und der wissentlichen unrichtigen Dokumentation einer Schutzimpfung gegen das Coronavirus ermittelt.
Das Ermittlungsverfahren gegen den Arzt führt die bei der Generalstaatsanwaltschaft Nürnberg angesiedelte Bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen (ZKG). Gegen Gerhard Holst wurde im November ein vorläufiges Berufsverbot verhängt. Die mutmaßlich getäuschten Patienten sollen jedoch nicht von den Maßnahmen am Donnerstag betroffen gewesen sein.
Die Auswertung, Untersuchung und Bewertung der sichergestellten Gegenstände werden laut Polizei mehrere Wochen in Anspruch nehmen, weswegen keine zeitnahe Aussage über das Ergebnis zu erwarten ist.